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14.05.2010 | Versorgungsnetze

Stadtwerke rüsten sich für "Smart Markets"

Der Paradigmenwechsel von der reinen Stromverteilung zu einem intelligenten Stromnetz mit dezentralen Energiequellen und kundenfreundlichen Tarifen stand im Mittelpunkt der Diskussionen der rund 700 Teilnehmer der 14. EUROFORUM-Jahrestagung - Stadtwerke 2010 - (4. bis 6. Mai 2010, Berlin).

Die Auswirkungen einer möglichen Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken auf den verstärkt von kommunalen Unternehmen betriebenen Ausbau der dezentralen Energieversorgung wurden ebenso thematisiert wie der Trend zur Rekommunalisierung.
"Wir brauchen Smart Markets", postulierte der Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) Matthias Kurth zum Auftakt des etablierten Stadtwerke-Treffs. Ziel sei es, "eine aktive Handlungsplattform für eine intelligente Vernetzung in einem wettbewerblichen Rahmen zu schaffen".

Die Möglichkeiten intelligenter Stromnetze und Stromzähler müssten zu einem Tarifsystem führen, das die Kunden für ein vernünftiges Energieverbrauchsverhalten belohne. Der Ausbau der erneuerbaren Energien stelle Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber vor große technische und wirtschaftliche Herausforderungen, räumte Kurth ein. Die Dynamik beim Ausbau der Windkraft und der Photovoltaik fordere auch die Politik, die Rahmenbedingungen an diese Entwicklungen anzupassen. Anreize könnten beispielsweise bei der Forschung und Entwicklung im Bereich der Stromspeicherung gesetzt werden.

Neue Tarifphilosophie durch intelligente Stromzähler
Der Einsatz von intelligenten Zählern müsse zu flexiblen Tarifen und einer ganz neuen Tarifphilosophie bei den Versorgern führen, so Kurth. Ein aktives und intelligentes Netz binde alle Akteure von der Erzeugung bis zum Kunden ein und verknüpfe Kommunikationsfunktionen mit der Energieversorgung. "In einem Innovationsprozess kann nicht alles von der Regulierungsbehörde festgelegt werden", betonte er.
Die Verantwortung läge auch bei den Marktteilnehmern. Die Verteilnetzbetreiber seien beispielsweise entscheidende Treiber für die Bereitstellung von Stromtankstellen für die Elektromobilität. Kosteneinsparungspotenziale bei der Modernisierung der Netze könnten die Verteilnetzbetreiber heben, indem sie Grabungsarbeiten für neue Energie- und Glasfasernetze zusammen betreiben würden.
Auf dem Weg zum Smart Grid fehle es derzeit noch an einer schlüssigen und fairen Aufgabenverteilung, die klar definiere, wer was mache und wer was bezahle. Diese Interessenvermittlung sei auch eine politische Aufgabe, so Kurth weiter. Für viele neue Fragen gäbe es zurzeit noch keinen rechtlichen Rahmen.

Investitionen in intelligente Strukturen
Bei Ausbau des Smart Grids müsse klar zwischen netzbezogenen Investitionen und Investitionen in andere Wertschöpfungsstufen differenziert werden, betonte Kurth. Zur Einführung der Smart Meter sprach er sich sowohl gegen ein Modell mit zentralem Roll-out als auch gegen ein reines Marktmodell aus. Zur Kostenübernahme bei der Einführung von Smart Metern sagte Kurth, wenn der Netzbetreiber Basisfunktionalitäten übernehme, könne er sich "eine Abfederung über die Netzentgelte" vorstellen, das gelte aber nicht für Zusatzmodule im Vertrieb.

Effizienz entscheidet
Der Wettbewerb zwischen den Stadtwerken und den großen Energieversorgern sowie die Rekommunalisierung und die Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung bestimmten die Podiumsdiskussion zwischen Prof. Dr. Klaus-Dieter Maubach, Vorsitzender des Vorstandes der E.ON Energie AG, Ewald Woste, Vorsitzender des Vorstandes der Thüga AG, und Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU).

