Exzellenz in der öffentlichen Verwaltung
Das Liechtensteiner Amt für Volkswirtschaft (AVW) nimmt im Wesentlichen die Aufgaben wahr, die in anderen Ländern ein Wirtschaftsministerium übernimmt. Dem Amt steht ein Amtsleiter im Range eines ständigen Staatssekretärs vor, der dem jeweiligen Wirtschaftsminister Rechenschaft ablegt. Im Jahre 2011 wurde das Amt reorganisiert, wobei der Hauptfokus auf der Integration des Amtes für Handel und Transport in das AVW lag.
Dies wurde zum Anlass genommen, das ganze Amt neu zu positionieren, um den heutigen Anforderungen an ein modernes, kundenorientiertes und effizientes Amt gerecht zu werden. Das Amt verfügt heute über ca. 60 MitarbeiterInnen in sieben Abteilungen, die die wichtigsten volkswirtschaftlichen Felder abdecken.
Das AVW strebt nach Exzellenz
Alle Ämter haben die Pflicht, mit Steuergeldern möglichst sorgsam umzugehen und gleichzeitig ein Optimum an Dienstleistungen für die BürgerInnen bereitzustellen. Dies bedeutet, bestehende Prozesse zu hinterfragen und laufend zu verbessern, um den BürgerInnen serviceorientierte Dienstleistungen bieten zu können. Im internationalen Vergleich streben die Liechtensteiner Ämter eine Spitzenposition im Preis-/Leistungsverhältnis an. Die hier zu Grunde liegende Einstellung lautet: "Wer Steuern entrichtet, kauft sich dadurch Leistungen des Staates ein. Es ist unser Anspruch, dafür den bestmöglichen Service zu bieten."
Als Behörde hat das AVW weder Umsatz- noch Gewinnziele. Allerdings ist in Zeiten zurückgehender Steuereinnahmen ein hoher Kostendruck entstanden, der nicht zu nachlassender Servicequalität führen darf. Ein ganzheitliches Managementkonzept wie das der Business Excellence unterstützt dies, indem es hilft, u.a. Sparpotenziale zu entdecken, Prozesse zu optimieren und damit den Staat zu entlasten. Dies ist neben dem angestrebten Preis-/Leistungsverhältnis eines der wichtigsten Ziele für die kommenden Jahre.
Excellence beim AVW
Auf Grund seiner früheren Tätigkeit an der Universität Liechtenstein war der Amtsleiter des AVW, Christian Hausmann, sowohl mit dem EFQM-Modell als auch mit dessen Umsetzung und der verfügbaren Softwareunterstützung bestens vertraut und bereitete die EFQM-Einführung vor, indem er half, die existierenden Assessmentfragen in die 'Beamtensprache' zu übersetzen. Des Weiteren wurde seine persönliche Assistentin zur European Excellence Assessorin ausgebildet, um bei der Umsetzung interne Unterstützung geben zu können. Die Entscheidung, bei der Umsetzung nicht selbst übermäßig aktiv zu werden, fällte Hausmann bewusst auf der Basis des Top-Down/Bottom-Up-Ansatzes, der davon ausgeht, dass der Anfang eines Exzellenz-Projekts immer top-down ist, die Umsetzung aber bottom-up erfolgen sollte.
Dabei sollten folgende Regeln beachtet werden:
Die Leitung des Unternehmens muss es wollen und wissen, warum bzw. wozu sie die Qualität ihres Managements verbessern möchte. Die wichtigsten Ziele sollten allen Beteiligten klar sein, und wenn es dann auch noch eine konkrete Vorstellung von geeigneter Strategie gibt, umso besser.
Für einen solchen Prozess benötigt man eine Person, die den Prozess überschaut, weiß worauf es ankommt und möglichst große methodische Erfahrung hat, wie man das umsetzen kann.
Das Gerüst der Prozessorganisation, das den Einführungsprozess bis zur ersten Selbstbewertung tragen und strukturieren soll, muss klar sein: Mindestens ein Steuerkreis samt dessen funktionaler Besetzung. Alles weitere hängt von der Größe und Gliederung der Organisation ab.
Wenn es noch keine solche Stelle gibt, ist jetzt die Stunde, wo ein Verantwortlicher (z.B. QMB, Exzellenz-Koordinator, ...), der auch der interne Ansprechpartner für den Prozess ist, benannt und installiert werden muss. Diese Person muss der Leitung angehören oder zugeordnet sein (Stabsstelle) und braucht u.U. Assistenz (personelle und zeitliche Ressourcen). Dieses Team hat zuvorderst die Aufgabe, Beteiligung zu mobilisieren, zu erleichtern und zu organisieren.
Schließlich wird ein ungefährer Zeitplan gebraucht, was wie bis wann geschehen sein soll. Dazu nimmt man am besten schon die begleitende/beratende Person (Coach) und den/die QMB mit ins Boot. Eine projektförmige Organisation ist ratsam.
Zur Top-down-Phase gehört selbstverständlich auch noch der Vollzug der zur Vorbereitung der Bottom-up-Phase erforderlichen Schritte, wie die Einrichtung eines Steuerkreises und dessen theoretische und praktische Schulung in der Anwendung des EFQM-Instrumentariums.
