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08.04.2013 | Allgemeine Meldungen, Beschaffungspraxis

EMI: Überraschender Rückschlag für deutsche Konjunktur

Die Hoffnungen der deutschen Wirtschaft auf einen nachhaltigen Aufschwung haben einen Dämpfer erhalten. Nach positiven Anzeichen zu Jahresbeginn ließen schwindende Neuaufträge und eine stagnierende Industrieproduktion den saisonbereinigten Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) im März sinken.

Der wichtige Konjunktur-Frühindikator fiel gegenüber dem Vormonat um 1,3 Zähler auf 49,0 und rutschte damit wieder unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Der März-Wert ist die schwächste EMI-Notierung seit drei Monaten und liegt unter dem Langzeitdurchschnitt von 51,9. Offensichtlich muss auch die deutsche Wirtschaft den Turbulenzen in der Eurozone ihren Tribut zollen.

"Die schwierige wirtschaftliche Lage in Südeuropa verunsichert viele deutsche Unternehmen. Sie führt auch zu einer Eintrübung der Investitionsstimmung", betonte Dr. Holger Hildebrandt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), in Frankfurt.

Hoffnung machten dagegen die sinkenden Einkaufspreise, die für eine Entlastung der Firmen auf der Kostenseite sorgten. "Ein kalter Wind weht durch Deutschland. Der Frühling lässt auf sich warten. Dies gilt nicht nur für die Temperaturen, auch die Konjunktur lahmt", sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, dem BME.

So habe der EMI im März wieder an Schwung verloren. Die konjunkturelle Erholung in Deutschland komme nur langsam in Gang. Die schwierige Lage in Zypern scheine nun doch auf die Stimmung der Unternehmer gedrückt zu haben.
"Die relativ hohe Dynamik der US-Wirtschaft konnte dies offensichtlich nicht kompensieren. Die Unternehmen scheinen die Turbulenzen jedoch eher als kurzfristig zu betrachten, ansonsten wären wohl kaum mehr Arbeitsplätze geschaffen worden. Der abnehmende Kostendruck in Kombination mit dem schwächeren Euro lässt jedoch Spielraum für positive Gewinnüberraschungen. So muss nur noch die Unsicherheit in der Eurozone nachlassen", so Traud abschließend.

Nach Ansicht von DIHK-Chefvolkswirt Dr. Alexander Schumann zeigt der jüngste Rückgang des EMI, wie stark der weitere Konjunkturverlauf noch von Unsicherheit geprägt ist. So lange die Euroschuldenkrise weiter schwele, bleibe es schwierig, den Investitionsknoten zu lösen.
"Aber das ist dringend nötig, um dem Wachstum hierzulande mehr Schwung zu verleihen. Ein gutes Zeichen ist zumindest, dass die Beschäftigungspläne auch beim EMI auf Expansion hindeuten", sagte Schumann dem BME.

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Industrieproduktion:
Viele Industrieunternehmen hatten im März mit einer stagnierenden Produktionsleistung zu kämpfen. Die aktuelle Lage steht im Gegensatz zu den moderaten Zuwächsen in den beiden Vormonaten.

Auftragseingang:
Mittelständler und Großbetriebe mussten sich zum ersten Mal seit Dezember 2012 wieder auf sinkende Auftragsvolumina einstellen. Unsichere Konjunkturaussichten und die Zurückhaltung der wieder vorsichtiger werdenden Kunden waren die Hauptgründe für diesen Negativtrend. Während die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung im Vormonat noch durch gut gefüllte Auftragsbücher genährt wurde, brachte der März für die exportorientierten Unternehmen eine Enttäuschung. Besonders die unsichere Lage in Südeuropa wirkte sich negativ auf das Orderverhalten aus. Wettgemacht wurde dies zumindest teilweise durch eine höhere Nachfrage aus Asien und Nordamerika.

Auftragsbestände:
Die Auftragsbestände in der Industrie wuchsen im März nur unbedeutend. Einkaufsmanager führen den geringen Zuwachs hauptsächlich auf den Personalabbau vergangener Monate zurück.
Fertigwarenlager:
Der Abbau der Fertigwarenlager hält bereits seit fast einem dreiviertel Jahr an. Dies ist die längste Phase seit April 2010.

Beschäftigung:
Nach fast einem halben Jahr Stellenstreichens wurden im März erstmals wieder mehr Arbeitsplätze geschaffen als verloren gingen. Der Zuwachs war allerdings außerordentlich gering. Firmen, die ihre Belegschaft verstärkten, wiesen dabei oftmals auf geplante, längerfristige Expansionsvorhaben hin oder den Wunsch, die Auftragsbestände weiter abzubauen.

Einkaufspreise/Verkaufspreise:
Da viele Einkaufspreise nach unten verhandelt werden konnten, profitieren die Firmen seit vier Monaten von einem schwächeren Kostendruck. Höhere Ausgaben für Energie und Treibstoffe wurden dabei durch günstigere Rohmaterialpreise überkompensiert. Gleichzeitig gelang es den Unternehmen erneut, die Verkaufspreise nach oben anzupassen. Allerdings lag die Rate unter der des Langzeitdurchschnitts.

Lieferzeiten:
Die etwas schwächere Nachfrage nach Einstandsmaterial führte auch im März zu leicht verkürzten Lieferzeiten.

Einkaufsmenge:
Der Teilindex ist im März weiter gefallen. Die Einkaufsmanager ließen im Rahmen ihrer Beschaffungsaktivitäten erneut Vorsicht walten. Die Abnahme der Einkaufstätigkeit hält nun schon seit Februar 2012 an.

Vormateriallager:
Das Tempo des Lagerabbaus beschleunigte sich im März noch einmal und war das höchste in diesem Jahr. Angesichts der wieder mauen Nachfrage wurden die Anstrengungen verstärkt, die Lager herunterzufahren und den Cash-Flow zu verbessern.

Der "Markit/BME-Einkaufsmanager-Index" (EMI) ist ein monatlicher Frühindikator zur Vorhersage der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, London, erstellt. Der Index beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (PMI).