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01.11.2012 | Abfallwirtschaft

Auf dem Weg zur Rohstoffwirtschaft: Fresenius-Jahrestagung "Abfallrecht 2013" diskutiert Auswirkungen des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG

Jahrestreffen der Umweltakademie Fresenius für die Industrie und Entscheider der Abfallwirtschaft am 25. und 26. Oktober 2012 in Mainz thematisiert Verantwortlichkeiten, betriebliche Umsetzung und Langzeitkonsequenzen.

Seit 1. Juni 2012 ist das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz in Kraft, mit dem die Rolle des Recyclings in der Abfallwirtschaft nachhaltig gestärkt wird. Wie sich das Gesetz auf die Praxis auswirkt und welche Bedeutung mit ihm für die Zukunft des Wirtschaftszweigs verbunden ist, wurde am 25. und 26. Oktober 2012 in Mainz auf der Jahrestagung "Abfallrecht 2013" der Umweltakademie Fresenius besprochen.

Die Abfallwirtschaft werde in Zukunft Teil eines umfassenden Ressourcenmanagements, in dem die klassische Entsorgung eine zunehmend kleinere Rolle spiele, machte Dr. Gottfried Jung, Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz, den Veränderungsprozess der Branche deutlich. Durch steigende Rohstoffpreise wachse die Attraktivität von Sekundärrohstoffen, sodass sich die Entsorger von Abfällen langfristig zu Versorgern bzw. Stoffstrommanagern wandeln müssten.

Hinsichtlich der immer noch ungelösten Frage, wer für die Sicherstellung hochwertigen Recyclings verantwortlich sei, stellte Jung fest, dass es weniger um die Organisation in öffentlich-rechtlicher oder privater Hand gehe, sondern primär klare, anspruchsvolle Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten.

Neben diesen sei bislang auch der Verarbeitung von Gewerbeabfällen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Laut einer Studie des Umweltbundesamts seien im Jahr 2007 6,4 Mio. Tonnen gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle entsorgt worden, von denen 60 Prozent ohne Sortierung direkt der Verbrennung zugeführt wurden. Die letztendliche Sortierquote lag nur bei 16,5 Prozent. Hätte eine vollständige, hochwertige Sortierung stattgefunden, wären 1,9 Mio. Tonnen Sekundärrohstoffe zu gewinnen gewesen, unterstrich Jung.

Besonders auffällig sei die Vernachlässigung dieses Bereichs, wenn man sich die Zahlen ansehe, die durch die Einführung der Wertstofftonne für private Haushalte erreicht werden: Der Output dieses Bereichs sei mit 0,56 Mio. Tonnen insgesamt für die Sekundärstoffwirtschaft deutlich niedriger als das bislang ungenutzte Potenzial bei Gewerbeabfällen.

Steigender Wettbewerbsdruck für Anlagen
Das weltweit steigende Abfallaufkommen fordere vor allen Dingen grenzüberschreitende Lösungen, machte Holger Alwast, PROGNOS, deutlich. Man müsse sich von der nationalen Entsorgungsautarkie zugunsten länderübergreifender Konzepte abwenden, in denen die Abfallerzeuger und die Industrie als Abnehmer von Sekundärrohstoffen im Mittelpunkt stünden. Nicht nur der Aspekt der Rohstoffversorgung sei zu bedenken, sondern auch die Möglichkeiten, welche die Kreislaufwirtschaft für das Einsparen von Energie und den Klimaschutz böte.

Die Vorstöße durch das neue KrWG beurteilte Alwast dennoch nicht gänzlich positiv. Die Einführung der Wertstofftonne und die Getrennterfassung von Papier, Glas und Bioabfällen in den Kommunen führe ab spätestens 2015 zu einer Verschärfung der Auslastungssituation in den deutschen Müllsortierungs- und Verbrennungsanlagen. Die Anlagen stünden damit zukünftig noch viel stärker als bisher in einem kostenbasierten Wettbewerb um kommunale und gewerbliche Abfälle, in dem sich besonders die energieeffizienten und wirtschaftlichen Anlagen behaupten würden. Die Stilllegung von ganzen MBA/MVA-Linien sei bereits heute absehbar, prognostizierte Alwast. Auch Ersatzbrennstoffkraftwerke würden immer mehr unten den Wettbewerbsdruck geraten.

