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11.11.2011 | Umfragen

BME-Logistik-Umfrage: Rezession für Verlader kein Thema

Einkäufer logistischer Dienstleistungen (Verlader) erwarten 2012 aufgrund konjunktureller Eintrübungen zwar weniger Wachstum, aber keine Rezession.

Der Güterverkehr wird 2012 mindestens das gleiche Transportaufkommen wie im sehr guten Geschäftsjahr 2011 erreichen, in einigen Segmenten sogar ansteigen. Es wird erwartet, dass die Verfügbarkeit von Laderaum weitgehend gleichbleibt oder abnimmt und die Transportpreise im nächsten Jahr steigen. Und: Der Kombinierte Verkehr Schiene-Straße ist für viele Verlader eine günstige Alternative zum Lkw.

Das sind Ergebnisse der aktuellen Umfrage zum Transportmarkt 2012, die der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt, in Zusammenarbeit mit Prof. Paul Wittenbrink von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach durchgeführt hat.

189 Verlader und Dienstleister aus Industrie und Handel waren im September und Oktober 2011 zur aktuellen Markt- und Preisentwicklung, zu Logistiktrends und zum Kombinierten Verkehr befragt worden. Sie erwirtschaften einen Gesamtumsatz von mehr als 700 Milliarden Euro. Die Umfrageergebnisse wurden am Mittwoch auf dem 46. BME-Symposium Einkauf und Logistik in Berlin vorgestellt. 2.200 Teilnehmer diskutierten dort Strategien und Lösungen zur Optimierung ihrer Geschäftsabläufe.

Transportaufkommen
Der aktuellen BME-Umfrage zufolge rechnen im Ladungs- und Teilladungsverkehr zwischen 38 und 42 Prozent mit steigenden Mengen. Bei Stückgut und KEP (Kurier-, Express- und Paketdienste) sind sogar deutlich mehr als die Hälfte aller Befragten der Meinung, dass ihr Transportaufkommen steigen wird.
"Damit setzt sich der langjährige Trend zu kleineren Sendungsgrößen weiter fort", sagt BME-Vorstand Prof. Dr.-Ing. Andreas R. Voegele (Leiter des BME-Lenkungsausschusses Logistik).

Interessant: In allen Segmenten schätzen die Verlader ihre Situation positiver ein als die Transport- und Logistikdienstleister.
"Besonders gravierend ist der Unterschied bei den Ladungsverkehren: 42 Prozent aller Verlader aber nur 28 Prozent der Dienstleister glauben an eine Steigerung des Transportaufkommens", so Voegele.

Befragt wurden die Unternehmen auch nach Veränderungen im unternehmenseigenen Modalsplit. Bei Bahn und Binnenschiff halten sich die erwarteten Senkungen und Steigerungen die Waage - die meisten Befragten glauben an konstante Verhältnisse. Beim Lkw- und Luftverkehr überwiegen diejenigen, die Anteilssteigerungen prognostizieren. Beim Lkw glauben 46 Prozent an steigende Anteile, bei der Luftfracht 35 Prozent. Dies spricht für die weiter zunehmende Bedeutung dieser Verkehrsarten im Modalsplit.

Laderaumverfügbarkeit
"In der Branche wird seit Monaten über eine ausgeprägte Laderaumknappheit beim Lkw, insbesondere auf Grund von Fahrermangel, gesprochen. Obwohl aktuell kaum gravierende Engpässe zu verzeichnen sind, hat sich diese Diskussion bei einigen Verladern auf die Einschätzung bezüglich der Verfügbarkeit ausgewirkt", sagt Prof. Paul Wittenbrink von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach.

Für den Ladungs- und Teilladungsverkehr erwarten rund 30 Prozent eine Verringerung der Laderaumverfügbarkeit. Beim Stückgut sind es 17 Prozent. Dass zukünftig wieder mehr Laderaum zur Verfügung steht, glauben nur 14 bis 19 Prozent. Die meisten gehen davon aus, dass sich die aktuelle Lage in der Lkw-Transportbranche vorerst nicht wesentlich ändert.

An eine sinkende Verfügbarkeit von Bahn-Standardwaggons glauben 22 Prozent - an kritische Situationen bei Binnenschiffen sind es nur 13 Prozent. Hier scheinen also kaum zusätzliche Kapazitätsengpässe in Sicht zu sein. Ähnliche Werte finden sich auch bei der Verfügbarkeit von Luftfrachtraum (11 Prozent) und im Überseecontainerverkehr (21 Prozent).

Transportpreise
Laut Umfrage erwarten 2012 fast zwei Drittel der Verlader für den gesamten Transportmarkt Preissteigerungen. Dabei rechnen erwartungsgemäß die Dienstleister eher mit anziehenden Preisen als die Verlader.