Der E.ON Energie-Chef betonte den Beitrag seines Unternehmens für mehr Wettbewerb in der Energiewirtschaft. Durch den Verkauf des Übertragungsnetzbetreibers und der Thüga AG habe sein Unternehmen seinen Anteil im Strom- und Gasgeschäft deutlich reduziert und damit eine marktbeherrschende Stellung aufgegeben. Weltweite Investitionen von acht Milliarden Euro in erneuerbare Energien bewiesen zudem, dass E.ON nicht nur auf Kernenergie setze. Die Atomkraft, Großkraftwerke und die CCS-Technologie seien zwar weiterhin Teil der Unternehmensstrategie, ebenso engagiere sich E.ON aber auch für den Aufbau eines Smart Grid.
"Es ist auch ein Mythos, dass E.ON gegen kommunale Versorger sei", betonte Maubach. Im Gegenteil suche E.ON auch unter Stadtwerken Partner, um die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam anzugehen. Entscheidend für eine Zusammenarbeit sei nicht die Frage nach der Größe eines Unternehmens, sondern allein die Effizienz.

Der Hauptgeschäftsführer des VKU verwies auf die hohe Akzeptanz kommunaler Unternehmen bei der Bevölkerung und betonte deren volkswirtschaftliche Bedeutung. Bei der Stromerzeugung bestehe weiterhin eine Dominanz durch die vier großen Energieversorger, die durch eine Laufzeitverlängerung weiter fortgesetzt würde. Bevor es eine Entscheidung zur Laufzeitverlängerung gäbe, müsse erst geklärt werden, welche Auswirkungen dies auf den Umbau der dezentralen Energieerzeugung habe.

Rekommunalisierung resultiert aus neuen Marktperspektiven
Der Thüga-Vorstandsvorsitzende Ewald Woste teilte mit Maubach die Meinung, dass sich die Zukunft kommunaler Unternehmen an deren Effizienzen entscheide. Bei den anstehenden Marktveränderungen könnten viele Aufgaben nur gemeinsam gelöst werden. Dezentralen Strukturen käme in künftig eine immer größere Bedeutung zu, aus denen sich ganz neue Geschäftsmodelle ergäben. Die neuen Marktperspektiven für Stadtwerke begründeten auch die aktuellen Diskussionen um die Rekommunalisierung.
Woste warnte allerdings davor, die Infrastrukturbewirtschaftung durch den Konzessionswettbewerb zu zerfledern. Letztlich entscheide der Markt, wie erfolgreich Stadtwerke sich durchsetzen könnten und ob der Ausbau dezentraler Strukturen gelänge.

Die auslaufenden Konzessionen in vielen Städten und Gemeinden nannte Maubach eine große Herausforderung. Allein bei E.ON Energie liefen in nächster Zeit über 1000 Konzessionen aus. Als großes Unternehmen könnte man den Städten weiterhin einen effizienten Netzbetrieb anbieten und man werde um die Verlängerung der Konzessionen werben. Von der Netzagentur sei E.ON als 100 Prozent effizient eingestuft worden und auch bei den anstehenden Innovations- und Technikfragen könnte E.ON den Städten und Gemeinden attraktive Angebote machen.

Wirtschaftliche Faktoren bestimmen "Renaissance der Stadtwerke"
Auf die Frage des Vorsitzenden der EUROFORUM-Jahrestagung Helmut Sendner (Energie&Management), ob falsche Erwartungen an die Rekommunalisierung gestellt würden, sagte Reck, dass die Diskussion um die Konzessionen richtig sei. Die Entscheidung über den Netzbetrieb werde nicht mehr nur durchgewunken, sondern die Städte schauten sich die Chancen und Risiken näher an und würden schließlich die ökonomisch sinnvollste Option für sich wählen.

"Die Renaissance der Kommunalwirtschaft beschränkt sich nicht nur auf die Konzessionsverträge und die Energiewirtschaft, sondern richtet sich nach wirtschaftlichen Faktoren", so Reck.
Woste betonte, dass sich in den letzen Jahren nicht nur die großen Versorger weiterentwickelt hätten, sondern auch die Stadtwerke. Viele kleine Versorger hätten interessante Geschäftsmodelle entwickelt und behaupteten sich im Wettbewerb. Allerdings müsse eine bestimmte Größe für einen wirtschaftlichen Betrieb gegeben sein.
"Eine Netzübernahme ist nur sinnvoll bei einer guten Netzrendite", so Woste weiter.