Mehr Komplexität, Praxis weitgehend unverändert
Dr. Michaela Hurst, Bayer, zeigte auf der Tagung die Auswirkungen des KrWG auf die betriebliche Umsetzung auf. Die Regelungsdichte sei nun deutlich höher als vorher, womit die Komplexität des Themas zugenommen habe, stellte Hurst fest. So seien beispielsweise künftig Genehmigungsverfahren für genehmigungsbedürftige Anlagen mit einem höheren Begründungsaufwand verbunden. Nichtsdestotrotz stelle das KrWG für die Praxis der Abfallentsorgung keine bedeutende Umstellung dar. Zentrale Punkte wie die Verantwortlichkeiten seien unverändert geblieben: Auch wenn Dritte mit der Beseitigung von Abfällen beauftragt werden könnten, bleibe die Verantwortung des Abfallverursachers nach wie vor so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen sei.

Eine wirkliche Neuheit finde man dagegen beim Transport von Abfällen. Generell bestehe nun die Pflicht, diese mit "A"-Schildern zu kennzeichnen. Bei gefährlichen Abfällen müsse darüber hinaus eine spezielle Erlaubnis für den Transport eingeholt werden.

Grenzüberschreitende Abfallverbringungen
Beim Transport von Abfällen über Landesgrenzen hinweg haben sich die Bedingungen besonders in strafrechtlicher Hinsicht verschärft. Dr. Angela Griesbach, SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg, klärte über die neue Situation auf: Wer unbefugt Abfälle über Grenzen verbringe, die Gifte oder Erreger enthielten, krebserzeugend, fortpflanzungsgefährdend, erbgutverändernd, explosionsgefährlich, selbstentzündlich oder radioaktiv und in ihrer Art, Beschaffenheit und Menge geeignet seien, nachhaltig die Umwelt zu verunreinigen oder einen Bestand von Tieren oder Pflanzen zu gefährden, müsse in Zukunft mit einer Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen. Dies gelte auch für denjenigen, der Abfälle in nicht unerheblicher Menge oder sonstige Abfälle entgegen einem Verbot oder ohne erforderliche Genehmigung verbringe.

Neben dem genannten Strafmaß müssten sich Sammler, Beförderer, Händler und Makler in einem solchen Fall auch mit der Rückweisung, Rücknahme und Entsorgung der entsprechenden Abfälle auseinandersetzen, führte Griesbach weiter aus. Grundsätzlich müsse für das Verbringen nichtgelisteter Abfälle zur Verwertung sowie für alle Abfälle zur Beseitigung immer eine vorherige Notifizierung über die Behörde am Standort an alle beteiligten Behörden erfolgen sowie eine vorherige schriftliche Zustimmung der Behörden eingeholt werden.

Bei nicht-gefährlichen Abfällen habe man lediglich Versandinformationen an diese weiterzugeben und müsse einen Vertrag zwischen demjenigen, der die Verbringung veranlasst, und dem Empfänger der Abfälle vorweisen können. Darüber hinaus müsse auch stets bedacht werden, dass für die Verbringung der Abfallbegriff der Abfallverbringungsverordnung (VVA) gelte, der sich von dem des KrWG unterscheide. Generell verfolge dieser eine strengere Auffassung bezüglich der Definition von Abfällen bzw. des Abfallendes, schloss Griesbach.

Die Tagungsunterlagen mit den Skripten aller Vorträge der Fresenius-Konferenz können zum Preis von 295,- EUR zzgl. MwSt. bei der Akademie Fresenius bezogen werden.

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