Public Manager
03.06.2013 | Stadtplanung, Verkehrsmanagement

Kommunaler Investitionsstau als neues Geschäftsfeld und Plagiatsobjekt

Difu-Studien zu Kommunalfinanzen wurden Plagiatsobjekte

In einer Presseinformation des Redaktionsbüros Gervink.Redaktion+Konzept vom 28. Mai 2013 wird auf die Studie der Beratungshäuser dchp|consulting und opc "Investitionsstau bei kommunaler Infrastruktur" hingewiesen. Die Studie belegt nach Aussage der Presseagentur, dass kommunale Straßen enorm unter dem Investitionsstau der Städte und Gemeinden leiden. Neben den Inhalten der Presseinformation wird auf weitere Informationen und die Kaufmöglichkeit der 55-Seiten-Studie im Internet für eine Schutzgebühr von 75,- Euro hingewiesen.

Der Aufmacher auf der entsprechenden Internetseite wirbt mit den Worten "Die Berater haben die wichtigsten Infrastrukturfelder deutscher Städte und Gemeinden am Beispiel Großraum Rhein-Ruhr und sächsisches Städtedreieck Leipzig/Dresden/Chemnitz analysiert und das bestehende Defizit beziffert."

Tatsächlich haben die Berater der beiden Unternehmensberatungen im Wesentlichen Zahlen aus Studien des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) von 2008 ("Investitionsbedarfsstudie") und aus dem Jahr 2012 (KfW-Kommunalpanel 2011, im Auftrag der KfW-Bankengruppe) entnommen und diese mit Zahlen der Kassenstatistik abgeglichen und "fortgerechnet".

Auch wenn die Grundüberlegungen durchaus weiterführen, so ist das methodische Vorgehen teilweise problematisch und stellt damit den möglichen Erkenntnisgewinn in Frage. Wenn allerdings in erheblichem Umfang und ohne Hinweis auf die Urheberschaft Ergebnisse aus den oben genannten Grundlagenstudien des Difu als eigene geistige Leistung und "Beraterkompetenz" wiedergegeben werden, dann ist dies nicht zu tolerieren und darüber hinaus - aufgrund der methodischen Problematik - möglicherweise schädlich für die notwendige öffentliche Diskussion zum Umgang mit dem kommunalen Investitionsstau in Deutschland.

Das Difu wird gegen die Herausgeber der Studie daher entsprechende Unterlassungsansprüche nach dem Urheberrechtsgesetz geltend machen. Aussagen aus der Studie wie "Erstmals wurde auch der Investitionsbedarf, der im Zusammenhang mit der Energiewende auf die Städte und Gemeinden zukommt, belastbar ermittelt (S. 5)." oder "Angesichts der enormen Herausforderungen für die kommunalen Haushalte verwundert es, dass die genannten Fragestellungen bisher kaum Gegenstand systematischer Untersuchung waren. (S. 8)" sind vor dem Hintergrund der Difu-Studien zum kommunalen Investitionsbedarf und -rückstand sowie der KfW-Kommunalpanels nicht haltbar.

Diejenigen, die von den Beratern adressiert werden sollen - nämlich Kommunen, die sich für ihr teures Geld kompetente Beratungsleistungen erwarten - sollten prüfen, ob sie sich möglicherweise nur teure Seifenblasen einkaufen.

Die Ergebnisse der Difu-Studien von 2008 und 2011 sind übrigens kostenlos nachzulesen:

Investitionsrückstand und Investitionsbedarf der Kommunen:
http://www.difu.de/presse/2008-12-15/abbau-des-kommunalen-investitionsstaus-machbar.html

http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/27544/publicationFile/17/investitionsrueckstand-und-investitionsbedarf-der-kommunen.pdf

Investitionen im Zusammenhang mit der Energiewende:
http://www.difu.de/sites/difu.de/files/kfw-kommunalpanel_2011_lf.pdf

Und nicht zuletzt: Das aktuelle KfW-Kommunalpanel 2012, durchgeführt vom Difu im Auftrag der KfW, ist seit einigen Tagen ebenfalls frei verfügbar und gibt mit noch aktuelleren Zahlen u.a. fundiert Auskunft über den kommunalen Investitionsrückstand:

http://www.difu.de/presse/2013-05-28/konjunkturelle-erholung-der-finanzlage-kommt-nicht-bei.html