Entscheidung über Laufzeitverlängerung muss abgewartet werden
Zu den Auswirkungen einer möglichen Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken stellte Woste fest, dass durch die noch ausstehende Entscheidung einige Investitionen in erneuerbare Energien verschoben werden könnten. "Man wird die Laufzeit-Entscheidung abwarten", sagte er.
Reck betonte, als Verband wolle man keine politische Kernkraftdiskussion führen. Allerdings erwarte man eine saubere Analyse von der Regierung und werde sich für eine Interessenwahrung für die geplanten und genehmigten Investitionen in dezentrale Projekte einsetzen. An den kommunalen Unternehmen solle es nicht liegen, die erneuerbaren Energien, KWK und Fernwärme voranzutreiben.
"Eine Laufzeitverlängerung muss sachlich korrekt sein", so Reck.
"Kein Erzeugungselement wächst wie das der erneuerbare Energien", betonte Maubach weiter. Bei KWK und bei der Fernwärme werde dagegen weniger in den Ausbau als in die Modernisierung investiert. Er erwarte von der Bundesregierung eine marktneutrale Laufzeitverlängerung und erinnerte daran, dass der Kernenergie-Ausstieg 1999 und 2000 nicht freiwillig von den Energieversorgern akzeptiert wurde und eine Option über eine Verlängerung der Laufzeiten vereinbart worden sei.
Reck stellte fest, dass obwohl der Ausstieg nicht freiwillig erfolgt sei, viele Stadtwerke sich bereits an die neuen Rahmenbedingungen angepasst und in dezentrale Strukturen investiert hätten. "Eine Laufzeitverlängerung wird nicht ökonomisch neutral sein", befürchtete er.
Woste sagte:"Wir brauchen ein Marktmodell, in dem sich Neuinvestitionen in erneuerbare Energie auch lohnen", weiter.
Die Infrastruktur für die erneuerbaren Energien zu schaffen, sei eine Herausforderung für alle. Woste appellierte an eine Zusammenarbeit der Branche, um diese Aufgaben zu meistern. "Letztlich treffen wir uns alle auf den gleichen Kapitalmärkten wieder", so Woste.

Spezifische Gründe für eine Stadtwerke-Neugründung
Der Trend zur Rekommunalisierung und Kooperation wurde auch in einer der drei parallelen Vortragsreihen am ersten Tag der EUROFORUM-Jahrestagung diskutiert. Am Beispiel der Stadtwerke-Neugründung Hamburg Energie erläuterte deren Geschäftsführer Dr. Michael Beckereit, warum Hamburg sich - trotz der Präsens der beiden großen Energieversorger Vattenfall und E.ON und einer intensiven Wettbewerbssituation - für ein Stadtwerk in kommunaler Hand entschieden hat.
Beckereit betonte, dass die Rekommunalisierung in Hamburg stark durch spezifische Rahmenbedingungen getragen sei. Die große Unzufriedenheit der Kunden und die Diskussionen um das Kernkraftwerk Krümmel und um das geplante Kohlekraftwerk Moorburg hätten politisch aufgegriffen werden müssen. Hamburg habe auch als Klimahauptstadt 2011 eine Sonderstellung, bemerkte Beckereit.
Trotz des umkämpften Hamburger Marktes mit bis zu 100 Stromangeboten und einer entsprechend hohen Werbepräsenz befände sich Hamburg Energie seit seiner Gründung im Mai 2009 auf einem guten Weg. Im Dezember 2009 habe Hamburg Energie bereits seine erste Photovoltaik-Anlage in Betrieb nehmen können. Beckereit betonte, dass Hamburg Energie sich auf die Hafenstadt beschränken wolle und bis zu 3,5 Millionen Kunden für erreichbar halte. Zurzeit sei man mit zwei Stromprodukten am Markt. Beide Produkte seien kohle- und atomfrei. Im Angebot sei Strom aus Wasser- und Gaskraftwerken sowie ein Ökoprodukt mit Wind- und Sonnenstrom.

