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06.06.2011 | Arbeitsschutz, Messen

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Bei der A+A 2011 zeigen die Hersteller spezielle Berufsbekleidung für Frauen

Die Zahl der Frauen, die in Industrie und Handwerk arbeiten, wächst langsam, aber kontinuierlich. Am beliebtesten sind Berufe wie Gartenbau, Schreiner und Tischler, Maler, Fliesenleger und Mechatronik. Um der Tätigkeit mit vollem Einsatz nachgehen zu können, sollten die Frauen entsprechend gekleidet sein.

Diesem Anspruch werden die führenden Anbieter von Schutz- und Berufsbekleidung gerecht. Bei der A+A 2011 in Düsseldorf, der international führenden Branchenveranstaltung für Persönlichen Schutz, betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (18. bis 21. Oktober) thematisieren sie zahlreich Innovationen, die speziell auf die Bedürfnisse des vermeintlich „zarten“ Geschlechts zugeschnitten sind.

Es gibt Berufsfelder mit „zupackendem“ Anforderungsprofil, in denen Frauen keine Seltenheit mehr darstellen - im Gartenbau beispielsweise, im Innenausbau oder auch bei vielen Tätigkeiten in der Industrie. In Berlin traute manch einer im letzten Jahr aber seinen Augen nicht. „Flotter Feger sucht 60 Kolleginnen“, lautete der Aufruf in einer großen Berliner Tageszeitung, den die Stadtreinigung BSR schaltete. Eingestellt wurden sogar 63 Frauen, die seither neben den Männern mit Putzkarre, Besen und Kehrmaschinen für die Sauberkeit im öffentlichen Raum sorgen.

In einem Artikel des Spiegel (8/2011) zu diesem Thema „Flotte Feger am Riesenrüssler“ wird Genevieve Krüger, eine der neu eingestellten Damen, zitiert: „Die ersten zwei Wochen haben sie (die männlichen Mitarbeiter) getestet: kann die anpacken? Dann war das Thema durch.“

Mit der richtigen Ansprache gelingt es immer mehr Unternehmen, Frauen für männertypische Berufe zu interessieren. Das bestätigt auch Wenka Wentzel vom Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V., Girls’ Day - Mädchen-Zukunftstag.
„Betriebe, die mehrfach an unserer Berufsorientierungsaktion teilgenommen haben, verstärken die Öffentlichkeitsarbeit, bieten vermehrt technikorientierte Praktika an und arbeiten viel mit Schulen zusammen, um Mädchen und junge Frauen für sich zu gewinnen. Umgekehrt verhält es sich genauso. Mädchen entwickeln immer mehr Interesse für technisch-naturwissenschaftliche Berufe und sehen ihre Chancen darin zunehmend positiv.“

Ein Blick zurück zeigt, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Frauen in der Industrie arbeiten. Diese lange Geschichte beginnt mit der Industrialisierung Anfang des vorherigen Jahrhunderts. Seit dieser Zeit hat sich der Standort Deutschland komplett gewandelt und mit ihr die hier ansässigen Industrien. Waren Frauen früher viel in der Textil- und Lebensmittelbranche beschäftigt, liegen die Schwerpunkte heute eher bei IT- oder Solar-Unternehmen, der Automobil- und Pharmabranche.

Je größer das Unternehmen, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass alle Mitarbeiter mit entsprechender Berufsbekleidung ausgestattet sind. Häufig erhalten die Mitarbeiterinnen Bekleidung, die für die weibliche Figur konzipiert ist, so wie es bei der Polizei oder bei Sicherheitsdiensten der Fall ist. Vor allem auf die Hose kommt es an.

Joachim Geyer, Key Account Manager beim A+A-Aussteller Kübler Bekleidungswerk in Plüdershausen: „Früher wurden die weiblichen Beschäftigten nach der Formel Herrengröße minus 6“ gekleidet. Da die Herrenkollektionen in der Regel erst mit Größe 44 anfangen, wurden die Damengrößen 34 und 36 gar nicht abgedeckt. Heute ist es in der Industrie, beispielsweise bei Mercedes, meist normal, dass für Frauen extra Bekleidung gestellt wird. Insgesamt sind die Oberteile weniger wichtig als die Hosen. Oben nimmt man einfach ein Poloshirt in XS.“ -

Kübler kleidet unter anderem die Solarworld Werke in Freiberg ein. „Bei uns liegt die Frauenquote mit etwas mehr als 16 Prozent über dem bundesweiten Schnitt“, sagt Susanne Herrmann von Solarworld Freiberg. „Die Frauenbekleidung besteht wie die der Männer aus Hose, T-Shirt und Jacke im Corporate Design der Solarword AG. Sie unterscheidet sich nur im Schnitt, der ist weiblicher.“
Die Mitarbeiterkleidung wurde bereits 2006 eingeführt. Vorher hatte es Trageversuche gegeben, in denen vor allem der Tragekomfort und die Waschbarkeit der Bekleidung getestet wurden.

„Große Kunden aus der Industrie tragen zunächst ihre Ideen und Anforderungen an Bekleidung und Design vor. Dabei wird grundsätzlich auch nach Bekleidung für Frauen gefragt“, sagt Stephan Schwarz, Leiter Produktmanagement bei Textil-Mietdienste Bardusch in Ettlingen (Aussteller bei der A+A 2011).
„Bei kleineren Betrieben hängt es ganz davon ab, wie gut der Kontakt des Anbieters zum Beschaffer ist und ob der Chef eine Frau ist“, so Dirk Hischemöller, Geschäftsführer der DBL in Zirndorf.

