Public Manager
13.05.2008 | Messen

Füllhorn der Ideen von und für Kommunen

Von - weißen DSL-Flecken - auf dem Land bis zur Dachbegrünung in der Stadt, vom demographischen Wandel bis zum nachhaltigen Energiemanagement - es gibt viele Themen, die Bürgermeister und ihre Mitstreiter in Städten und Gemeinden umtreiben.

Keine Kommune gleicht der anderen - allen gemein ist jedoch der Zwang, die oftmals knappen öffentlichen Mittel möglichst effizient einzusetzen. Insgesamt 2.415 Entscheidungsträger nutzten am 6. und 7. Mai auf den Fachmessen Zukunft Kommune und public08 die Gelegenheit, sich über innovative Lösungsansätze und individuelle Gestaltungsspielräume zu informieren und untereinander auszutauschen. 211 Aussteller erwarteten sie in der Landesmesse Stuttgart.

Energieversorger, Netzbetreiber, Banken, Produzenten von Stadtmöbeln, 3-D-Schildern oder Steigtechnik, Anbieter von Waldbestattungen, Illuminationen, Spielplatz-Welten… - auf den Messen Zukunft Kommune und public08 präsentierten Aussteller aus vielen verschiedenen Bereichen die Vielfalt der kommunalen Aufgaben. Gleich zum Auftakt strömten mehr als 400 Bürgermeister aus dem ganzen Land in die moderne Halle - als Schirmherr der Zukunft Kommune hatte der Gemeindetag Baden-Württemberg zum Bürgermeistertag auf die Messe geladen.
In seiner Gastrede vor den Versammelten wandte sich Arbeitgeberpräsident Dr. Dieter Hundt gegen eine allzu starke Reglementierung der Kommunen von Seiten der Regierung.

Für die public08, neue Fachmesse für Stadtplanung und öffentliche Raumgestaltung, übernahmen die Ingenieurkammer, die Architektenkammer sowie der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure BDB Baden-Württemberg die Rolle der "Taufpaten". "Städte und Gemeinden sind Auftraggeber für Architekten und Ingenieure. Hier können sie sich begegnen", erklärte BDB-Präsident Helmut Zenker das Anliegen der Messepartner.

Rainer Wulle, Präsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg, bezeichnete die neue Messe als "hochinteressantes Highlight in einem interessanten Markt."
Kein Ort gleicht dem anderen - das gilt selbst für den demographischen Wandel: "Es gibt Kommunen die wachsen und es gibt welche, die kleiner werden", erklärte Staatsrätin Prof. Dr. Claudia Hübner anlässlich der Freischaltung des Demographie-Spiegel am ersten Messetag.
Vor dem Hintergrund der alternden Gesellschaft müsse sich jede Kommune auf ihre Alleinstellungsmerkmale besinnen. "Baden-Baden entwickelt sich anders als die Universitätsstadt Freiburg", nannte die Staatsrätin ein Beispiel für unterschiedliche Ausgangslagen und Leitbilder.
Mit dem neuen Online-Dienst "Demographie-Spiegel" leiste die Landesregierung jetzt eine bundesweit einzigartige Unterstützung zur richtigen Weichenstellung in den Kommunen. Unter
www.demographie-spiegel.de
erhalten Interessenten Einblick in das demografische Profil ihrer Gemeinde.

Das vom statistischen Landesamt zusammengetragene Zahlenmaterial solle als Orientierungshilfe dienen und nicht etwa Rivalität schüren, betonte die Staatsrätin.
Als "Handreiche, um für eine lebenswerte Umgebung zu sorgen", bezeichnete Dr. Carmina Brenner das neue Angebot. Das Thema dulde keinen Aufschub, warnte die Präsidentin des Statistischen Landesamtes. "Im Jahr 2000 verzeichneten wir eine Trendwende in Baden-Württemberg: Erstmals leben in unserem Land mehr über 60-Jährige als unter 20-Jährige."
In ihrer einzigartigen Position als Staatsrätin für demographischen Wandel und für Senioren will Prof. Hübner dafür sorgen, dass niemand die Entwicklung verschläft. Sie sei als "Wanderpredigerin mit Erweckungscharakter" im Lande unterwegs, charakterisierte sie ihre Tätigkeit, für die es "keine Bedienungsanleitung" gebe. Allerdings begegne sie vor Ort auch einem "Füllhorn von Ideen" für den Umgang mit der alternden Gesellschaft.

"Der demographische Wandel hat längst begonnen", erklärte Harry Brunnet, Vizepräsident des Gemeindetages und Bürgermeister von Hardthausen, in der anschließenden Diskussionsrunde. Die Kommunen stünden bereits im regionalen Wettbewerb zueinander und buhlten mit Arbeitsplätzen, Ausbildungsplätzen und einer familienfreundlichen Struktur um Bewohner. Wichtig für die Zukunft des ländlichen Raums sei aber auch die Versorgung mit Breitbandanschlüssen, ergänzte der Bürgermeister.