Hamburg Energie ist zufrieden
"Die Resonanz ist im Grundsatz positiv, aber nicht überschäumend", so Beckereit weiter. Hamburg Energie setze nicht auf den günstigsten Preis, sondern auf Nachhaltigkeit und auf die Gruppe derjenigen Kunden, die noch nicht gewechselt hätten. 60 Prozent der bereits gewonnenen Kunden seien aus Hamburg und das Altersegment zwischen 40 und 50 sei besonders stark vertreten. Rund 15 Prozent der Kunden hätten sich sogar für das teurere Ökoprodukt entschieden. In der Stromproduktion wolle der Hamburger Versorger bis zu 50 Prozent seines Angebots aus erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen.
Hamburg Energie wolle auch den Standort Hamburg attraktiv machen und engagiere sich für nachhaltige Erzeugungskapazitäten. Konzessionsverträge seien in Hamburg ebenfalls in der Diskussion. Diese werde allerdings stärker von der Stadt Hamburg als von Hamburg Energie geführt, so Beckereit.

Druck auf die Profitabilität steigt
Den Druck, der auf die Profitabilität der Stadtwerke von Seiten der kommunalen und privaten Eigentümer, Kunden und Mitarbeiter ausgeübt werde, betonte Dr. Christian Becker, Mitglied des Vorstandes der STAWAG Stadtwerke Aachen AG. Kooperationen könnten zwar ein Weg sein, den verschärften Wettbewerbsbedingungen zu begegnen, allerdings dürften die unterschiedlichen Interessen der Stake-Holder nicht unterschätzt werden. Die erste Phase der Regulierung hätten die Unternehmen gut bewältigt und die Renditen aus dem Netzgeschäft seien noch gut. Allerdings stünden alle Energieversorger vor den Herausforderungen einer zunehmenden Komplexität und damit vor Investitionen in die Systeme, so Becker.
"Kooperationen und Fusionen eröffnen Optionen zur Ergebnissteigerung durch Erschließung von Synergien und Wachstumspotenzialen", sagte der STAWAG-Vorstand. Fusionen seien oftmals betriebswirtschaftlich effizienter, aber politisch schwieriger umzusetzen als Kooperationen. "Kooperationen ermöglichen prinzipiell die Zusammenarbeit mit den jeweils besten Partnern", so Becker.
Regionale Kooperationen böten sich vor allem im Vertrieb und im Netz an. Überregionale Kooperationen seien in den im Bereich Trading, Erzeugung und Billing Customer Care möglich.

Von der Kooperation zur Innovationspartnerschaft
"Kooperationen funktionieren nur, wenn Sie Vertrauen zueinander zu haben", betonte Becker weiter. Die STAWAG habe bereits mit Trianel und Factur Billing Solutions erfolgreich horizontale Kooperationen durchgeführt, um Kostensenkungen zu erreichen. Diese Form von Zusammenarbeit könne relativ schnell umgesetzt werden und erzeuge schnelle Ergebnisbeiträge. Die anstehenden Herausforderungen der Branche erforderten aber ganz neue Kooperationsformen. Diese "Innovationspartnerschaften" zielten auf die Erschließung neuer Geschäftsfelder ab, auf die Sicherung von Ressourcen und auf die Geschäftsentwicklung.
Gemeinsam mit den Stadtwerken Duisburg und der smartlab kooperiere die STAWAG auf diese Weise beispielsweise bei der Elektromobilität. "Kooperation heißt Bündelung der Kräfte zur Bewältigung steigender Anforderungen", so Becker.

