Die Wertstofferfassung gehört in kommunale Hand
Die Bundesregierung plant die bundesweite Einführung einer einheitlichen Wertstofftonne. Um ein Konzept zu entwickeln, das möglichst alle Beteiligten (Kommunen, Entsorger, Verbraucher, Handel) tragen, hat das Bundesumweltministerium (BMU) ein Planspiel durchgeführt.
Der abschließende Bericht samt Empfehlungen steht noch aus, allerdings besteht bereits jetzt Kritik am Vorgehen des Ministeriums.
„Das Planspiel wurde von Anfang an nicht ergebnisoffen diskutiert“, so Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). So fanden von den vier Organisationsmodellen, die die vom BMU beauftragten Gutachter beschrieben hatten, nur zwei Modelle Eingang in das Planspiel. Eines der nicht zugelassenen Modelle ist das für die kommunale Seite interessante Modell einer Wertstofftonne unter kommunaler Verantwortung.
„Auch die ökologischen Ziele der Wertstofftonne kamen im Planspiel zu kurz“, kommentiert Reck.
Die Bundesregierung hat das Ziel, die Recyclingquoten durch Erweiterung der gelben Tonne zur Wertstofftonne zu erhöhen. In den für das Planspiel erstellten Gutachten beschreiben die Experten eine jährliche Menge von rund sieben Kilo zusätzlicher Wertstoffe pro Einwohner. Reck: „Angesichts einer Abfallmenge von jährlich 500 bis 600 Kilogramm pro Einwohner soll hier ein sehr hoher Aufwand für eine kleine Menge betrieben werden. Das Planspiel lässt völlig offen, wie zu gewährleisten ist, dass diese sieben Kilo auch tatsächlich hochwertig verwertet werden. Allein die getrennte Erfassung von Materialien garantiert kein Recycling, was das derzeitige System deutlich zeigt.“
Nach Angaben von den Systembetreibern im Planspiel beträgt die Recyclingquote für Kunststoff zum Beispiel 58 Prozent. Dieser Berechnung liegen nur die Lizenzmengen zugrunde, nicht aber die tatsächlichen Mengen, die nach Expertenauffassung fast doppelt so hoch sein könnten. Danach wäre jede zweite Verpackung unlizensiert.
VKU-Schätzungen zufolge, die auf den Prämissen des Planspiels basieren, ergeben sich ganz andere Ergebnisse. Danach beträgt die Recyclingquote insgesamt im Durchschnitt aller Stoffgruppen nur 41 Prozent, die stoffliche Verwertung fällt bei Kunststoff mit nur 31 Prozent sogar noch deutlich schwächer aus. Aus den Zahlen der Systembetreiber folgt, dass derzeit deutlich mehr Kunststoff energetisch verwertet wird als stofflich.
„Die Zahl von nur rund fünf Kilogramm stofflich verwerteter Verpackungen pro Einwohner und Jahr ist ernüchternd“, so der VKU-Hauptgeschäftsführer. „Angesichts der unbestrittenen Schwachstellen der Verpackungsentsorgung und der schwachen Recyclingbilanz dieses Systems haben wir im Planspiel eine Diskussion über die ökologischen Aspekte eingefordert. Das war aber nicht gewollt. Der Schein einer schönen Recyclingbilanz, die mit der Realität wenig zu tun hat, wird kritiklos hingenommen“, sagt Reck. „Dafür hätten wir kein Planspiel gebraucht.“
Die Systembetreiber bekommen die altbekannten Probleme nicht in den Griff. Das stellte selbst der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) fest. Aus VKUSicht ist dieses System nicht geeignet, noch mit zusätzlichen Aufgaben betraut zu werden. Reck: „Wir fordern deswegen, die Entscheidung über das „Wie“ der Wertstofferfassung den Kommunen zu überlassen, die das bereits seit vielen Jahren erfolgreich praktizieren.“