"Offliner werden sich in Beruf und Gesellschaft auf Dauer nicht behaupten", bestätigte Friedlinde Gurr-Hirsch die Wichtigkeit der digitalen Vernetzung. Die Staatssekretärin im Ministerium für Ernährung und Ländlicher Raum war zur Preisverleihung des Wettbewerbs InternetDorf/2008 auf die Messe gekommen. An der neunten Ausschreibung hatten sich 67 Gemeinden beteiligt. "Ein beeindruckendes Echo", befand der Leiter der Akademie ländlicher Raum, Dr. Gerhard Faix..
Seit dem Jahr 1999 lobt die Akademie den jährlichen Wettbewerb um den besten Internet-Auftritt von Gemeinden bis zu einer Größe von 20.000 Einwohnern zusammen mit dem Gemeindetag und der Medien- und Filmgesellschaft (MFG) Baden-Württemberg aus.

Der Gewinnerin des Gesamtwettbewerbs, die Gemeinde Bisingen aus dem Zollernalbkreis, überzeugte unter anderem mit einem "freundlichen Empfang, emotionalen Elementen und einer übersichtlichen Navigation" auf ihrer Homepage, so Jury-Mitglied Jörg Rühl (seitenblick interaktive medien) in seiner Laudatio. Auch die Kernpunkte der Barrierefreiheit fänden Berücksichtigung. Highlight sei jedoch die virtuelle Bürgersprechstunde: Website-Besucher können Bürgermeister Joachim Krüger jederzeit Fragen senden, die dieser in maximal drei Tagen beantwortet.

Spezielle Auszeichnungen erhielten die Gemeinde Straubenhardt (Beste Community), die Stadt Schwaigern (Beste Barrierefreiheit), die Gemeinde Oberstenfeld (Innovation des Jahres) und die Gemeinde Dunningen (Bestes kommunales IT- und Medienprojekt).

Warum der ländliche Raum mit schnellen Internet-Anschlüssen unterversorgt ist, veranschaulichte Dr. Theo Wichers. "Es liegt an zwei Gesetzen - dem der Physik und dem des Marktes", so der Leiter Marketing von Alcatel-Lucent Deutschland. Dienstleister sähen schlichtweg keine Rentabilität darin, die letzten fünf Prozent in der Fläche zu adressieren. Auch Funk sei wenig geeignet, um die weißen Flecken in der Landschaft zu tilgen - Kurzwellen reichten nur über geringe Entfernungen und erwiesen sich als störanfällig gegenüber der Witterung. Dem steigenden Breitbandbedarf werde letztlich nur die Glasfaser gerecht. "Das ist aus Sicht der Technologie die richtige, zukunftssichere Lösung."
Das Dilemma der hohen Investitionskosten sei nur durch politische Einflussnahme zu lösen. "Am Gesetz der Physik ist nicht zu rütteln, nur am Gesetz des Marktes", betonte Wichers. Kommunen könnten Netzbetreibern beispielsweise ein besseres Geschäft in Aussicht stellen, wenn sie die Bedarfe im Vorfeld bündelten oder bei Grabungsarbeiten Leerrohre mitverlegten.

Auch Kai Seim (unsernetz.de) empfahl, sich nicht mit Funk-Lösungen zufrieden zu geben, gegen die obendrein oft Vorbehalte in der Bevölkerung bestünden. "Das reicht demnächst schon nicht mehr aus." Leerrohre könnten bereits mit Hilfe von Robotern in Abwasserkanälen verlegt werden, verwies er auf neue technische Lösungen. Auch die öffentliche Hand werde zunehmend auf E-Government umsteigen und alle Verfahren über Internet abwickeln, warnte Seim. Ohne Breitbandanschluss drohe der ländliche Raum von dieser notwendigen Entwicklung, die durch EU-Recht forciert werde, abgehängt zu werden.

Die Versorgung mit schnellen Internet-Anschlüssen könnte auch durch Public Private Partnership (PPP) gelingen, erklärte Dr. Theo Wichers. Dieser wichtigen Variante zur Bereitstellung von Infrastruktureinrichtungen widmete sich die Zukunft Kommune schwerpunktmäßig am zweiten Messetag:
In Zusammenarbeit mit der PPP-Taskforce im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg beleuchteten acht Veranstaltungen in den Praxisforen die Chancen und Risiken dieses Instrumentes, bei dem die öffentliche Hand Privatunternehmen per Ausschreibung mit der Investition und dem Betrieb einer Infrastrukturmaßnahme beauftragt.

"Mit PPP können Kosten bei der Modernisierung der Infrastruktur gespart werden", eröffnete Dr. Hans Freudenberg, Ministerialdirektor im Wirtschaftsministerium, die Veranstaltungsreihe. PPP könne insofern dabei helfen, den weitverbreiteten kommunalen Investitionsstau aufzulösen. Von Vorteil sei die Integration von Investition und Betrieb: Das Privatunternehmen übernehme die unmittelbare Kostenverantwortung für den gesamten Lebenszyklus eines Objekts. PPP sei zudem eine Chance für den Mittelstand, denn bei den Ausschreibungen kämen auch Kooperationen von Mittelständlern zum Zuge.
"Bei öffentlichen Investitionen sollte obligatorisch geprüft werden, ob eine PPP-Variante nicht wirtschaftlicher ausfällt als eine Umsetzung der Vorhabens in Eigenregie", forderte Dr. Freudenberg.
"Es handelt sich um kein Allheilmittel, aber es sollte in die Waagschale geworfen werden", urteilte auch Ralph Bretschneider. Der Geschäftsführer der Econum Unternehmensberatung führte aus, wie die Wirtschaftlichkeit von PPP Projekten geprüft wird.