Fusionen für die Zukunft
Wie sich die Kooperation der Stadtwerke Crimmitschau, Lichtenstein und Stollberg zu einer erfolgreichen Fusion zur Verbundwerke Südwestsachsen GmbH (VSW) entwickelt hat, beschrieb deren Geschäftsführer Markus Hannig. Da alle drei Stadtwerke vor den gleichen regulatorischen Herausforderungen gestanden hätten und jedem Unternehmen die kritische Größe gefehlt habe, hätten alle drei Hauptgesellschafter eine Zusammenarbeit vorangetrieben. Ziel der Kooperation sei die Zukunftsfähigkeit, Arbeitsplatzsicherheit und die sichere Ausschüttung an die kommunalen Gesellschafter.
Eine Vorort-Präsens, die Kompensation qualitativer und quantitativer Defizite sowie die Hebung von Synergien seien weitere Zielsetzungen gewesen, erläuterte Hannig. Die Vielzahl der Kooperationsansätze hätte schnell gezeigt, dass eine Fusion der Stadtwerke leichter umzusetzen sei als eine umfangreiche Kooperation. Die Diskussionen seien mit allen Beteiligten auf Augenhöhe geführt worden und die Anteilsfrage sei extern ermittelt worden. Rund ein Jahr nach der Fusion habe man bereits die gemeinsame Marke VSW im Markt etablieren können.

Erneuerbare Energien Stadtwerke machen ernst
Die Vorreiterrolle vieler Stadtwerke beim Aufbau dezentraler Energieerzeugungskapazitäten war ein weiteres Thema der Stadtwerke-Jahrestagung. Der Energiemanager des Jahres 2009 und Vorsitzende der Geschäftsführung der Stadtwerke München (SWM), Dr. Kurt Mühlhäuser, erläuterte die "Ausbauoffensive Erneuerbare Energien" in München. Eine Großstadt wie München zu 100 Prozent mit Ökostrom zu versorgen, sei mittelfristig nicht zu erreichen, betonte er. Allerdings investieren die Stadtwerke München erheblich in den Aufbau erneuerbarer Energien auch auf Münchner Stadtgebiet. Neben der bereits 1999 in Betrieb genommenen Windkraftanlage auf dem Mühlberg würden die zehn Wasserkraftwerke modernisiert und erste Photovoltaik-Anlagen aufgebaut. Im Tierpark Hellabrunn sei bereits ein Biogasheizkraftwerk installiert.

"Es ist wichtig, in allen Bereichen aktiv zu sein und den regionalen Bezug herzustellen, auch wenn die Kapazitäten für eine Großstadt nicht ausreichen", betonte Mühlhäuser. Darum investierten die SWM auch in Ökostrom-Projekte außerhalb Münchens, wie beispielsweise in das Solarkraftwerk Andasol 3 in Südspanien. Rund neun Milliarden Euro investiert das größte deutsche Stadtwerk in seine Aufbauoffensive. In Ostdeutschland ist das Münchner Unternehmen an einer Photovoltaik-Anlage beteiligt, ebenso an Windkraftanlagen in der Nordsee. Mit Global Tech1 würden die Stadtwerke München nach Alpha Ventus und Bard die nächste Offshore-Windanlage in Betrieb nehmen können. Eine besondere Vorreiterrolle nähmen die Stadtwerke München bei der Geothermie mit ihrem Projekt in München-Riem ein. Hier seien die Erwartungen im Moment allerdings gedämpfter, da die technischen Herausforderungen enorm seien und die Bohrkosten wesentlich höher als erwartet, so Mühlhäuser.

100 Prozent Ökostrom für München
"Bis 2015 werden die Stadtwerke München so viel Strom aus erneuerbaren Energien in eigenen Anlagen produzieren, wie die etwa 800.000 privaten Haushalte der Stadt verbrauchen", sagte Mühlhäuser. Bis 2025 wolle man den gesamten Strombedarf München aus erneuerbaren Energien decken und damit weltweit die erste Großstadt sein, die dieses Ziel erreicht habe, so Mühlhäuser weiter.
Auch die Stadt stehe trotz der angespannten kommunalen Haushaltslage hinter dem Projekt, so dass Erträge in die neuen Projekte fließen könnten. "Wir können im Moment etwa 60 Prozent der Haushalte versorgen", zog Mühlhäuser eine Zwischenbilanz. Er betonte allerdings, dass dies noch kein realer Wert sei. Langfristig wolle München aber seinen Bedarf regenerativ erzeugen.