Beispiel Ladungsverkehre:
Hier prognostizieren 57 Prozent der Dienstleister, aber nur 46 Prozent der Verlader steigende Preise. Ein ähnliches Umfrageverhalten besteht bei den Spotmarktpreisen (47 Prozent zu 34 Prozent) und den KEP-Diensten (44 Prozent zu 37 Prozent). Diese Zahlen dürfen jedoch nicht davon ablenken, dass insgesamt ca. 40 Prozent der Firmen für 2012 unveränderte bzw. sogar sinkende Transportpreise vorhersagen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass über die Hälfte der Verlader bereit sind, zukünftig längerfristige Verträge mit ihren Dienstleistern abzuschließen. Die Preisverhandlungen für das Jahr 2012 bleiben also spannend.

Besonders stabil ist die Preisentwicklung beim Binnenschiff - über 70 Prozent gehen von unveränderten Preisen aus. Beim Bahntransport und im kombinierten Verkehr (KV) glauben nur etwas mehr als 40 Prozent an unveränderte Preise. 50 Prozent beim KV und 43 Prozent bei der Bahn rechnen mit höheren Preisen. Neben dem Lkw erreicht die Luftfracht mit fast 55 Prozent der Unternehmen, die von steigenden Transportpreisen ausgehen, den zweithöchsten Wert. Den Spitzenplatz bei sinkenden Preisen erreicht der Überseecontainerverkehr - 26 Prozent hoffen zukünftig weniger zahlen zu müssen.

Logistiktrends
Kostentransparenz gewinnt der Umfrage zufolge sowohl bei Verladern als auch bei Dienstleistern an Bedeutung. Sie wird von beiden Seiten als wesentlicher Erfolgsfaktor angesehen, um gemeinsame Einsparungspotenziale zu identifizieren. Entgegen der Annahme, dass die Dienstleister hier eher zurückhaltend sind, zeigen sich viele von ihnen dafür sehr offen. 80 Prozent der Dienstleister sind bereit, gegenüber wichtigen Kunden Kostentransparenz zu zeigen.

Das Thema Green Logistics wird von Verladern und Dienstleistern unterschiedlich wahrgenommen. Während knapp die Hälfte der befragten Dienstleister sich hier ausreichend vorbereitet sehen, würden das nur 22 Prozent der Verlader ihren Auftragnehmern bescheinigen.
Besser ist die Situation beim "Carbon-Footprint". Hier gehen auf beiden Seiten mehr als die Hälfte davon aus, dass die Dienstleister in den nächsten Jahren eine CO2-Footprint-Analyse durchführen können.

Einen Dieselfloater zum Ausgleich von Preisschwankungen haben nach eigenen Angaben mehr als zwei Drittel der Vertragspartner vereinbart. Damit ist dieser wichtige, weil in letzter Zeit besonders volatile Faktor in den meisten Preisverhandlungen entschärft worden.

Kombinierter Verkehr
Befragt wurden die Teilnehmer auch nach der Zukunft des Kombinierten Verkehrs (KV) Schiene-Straße. Für immer mehr Verlader stellt dieser durchaus eine Alternative zum Lkw dar, insbesondere im Seehafenhinterlandverkehr. Knapp 40 Prozent der befragten Firmen wollen ihre KV-Aktivitäten weiter ausbauen. Dabei spielen neben Umweltbewusstsein und Gewichtsvorteilen auch immer mehr Kostenüberlegungen eine große Rolle.

Trotz all dieser positiven Einschätzungen, gibt es immer noch zahlreiche Verlader, die Ihre Transporte im Hauptlauf nicht auf die Schiene verlagern. In der Umfrage wurden ihnen 16 mögliche Gründe vorgegeben, Mehrfachnennungen waren erlaubt. Mehr als 50 Prozent der Verlader, die den KV nicht nutzen, gaben an, dass dies an der zu geringen Geschwindigkeit des Kombinierten Verkehrs liegt. Dieser Grund ist noch wichtiger als die zu geringen Distanzen (knapp 38 Prozent) oder auch die mangelnde KV-Affinität des Transportgutes.
Zu hohe Preise sind für lediglich 26 Prozent von Bedeutung und für ca. 24 Prozent reichen die Mengen nicht für eine Wechselbrücke.
 Diese Zahlen verdeutlichen, dass es viele, eher kleine Hindernisse gibt, die die Nutzung des KV unattraktiv machen und die meisten Unternehmen durchaus verlagern könnten, wenn sie denn wollten.

Die komplette Studie ist ab Dezember 2011 beim BME erhältlich.

www.bme.de