Public Manager
12.05.2009 | Verwaltungsorganisation

Personalgestellung: Allheilmittel – aber mit Risiken

Die Personalgestellung erfreut sich bei Städten und Gemeinden sowie ihren Unternehmen großer Beliebtheit. Ihre Vorteile liegen auf der Hand: Das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters besteht mit dem Arbeitgeber, bei dem er in der Vergangenheit beschäftigt war, unverändert fort. Gleichzeitig kann er in einem anderen Unternehmen eingesetzt und dort in den Betrieb eingegliedert werden.

Anlässlich der Hauptversammlung des deutschen Städtetages - "Städtisches Handeln in Zeiten der Krise" vom 12. bis 14. Mai 2009 in Bochum erläutert die Arbeitsrechtsexpertin Inken Hansen von der Kanzlei Aulinger Rechtsanwälte, worauf Kommunen bei der Gestellung von Personal achten müssen.
Gerade bei Privatisierungen und bei der Umstrukturierung von kommunalen Beteiligungsgesellschaften ist die Personalgestellung ein probates Mittel, Verlässlichkeit als Arbeitgeber zu beweisen, Bedenken von Arbeitnehmern und ihren Vertretern in Personalvertretung und Aufsichtsräten zu reduzieren und dennoch beim Einsatz der Mitarbeiter flexibel zu bleiben.
"Dabei sind rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, die oft vernachlässigt werden und auch ein Grund dafür sind, dass das Instrument der Personalgestellung in der Privatwirtschaft weit weniger genutzt wird", so Hansen.

1. Genehmigungspflicht bei der Personalgestellung
Im Vordergrund steht die Frage nach einer Erlaubnispflicht nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Sobald eine Personalgestellung bei wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen oder Unternehmen erfolgt oder Mitarbeiter der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellt werden, ist zu prüfen, ob eine gewerbsmäßige Überlassung vorliegt und daher eine Erlaubnis bei der Landesarbeitsagentur zu beantragen ist.
Als gewerbsmäßig ist dabei nicht nur eine Tätigkeit anzusehen, mit der unmittelbar Gewinne erzielt werden sollen. Vielmehr reicht bereits die Absicht oder auch nur die Möglichkeit, mittelbar Gewinne zu erzielen, für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns aus. Diese Absicht kann schon dann vorliegen, wenn das Personal gestellt wird, um künftig Aufträge von dem Nutznießer der Gestellung zu erhalten oder um eine wirtschaftlich vorteilhafte Zusammenarbeit zu ermöglichen. Erfolgt bei Privatisierungsvorhaben eine Personalgestellung von einer Gemeinde an ihre hundertprozentige Beteiligungsgesellschaft, so werden diese Voraussetzungen in der Regel nicht vorliegen. Zudem wird hier schon aus steuerlichen Gründen in der Regel eine unentgeltliche Personalgestellung gewählt.
Anders kann dies aber schon bei der Umstrukturierung von kommunalen Beteiligungsgesellschaften sein. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschied etwa in einem Urteil vom 16. Juni 2008, das eine Unternehmensgruppe im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) betraf, sehr restriktiv. Arbeitgeber war eine GmbH, die Personal zu schlechteren Tarifbedingungen als im Konzern üblich einstellte und sodann anderen konzernangehörigen Gesellschaften zur Verfügung stellte. Schon aus der Gesellschaftsform der GmbH schloss das LAG Schleswig-Holstein auf eine gewerbsmäßige Tätigkeit. Ob die Arbeitgeberin selbst mit der Überlassung Gewinne erzielen wolle, sei letztlich nicht entscheidend, da das Gesamtkonstrukt betrachtet werden müsse und eine Gewinnerzielungsabsicht zumindest bei dem Entleiher eindeutig vorlag, so die Richter.
"Es reicht somit nicht aus, die Gestellung kostenneutral zu gestalten, indem dem Vertragsarbeitgeber ausschließlich Löhne und Verwaltungskosten erstattet werden", erläutert Hansen.
Vorsicht sei somit beispielsweise geboten, wenn kommunale Unternehmen, beispielsweise mehrere Stadtwerke-GmbHs, ein gemeinsames Beteiligungsunternehmen gründen und Personal dorthin gestellen. Vorsorglich sollte eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis eingeholt werden, die gerade bei einem öffentlichen Unternehmen in der Regel problemlos erteilt wird.