Investitionen in Ökostromprojekte auch ökonomisch sinnvoll
Wie auch kleine Stadtwerke den Herausforderungen des Klimawandels begegnen und den Kundenwünschen nach erneuerbaren Energien nachkommen können, zeigte Peter Blatzheim von den Stadtwerken Troisdorf. Bereits seit 1998 habe man in Troisdorf begonnen, die Beschaffung zu diversifizieren und auf energetische Selbstversorgung zu setzen. Unter anderem habe man eine Bürgersolargenossenschaft gegründet, die es auch Mietern ermögliche, von der Solarförderung zu profitieren. Mit dem Solarpark Oberlar habe man den bisher größten Freiflächen-Solarpark in Nordrhein-Westfalen realisieren können.
Betriebswirtschaftlich rechne man bereits nach der zehnjährigen Finanzierungszeit mit Gewinnen aus diesem Projekt, so Blatzheim. Durch die Gründung von Green Gecco hätten die Stadtwerke Troisdorf eine Möglichkeit gefunden, sich mit großen Partnern an internationalen und großen Projekten zu beteiligen.

Kosteneffizienz und Vertriebsoffensiven reichen nicht mehr aus
Einen Appell an die Innovationskraft der Stadtwerke richtete Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung von Trianel, an die rund 700 Stadtwerke-Vertreter. In den vergangenen zwölf Jahren hätten sich die Anstrengungen in der Energiewirtschaft in erster Linie um den Endkundenvertrieb und um den Kampf Marktanteile gedreht.
"Innovationen haben wir im wesentlichen im Vertrieb und bei Kooperationen zu neuen Erzeugungskapazitäten gesehen", sagte er. Auch wenn man ein Vordringen der Stadtwerke in die Erzeugung beobachten könnte, stünde der Vertrieb weiter stark im Fokus für Innovationen. Das Geschäftsmodell der Energieversorger habe sich als stabil erwiesen, allerdings frage er sich, wie lange dies noch so bleiben werde. "Die Branche steht vor einem Umbruch", betonte Becker und verwies auf die Treiber Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Die Vielfältigkeit der Themen führe zu einer immer höheren Komplexität, die bewältigt werden müsse. Im Endkundengeschäft und in den Netzen würden die Margen absehbar sinken, so dass die Besetzung von Themen wie Elektromobilität, Smart Metering, Prozessoptimierung oder Rekommunalisierung an Bedeutung gewinnen werde.

Wettbewerb heißt: Innovativ sein
"Die Taktzahl für Innovationen wird sich erhöhen", so Becker weiter. Neue und ernstzunehmende Player wie Google, Microsoft, Volkswagen oder die Telekom würden die Geschäftsmodelle in der Energiewirtschaft verändern. "Wettbewerb heißt: Innovativ sein", betonte der Trianel-Chef. Veränderte Märkte erforderten eine permanente Entwicklung der Produkte und Geschäftsmodelle. Die Stadtwerke mit ihrem "direkten Draht zum Kunden über das Stromkabel" müssten diesen Kontakt für sich nutzen und Themen wie Internetverbindungen, der Kunde als Strombeschaffer oder Elektromobilität für sich nutzen, um Margen erhöhen zu können.
Beispiele wie Apple zeigten, dass Unternehmen nur erfolgreich sein könnten, die die Kundenwünsche bereits im Vorfeld erkennen. Dazu müssten auch Energieversorger die Innovationskultur in ihren Häusern stärken, um als Innovator oder auch als Transformator weiter erfolgreich zu sein. Auch eine Neupositionierung eines Unternehmens könne nur gelingen, wenn sich die Unternehmen öffnen würden, so Becker.
Gegen neue Wettbewerber würden sich nur diejenigen Unternehmen durchsetzen können, die die Transformation der Branche erfolgreich vorantreiben und neue Geschäftsfelder entwickeln.

