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04.08.2011 | Allgemeine Meldungen

EMI: Die Party der deutschen Industrie ist vorbei

Der Konjunkturmotor der deutschen Industrie ist im Juli ins Stottern geraten. Mit 52,0 (Vormonat: 54,6) Punkten setzte der saisonbereinigte Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) den Abwärtstrend der vergangenen acht Wochen fort und notierte auf dem niedrigsten Stand seit Oktober 2009 (51,0).

Der wichtige Konjunktur-Frühindikator lag damit mehr als zehn Zähler unter dem Allzeithoch vom Februar dieses Jahres (62,7). Gleichwohl hält sich der EMI seit 21 Monaten über der Marke von 50 Punkten. Ab dieser Schwelle wird Wachstum signalisiert.

Mit dem ersten Auftragsrückgang unter die magische 50-Punkte-Schwelle seit Juni 2009 (47,4 im Juli nach 51,5 im Vormonat) verlangsamte sich auch der Produktionsausstoß auf ein Zwei-Jahrestief. Der Teilindex Leistung fiel im Berichtsmonat auf 51,8 nach zuvor 55,5, wobei bereits seit Mai dieses Jahres eine nachlassende Dynamik zu beobachten war.

Während die Vorleistungsgüterindustrie weiter von Steigerungen berichtete, ging die Industrieproduktion im Investitions- und Konsumgüterbereich leicht zurück.
"Hauptursache für diesen Negativtrend ist das schwindende Vertrauen der Kunden in die eigene Geschäftsentwicklung. Angesichts der differenzierten globalen Konjunkturentwicklung tätigen viele Unternehmen ihre Investitionen vorsichtiger oder verschieben sie auf später", betonte Dr. Holger Hildebrandt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), heute in Frankfurt.

"Den aktuellen EMI-Daten zufolge ist die Party in der deutschen Industrie vorbei. Zwar zeigt der Index mit einem Stand oberhalb von 50 immer noch Expansion an, allerdings ist die Verlangsamung sehr deutlich zu spüren", sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), heute dem BME nach einer ersten Bewertung der jüngsten EMI-Zahlen.

Der Arbeitsmarkt als nachlaufender Indikator sei aber weiter im Aufwind. So sollten selbst bei einem deutlich niedrigen Wachstum von nur noch 1,8 Prozent im kommenden Jahr nach 3,2 Prozent in diesem Jahr weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. Engpassfaktor bei der Einstellung sei nicht die mangelnde Nachfrage, sondern der Fachkräftemangel.

Auf der Preisseite zeige sich laut EMI eine deutlich Entspannung - und das sowohl bei den Einkaufspreisen als auch bei den Verkaufspreisen.
Traud: "In diesem Umfeld gibt es keine Gründe mehr für die EZB, die Leitzinsen weiter zu erhöhen."

Binnenwirtschaft und Außenhandel beklagten im Juli Geschäftsverluste. Die exportorientierten Unternehmen mussten zum ersten Mal seit September 2009 wieder Einbußen in Kauf nehmen. Mit dem Nachlassen des Auftragsstromes (47,4 im Juli nach 51,5 im Juni) verminderten sich auch die Auftragsbestände, so dass der entsprechende Teilindex im Juli stagnierte. (50,0 im Juli nach 51,9 im Vormonat). Damit ist die 21-monatige Phase steigender Auftragsbestände vorerst zu Ende.

Positiv: Trotz der derzeit gedämpften Geschäftslage bei Global Playern und KMU stockte die Industrie ihr Personal weiter auf. Dieser Trend hält bereits seit 16 Monaten an. Besonders in der Vorleistungs- und Investitionsgüterindustrie kam es zu Neueinstellungen. Hingegen wurden in vielen Unternehmen die Stellen von Mitarbeitern nach natürlichen Abgängen nicht neu besetzt.

Der sinkenden Nachfrage entsprechend fuhren die Einkaufsmanager ihre Beschaffungstätigkeit im Juli zurück. Dies steht allerdings in krassem Gegensatz zu den kräftigen Zuwächsen der vergangenen 18 Monate. Geringer als erwartete Abrufe aus der Produktion bzw. verzögerte Anlieferungen zuvor bestellter Waren führten zu einem Anstieg der Vormateriallager. Hier erreichte der Teilindex mit 53,8 im Juli fast den Rekordwert von Juni 1998. Erwartungsgemäß stellte sich damit eine gewisse Entspannung bei den Lieferfristen ein.

Die global nachlassende Nachfrage führte zudem zu sinkenden Einkaufspreisen. Der Teilindex fiel mit 60,9 Zählern im Juli (Vormonat: 64,6) auf den niedrigsten Stand sei anderthalb Jahren. Noch zu Jahresbeginn hatte er ein Umfragehoch erreicht, das sich später allerdings von Monat zu Monat wieder leicht abschwächte. Eine Beruhigung an der Preisfront wurde aus allen drei Industriesektoren gemeldet. Die Verkaufspreise (56,2 im Juli nach 60,1 im Juni) stiegen mit der schwächsten Rate seit acht Monaten ebenfalls langsamer an. Allerdings lag der Teilindex weiter deutlich über dem Langzeitdurchschnitt von 51,1 und damit seit anderthalb Jahren auf Wachstumskurs.

Der "Markit/BME-Einkaufsmanager-Index" (EMI) ist ein monatlicher Frühindikator zur Vorhersage der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, London, erstellt. Der Index beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (PMI).

www.bme.de