Kosten sparen können Städte und Gemeinden auch mit gezielten Fördermaßnahmen, so etwa im Bereich der regenerativen Energien. Das zeigte Marissa Walzer von der Kanzlei Sterr-Kölln & Partner. "Der Ölpreis hat sich in den letzten zehn Jahren verfünffacht", gab die Referentin zu bedenken. Wasser-, Wind-, Solar- und Bioenergie seien auf dem Vormarsch, hinzu komme die Geothermie. Ohne das Engagement von Städten und Gemeinden im Bereich erneuerbare Energien sei das Klimaschutz-Paket der Bundesregierung nicht umsetzbar. Kommunen profitierten dabei selbst von neuen Arbeitsplätzen und könnten sich zudem durch ein nachhaltiges Energiemanagement profilieren. Als Beispiel nannte sie die Gemeide Freiamt, die 1997 einen Verein zur Förderung der Windenergie gegründet habe und inzwischen nicht nur energieautark, sondern sogar als Stromexporteur auftrete. Darüber hinaus sei Energietourismus entstanden. "Es gibt einen Blumenstrauß von Fördermöglichkeiten", schloss Marissa Walzer.

Auf viele Fördermöglichkeiten verwies auch Wolfgang Ansel. Der Geschäftsführer des Deutschen Dachgärtner Verbandes hielt ein überzeugendes Plädoyer für die Dachbegrünung. Als Pionier in dieser Hinsicht führte er Stuttgart an, das bereits 1986 ein entsprechendes Förderprogramm aufgelegt habe: In der Innenstadt seien mehr als 300.000 Quadratmeter an Dachflächen begrünt, allein durch die neue Messe kämen noch einmal 60.000 Quadratmeter hinzu. Angesichts der zunehmenden Versiegelung des Bodens, die mit einer steigenden Hochwassergefahr und einer deutlichen Aufheizung der Innenstädte einhergehe, schaffe die Dachbegrünung einen wichtigen Ausgleich.
Doch nicht nur die Wasserrückhaltung und die Verbesserung des Kleinklimas, sondern auch Schallschutz, Energiekosteneinsparungen und eine längere Haltbarkeit der Abdichtung zählten zu den Vorteilen des Dachgartens. Und er sieht auch noch gut aus!" ergänzte Ansel - eine angemessene Pflege vorausgesetzt.
Wenig aufwändig gestalte sich diese bei der sogenannten extensiven Begrünung mit einem Aufbau von nur acht bis zehn Zentimetern. Dachbegrünung sei auch im Ausland gefragt, unterstrich der Redner: "Sie ist ein Exportschlager aus Deutschland."

Die Welt wächst zusehends zusammen. Doch allen globalen Tendenzen zum Trotz steigt die Verbundenheit mit der Heimat. "Der Lokalpatriotismus nimmt zu", bemerkte Friedlinde Gurr-Hirsch in ihrer Ansprache zum Wettbewerb InternetDorf/2008. Die Bürgerbeteilung durch innovative Online-Angebote der Gemeinden könnten das Wir-Gefühl vor Ort stärken.
Als Gegengewicht zur Globalisierung fungiert auch der Dialekt, wie Prof. Dr. Hermann Bausinger in einer Veranstaltung der Muettersproch Gesellschaft und des Vereins für alemannische Sprache erklärte. Emotionen ließen sich in der Mundart besser ausdrücken, so der Professor. Den besten Beweis lieferte Manfred Rommel: Der ehemalige Bürgermeister von Stuttgart unterhielt das Publikum zum Messeausklang mit zahlreichen Anekdoten zum Thema "Schwaben und die Welt".

"Wir freuen uns über den deutlichen Aussteller- und Besucherzuwachs im Vergleich zum kommunalen Gipfel im Jahr 2006. Nach diesem Auftakt sehen wir noch viel Potenzial für das attraktive Messe-Doppel", bilanzierte Projektleiter Florian Klag vom Messeveranstalter spring Messe Management.
Einen Beitrag zur gelungenen Premiere leistete auch die Landesmesse Stuttgart, die Gemeindetags-Präsident Roger Kehle zur Eröffnung des kommunalen Doppelgipfels als "großen Wurf des Architekten" bezeichnete. Als Paradebeispiel deutscher Baukunst bot der moderne Gebäudekomplex insbesondere für die public08 eine ideale Kulisse.
Der nächste kommunale Doppel-Gipfel ist ebendort am 18. und 19. Mai 2010 angesetzt.

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