STADTWERKE AWARD 2010 geht an Nordland Energie
Erstmals wurde auf der EUROFORUM-Jahrestagung "Stadtwerke 2010" der STADTWERKE AWARD vergeben. Die große Resonanz auf den erstmals ausgelobten Preis des Konferenz- und Seminarveranstalters EUROFORUM, des Aachener Stadtwerke-Netzwerkes Trianel und der Fachzeitschrift Energie&Management zeige, wie lebendig und erfolgsorientiert Stadtwerke ihre Position in der deutschen Energiewirtschaft ausbauen, stellte Christina Sternitzke, Mitglied der Geschäftsleitung von EUROFORUM Deutschland fest. "Innovationen stehen bei der Auswahl für den STADTWERKE AWARD im Mittelpunkt", betonte sie. Darüber hinaus würden die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit sowie die Übertragbarkeit auf andere Stadtwerke ausgezeichnet.

Die Kieler Nordland Energie mit ihrer Energiemarke DRIFT setze sich in diesem Jahr als Gewinner des STADTWERKE AWARD 2010 durch. Der gemeinsame Vertriebskanal von 24sieben, den Stadtwerken Lübeck und Eckernförde sowie der ZVO Energie wurde für seine herausragende Positionierung im Vertrieb ausgezeichnet. Die gemeinsame Marke der Nordland Energie "DRIFT - Norddeutsch für Energie" wurde von der Jury für die Analyse und Umsetzung des Konzeptes zur Einführung einer externen Marke mit einer schlüssigen und überzeugenden Markenkonzeption gelobt.
Überzeugen konnte DRIFT mit originellen Anzeigen für seine Produkte DRIFT Nordgas und DRIFT Nordstrom, mit denen Nordland Energie seine Unternehmensphilosophie glaubhaft kommuniziert. Als Gegengewicht zu Großkonzernen hat sich Nordland Energie erfolgreich als wachsendes Netzwerk regionaler Versorger mit lokalem Service positioniert. Überzeugt haben die Einfachheit der Produkte und die klare Kommunikation. Der Preis und der hohe Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung punkteten ebenso. "Die Kooperation der Stadtwerke Kiel, Lübeck und Eckernförde hat bei der Markenkonzeption und Markeneinführung von DRIFT vorbildlich gearbeitet", betonte Sven Becker, als einer der Initiatoren des STADTWERKE AWARD.
"Der Erfolg von Nordland Energie zeigt erneut, wie Stadtwerke erfolgreich
gemeinsam Kunden für sich gewinnen können", so der Trianel-Chef.

Die weiteren Finalisten des STADTWERKE AWARD 2010 waren die Stadtwerke Aalen und die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. Mit einem sehr originellen und zugleich erfolgreichen Kundenkarten-Konzept erreichten die Stadtwerke Aalen den zweiten Platz. Dabei gewähren die Stadtwerke ihren Kunden Rabatte in Schwimmbädern und Parkhäusern und schaffen so ein breites Verständnis für den Mehrwert des kommunalen Energieversorgers.

Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm belegten mit ihrer Marketingstrategie "Der grüne Schuh" den dritten Platz. Ulm überzeugte mit einem pfiffigen Konzept, das lokale Größen wie den Pfarrer des Ulmer Münsters als Sympathieträger für die Stadtwerke gewinnen konnte. Der grüne Leinen-Schuh steht für Klimaschutz, Bodenhaftung, Modernität und immer auch für die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. Ein Marketingprodukt, das in Ulm sogar im Schuhhandel vertrieben wird.

Der nun jährlich auf der EUROFORUM-Jahrestagung "Stadtwerke" vergebene Preis prämiert 2011 Stadtwerke, mit einem besonders innovativen und nachhaltigen Konzept als Energieeffizienz-Dienstleister. Ausgezeichnet werden Projekte bei industriellen, gewerblichen, kommunalen und privaten Kunden, durch die besonders nachhaltig CO2-Emissionen gesenkt und pro reduzierte Tonne CO2 deutliche wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. Neben Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit wird auch der Modellcharakter für andere Stadtwerke und Kommunen beurteilt.

Die EUROFORUM-Jahrestagung "Stadtwerke 2011" findet vom 10. bis 12. Mai 2011 in Berlin statt.

Weitere Informationen zur Veranstaltung:
http://www.stadtwerke-tagung.deWeitere
Informationen zum STADTWERKE AWARD:
http://www.stadtwerke-award.de

www.euroforum.com