Die Aufgaben des Steuerkreises sind dann:
Die Vorbereitung und Verabschiedung des Selbstbewertungsinstruments
Die Einigung über die Reichweite der Beteiligung:
Wer wird befragt?
Wer bewertet wen und was?
Die Einigung über die konkrete Form und den Ablauf der Selbstbewertung
Die Einigung, wie die Auswertung erfolgt und mit den Ergebnissen verfahren wird
Die Einigung, wie Verbesserungsvorschläge umzusetzen sind.
Diesem Top-Down/Bottom-Up-Ansatz folgend gab es zu Projektbeginn eine Einführungsschulung für alle Abteilungsleiter aus allen Bereichen des Amtes, die im Anschluss daran eine gemeinsame Selbstbewertung durchführten. Darauf aufbauend wurden zu den aufgedeckten Verbesserungspotenzialen Maßnahmen vorgeschlagen und diese dann von allen Mitarbeitern bewertet und priorisiert, anschließend umgesetzt.
Als Selbstbewertungs-Methode wurde der Workshop-Ansatz gewählt. Nach einer einführenden Informationsveranstaltung, bei der alle Mitarbeiter des Amtes teilgenommen hatten, wurde mit den Abteilungsleitern ein softwaregestützter (GOA Easy Assessment) Selbstbewertungs-Workshop durchgeführt. Dabei wurden Erfüllungsgrade und Handlungsbedarfe sowie priorisierte Themenschwerpunkte erarbeitet. Das Ergebnis wurde anschließend an alle Mitarbeiter kommuniziert.
In einem zweiten Schritt hatten alle Mitarbeiter die Gelegenheit, bei der Priorisierung der Verbesserungsinitiativen direkt mitzuwirken. Diese Mitwirkung erfolgte IT-gestützt (GOA Balanced Q-Card). Dabei wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anonym zu neun Verbesserungsthemen befragt. Neben einer quantitativen Bewertung wurden mögliche Verbesserungsthemen identifiziert und einer Priorisierung zugeführt.
Für die höchst bewerteten Projektvorschläge wurden Projektteams eingesetzt, um diese im Detail durchzuplanen und umzusetzen. Dabei handelte es sich um: 1) Informations-Fluss-Gestaltung im Amt organisieren, mit den Zielen der Ausschaltung von Redundanzen aufgrund eines gemeinsamen gleichen Wissenstandes und dem Auftreten nach außen als Einheit unter Vermeidung widersprüchlicher Aussagen.
2) Aufbau einer systematischen Kundenzufriedenheitserhebung, um mittels regelmäßigem Feedback der Kunden die Optimierung der Prozesse voranzutreiben. Weiterhin hilft es dabei, den Bürger als Kunden zu sehen und vermittelt den 'Kunden' das Gefühl 'wichtig' zu sein und 'ernst' genommen zu werden.
3) Aufbau eines systematischen Kundenbeschwerdemanagements zur Verbesserung der Amtspraxis und der schnelleren Bearbeitung von Beschwerden. Die Umsetzung der Projekte dauerte 6-9 Monate und endete mit der erfolgreichen Abnahme einer Committed to Excellence Validierung (C2E).
Erkenntnisse und Ergebnisse
Zum bisher Erreichten sagt Amtsleiter Christian Hausmann: "Das Konzept des Excellence Gedankens errichtet einen hervorragenden Orientierungsrahmen für alle Tätigkeitsbereiche des Amtes. Die Systematik der Bewertung und die RADAR-Logik unterstützen einen ganzheitlichen Ansatz in den Verbesserungen. Der Support durch die GOA-WorkBench® bietet einen transparenten und einfachen Einstieg in die Selbstbewertung nach EFQM und führt logisch und effizient durch das Excellence Modell. Die Softwareunterstützung hilft die Ressourcenbindung für den formellen Teil des Qualitätsmanagements zu minimieren; der Prozess läuft fast von allein. Trotzdem ist es wichtig und zielführend, wenn man sich beim ganzen Prozess von einem externen Experten begleiten lässt, der über eine fundierte Erfahrung zum Thema EFQM verfügt. Die Einführung des Excellence-Gedankens in das Management hat dazu geführt, dass das AVW in Liechtenstein eine Spitzenstellung als Amt einnimmt und mittlerweile als eine stark serviceorientierte Institution wahrgenommen wird - und dies nicht nur seitens der Kunden, sondern auch der MitarbeiterInnen. Mittlerweile möchten fast alle öffentlichen Angestellten möglichst beim AVW angestellt sein."
Wie geht es weiter?
Die erfolgreiche C2E Validierung führte dazu, dass auch andere Ämter sich für den Weg zur Excellence interessieren. Das AVW selbst hat begonnen regelmäßige Selbstbewertungen durchzuführen, um daraus weitere Projekte zu lancieren, so zum Beispiel den Aufbau eines internen Kontrollsystems in allen Abteilungen mit großen Finanzflüssen.