Umgekehrt ist es so, dass Berufsbekleidung auch bei den Beschäftigten immer akzeptierter und beliebter wird, weil sie lässiger und moderner geworden ist. Dabei wollen Frauen nicht unbedingt anders angezogen sein als die Männer. Hosen bilden wegen ihrer erforderlichen guten Passform allerdings eine Ausnahme. Für Beschäftigte in Industrie und Handwerk hat BP Bierbaum Proenen, Neuss, im Rahmen der Kollektion „Workfashion³“ deshalb eine spezielle Damen-„Workerhose“ im Programm, die sich den weiblichen Proportionen gut anpasst. Außerdem wird das Unternehmen bei der A+A 2011 auch auf die Damen-Polos in seinem Sortiment hinweisen. Die gibt es in den unterschiedlichsten Farben.

Der feine Unterschied bei der Latzhose
Bei Kübler können Frauen Latzhosen mit höher liegendem Bund bekommen, bei der ein elastisches Band für besseres Anliegen sorgt, damit ungewünschte Einblicke nicht möglich sind. Der Latz ist etwas kleiner und die Latztasche fehlt, weil Frauen das einfach nicht mögen, so die Erfahrung. Eine kleine Innentasche finden sie hingegen sehr sinnvoll. Auch auf voluminöse „Blasebalg“-Taschen wird verzichtet.

„Im Unterschied zu Bund- und Latzhosen mit geringerem Bund- und größerem Hüftumfang sowie schmalerem Beinschnitt kommen Frauen mit Unisex-Arbeitsjacken und T-Shirts gut zurecht. Dass sie weniger tailliert sind als modische Damenoberbekleidung wird bei körperlicher Arbeit durchaus als Vorteil empfunden“, so Geyer.

In anderen Bereichen gibt es (noch) keine extra Bekleidung für die weiblichen Beschäftigten, bzw. sie wird von den Damen nicht gefordert. „Bei uns hat noch keine danach gefragt. Es sind lediglich die Schuhe angepasst“, sagt Sabine Thümler, Sprecherin der BSR zu den „flotten Fegern“ der Stadtreinigung.
„Eine unserer Mitarbeiterin ist sehr klein, aber es gibt keine Probleme. Sie trägt wie alle anderen die normale Berufsbekleidung – eben in XS.“

Vor allem, wenn der Frauenanteil an Mitarbeiterinnen in Werkstattberufen wie beim Frankfurter Flughafenbetreiber, Fraport AG, mit zurzeit rund einem Dutzend weiblichen Beschäftigten relativ gering ist, wird auf kleine Herrengrößen zurückgegriffen. Der Anteil der Frauen im „Blaumann“ wird vermutlich steigen. „Junge Frauen sind immer häufiger bereit, technische und handwerkliche Berufe zu ergreifen“, sagt Gudrun Müller, Leiterin Servicecenter Soziales bei der Fraport. „Wir brauchen und wollen mehr Frauen, deshalb haben wir unsere Bilder und Ansprache in Öffentlichkeit und bei Stellenausschreibungen geändert.“

Bekleidung als Image- und Identifikationsfaktor
Auch im Handwerk ist die Bekleidung für Frauen noch nicht sehr verbreitet, was vermutlich daran liegt, dass die Zahl der Beschäftigten in Handwerksbetrieben so klein ist, dass einheitliche, spezielle Berufsbekleidung verhältnismäßig teuer in der Anschaffung ist und sich deshalb jeder individuell einkleidet. Außerdem arbeiten noch immer relativ wenige Frauen in Handwerksberufen. Doch es gibt zunehmend mehr, die sich für Garten- und Landschaftsbau, Forstwirtschaft, Tischlerei, Zimmerei, Malerei, Fliesenlegerei, ja sogar KFZ-Werkstätten entscheiden.

Berufe, die körperlich anstrengend sind wie die Baubranche oder Stahlindustrie, bleiben allerdings Männerdomäne. Einen besonders hohen Frauenanteil im Handwerk hat die Bundeshauptstadt zu verzeichnen. Die Handwerkskammer Berlin meldete im März 2011 eine Frauenquote von 27,7 Prozent bei Existenzgründungen, 30,1 Prozent bei neuen Ausbildungsverträgen und 31,6 bei bestandenen Meisterprüfungen.

Über alle Beschäftigungsbereiche in Industrie und Handwerk hinweg macht der Anteil an Bekleidung für Frauen allerdings auch heute noch nur einen Bruchteil aus. Das Bild wird sich weiter wandeln und mit ihm die Notwendigkeit adäquater Ausstattung und Bekleidung für die Arbeit. Schon heute sind die Hälfte aller Beschäftigten am deutschen Arbeitsmarkt Frauen. Damit hat sich ihr Anteil in vergangenen 20 Jahren um 5,7 Prozent gesteigert. Die meisten von ihnen arbeiten in Teilzeit oder Minijobs, heißt es im FAZ-Artikel über den Arbeitsmarkt vom 1. Mai 2011.

Das ist den Frauen nicht genug, viele wollen mehr, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg herausgefunden. Die Hälfte der teilzeitbeschäftigten Frauen und zwei Drittel der Minijobberinnen würden ihre Arbeitszeit gerne ausweiten. Das entspricht ganz der Vorstellung der Bundesagentur für Arbeit, die laut Zehn-Punkte-Plan gegen Fachkräftemangel vom Januar 2011 unter anderem Frauen durch Vollzeitbeschäftigung besser in den Arbeitsmarkt integrieren möchte. Am Mangel an passender Schutz- und Berufsbekleidung für Frauen wird diese Zielsetzung nicht scheitern, wie die zahlreichen Anbieter bei der A+A 2011 eindrucksvoll unter Beweis stellen werden.

Informationen zur A+A 2011, zu Ausstellern und ihren Produkten online: http://www.AplusA.de