2. Wann der Arbeitgeber die Personalgestellung nutzen darf
Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer nur mit seiner Zustimmung zu einem Dritten gestellt werden. Dem gestiegenen Bedürfnis nach Personalgestellungen haben allerdings mittlerweile die Tarifvertragsparteien Rechnung getragen. Gemäß § 4 Absatz 3 TVöD können Arbeitnehmer auch ohne ihre ausdrückliche Zustimmung bei einer Aufgabenverlagerung an ein solches Unternehmen gestellt werden.

3. Was bei der Vertragsgestaltung konkret zu beachten ist
Die Arbeitsrechtsexpertin weist darauf hin, dass bei der Vertragsgestaltung oftmals steuerrechtliche Kriterien eine besondere Rolle spielen, während mögliche Konflikte im Anstellungsverhältnis ausgeblendet werden. Bei einer beabsichtigten dauerhaften Gestellung von Personal stelle sich beispielsweise die Frage, wie sich der Dritte von Mitarbeitern trennen kann, wenn betriebliche, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe vorliegen.
"Kündigen kann nur der Arbeitgeber selbst - soll der Dritte, also der neue Arbeitgeber, einen Anspruch auf eine solche Kündigung haben? Oder das Recht, den Arbeitnehmer "zurückzugeben"? Kann der Arbeitnehmer sich dagegen wehren, wenn er nicht zurück möchte? All das sind Fragen, die im Vorfeld bedacht werden sollten", so Hansen.
Ähnliches gilt für Statusveränderungen, also Beförderungen und Gehaltserhöhungen. Hier ist abzuklären, ob diese Maßnahmen einseitig durch das neue Unternehmen ergriffen werden können und welche Auswirkungen es hat, wenn der Mitarbeiter anschließend zum Vertragsarbeitgeber zurückkehrt. Statusveränderungen oder Sonderleistungen, die zwischen privatwirtschaftlichem Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden, können sogar dazu führen, dass zwei parallele Anstellungsverhältnisse entstehen.
Wenn die Gemeinde im Innenverhältnis die Personalkosten trägt, empfiehlt es sich laut der Rechtsanwältin ohnehin dringend, vorzusehen, dass sämtliche vertragsändernden und kostenerhöhenden Maßnahmen untereinander abzustimmen sind.

4. Besondere Regelungen für Beamte
Bei der Gestellung von Beamten ist zu beachten, dass sie die Organisationshoheit des privatwirtschaftlichen Unternehmens einschränken können. Normalerweise entscheidet der private Arbeitgeber frei über Hierarchien und Aufgabenverteilung in seinem Betrieb. Der Beamte hat jedoch Anspruch auf eine Tätigkeit entsprechend seinem Amt. Wenn er an einen Privaten gestellt wird, muss er somit auch dort entsprechend seinem Amt beschäftigt werden. Dieser Anspruch geht dem Organisationsrecht des Dritten vor.
So musste in einem vom Bundesverwaltungsgericht am 25. Oktober 2007 entschiedenen Fall "das private Unternehmen die Position eines leitenden Verwaltungsdirektors aufrechterhalten, um dem Anspruch des Beamten Genüge zu tun".

INFO:
AULINGER Rechtsanwälte ist offizieller Sponsor und Aussteller der 35. Hauptversammlung des Deutschen Städtetags 2009 in Bochum vom 12. bis 14. Mai 2009. Für den fachlichen Dialog stehen die Rechtsanwälte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung am Stand Nr. 2. im Foyer // im Eingangsbereich des RuhrCongress - schräg gegenüber dem Stand der Stadt Bochum - gerne zur Verfügung.