Deutsches Nachhaltigkeitszertifikat stärkt Bau- und Immobilienwirtschaft
Nachhaltigkeit wird in den nächsten Jahren zu einem Schlüsselfaktor für den Erfolg deutscher Unternehmen.
Um die Bau- und Immobilienwirtschaft in diesem Bereich zu stärken, haben die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) und das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) gemeinsam ein Nachhaltigkeits-Zertifikat für Gebäude entwickelt.
Dreh- und Angelpunkt des für den nationalen und internationalen Markt konzipierten Qualitätslabels ist das Prädikat "Made in Germany". Es erlaubt die umfassende Bewertung von Gebäuden auf wissenschaftlicher Basis und kann weltweit für die unterschiedlichsten Bauwerktypen eingesetzt werden.
International gibt es für die Bewertung der Umweltverträglichkeit - oder, weiter gefasst, der Nachhaltigkeit von Gebäuden - rund zehn Systeme, unter anderem in Großbritannien, Frankreich, Japan und den USA. Zu den bekanntesten zählt das nordamerikanische LEED (Leadership in Energy & Environmental Design), das Gebäude nach einem Punkteschema bewertet. Es legt, wie die anderen Systeme auch, den Schwerpunkt auf Umwelt und Energie.
Hierin unterscheiden sich die Labels grundsätzlich vom deutschen Zertifikat, das über die ökologischen Aspekte des "green building" hinausgeht und - ganz im Sinne der Nachhaltigkeit - ökonomische und soziokulturelle Kriterien gleichwertig einbezieht. Technische und Prozessqualitäten werden ebenso berücksichtigt.
Ein weiterer Vorteil des Zertifikats ist, dass Bauherren und Planer zum Erreichen der Zielvorgaben größere Spielräume haben. Außerdem nimmt es die künftige europäische Gesetzgebung und Normung im Bereich des nachhaltigen Bauens konsequent auf und schafft auf diese Weise Sicherheit für Investoren, Betreiber und Nutzer.
Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik haben in den letzten Monaten gemeinsam die Grundlagen für das deutsche Bewertungssystem entwickelt. Sie haben die Themenfelder des nachhaltigen Bauens definiert sowie entsprechende Kriterien und Anforderungen festgelegt.
Das deutsche System zeichnet sich durch ein hohes Maß an Flexibilität aus. So lässt sich das Zertifikat kontinuierlich an gesellschaftliche, technische und wissenschaftliche Entwicklungen anpassen. Ebenso einfach ist es, Zertifikate für unterschiedliche Gebäudetypen und Nutzungsarten zu entwickeln, etwa für Einkaufszentren, Schulen oder Autobahnbrücken - seien es Neu- oder Bestandsbauten. Das System ermöglicht darüber hinaus eine einfache Anpassung an spezifische Anforderungen anderer Länder weltweit.
Für die Bewertung der Leistungsfähigkeit eines Bauwerkes wurden sechs Themenfelder definiert: - Ökologie - Ökonomie - Soziokulturelle und funktionale Aspekte - Technik - Prozesse - Standort
Das Themenfeld "Ökologie" berücksichtigt die Schonung von Ressourcen sowie den Schutz der natürlichen Umwelt. Hier geht es unter anderem um den Bedarf an Primärenergie und Trinkwasser, um CO2-Emissionen sowie Schad- und Risikostoffe, mit denen ein Bauwerk die Umwelt belastet. Bauherren, Architekten und Planer erhalten übrigens keine Vorgaben, wie sie die Zielwerte erreichen. Stattdessen können sie zur Verfügung stehende Technologien und Konzepte beliebig miteinander kombinieren - entscheidend ist das Erreichen der vorgegebenen Zielwerte.
Bei der "Ökonomie" spielen die Lebenszykluskosten eine tragende Rolle. Besonders wichtig ist hier die transparente Darstellung dieser Kosten. Von einer solchen Offenlegung wird insbesondere die Immobilienwirtschaft profitieren, denn sie erhält ein Instrument, mit dem sie - auf einen Blick - die Betriebs-, Reinigungs- und Instandhaltungskosten eines Gebäudes erfassen kann.
Auch die "soziokulturellen und funktionalen Aspekte" sind für die Immobilienwirtschaft von großem Interesse, denn Nutzerkomfort, Wohn- und Arbeitsgesundheit spielen bei der Vermarktung eine zunehmend größere Rolle. Thermische Behaglichkeit, Frischluftzufuhr, Nutzung von Tageslicht und akustischer Komfort haben in Büro- und Verwaltungsgebäuden einen direkten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Fehlzeiten von Mitarbeitern und schaffen ein positives Umfeld für Kunden.
Im Themenfeld "Technik" wird der bauliche Zustand eines Bauwerkes erfasst. Hier geht es beispielsweise darum, wie reinigungs-, instandhaltungs- und reparaturfreundlich die eingesetzten Materialien und die Baukonstruktion sind oder welche bauphysikalischen Eigenschaften die Gebäudehülle besitzt.
Im Bereich der Prozessqualität werden Konzeption und Realisierung des Bauwerks betrachtet. Unter dem Stichwort "Integrale Planung" wird etwa untersucht, ob und ab wann die beteiligten Fachdisziplinen und Behörden in den Planungsprozess einbezogen werden.
Das Zertifikat berücksichtigt darüber hinaus Standortfaktoren, die positive Wirkungen für Umwelt und Gesellschaft haben, etwa die Anbindung eines Gebäudes an den öffentlichen Personennahverkehr.
Verliehen wird das Nachhaltigkeitszertifikat von der DGNB und dem BMVBS. Architekten und Planer können sich durch eine Zusatzausbildung als Zertifizierer qualifizieren. Sie haben dann die Möglichkeit, Bauherren in allen Fragen des nachhaltigen Bauens zu beraten und in der Planungsphase ein objektspezifisches Pflichtenheft zu erstellen. Dies bildet die Basis für ein so genanntes Vorzertifikat, das der Bauherr frühzeitig für die Vermarktung seines Gebäudes nutzen kann. Das Endzertifikat wird nach der Fertigstellung verliehen.
Derzeit entwickelt die DGNB die Curricula für die Ausbildung derjenigen, die die Zertifizierungen durchführen werden. Ebenso werden Akkreditierungsmöglichkeiten für Prüfer geschaffen.
Alle an Planung, Bau und Betrieb von Gebäuden beteiligten Partner wurden von Anfang an in die Entwicklung des deutschen Nachhaltigkeitszertifikats einbezogen. Diese Gruppe hat ein zukunftsweisendes und anpassungsfähiges System geschaffen, von dem die gesamte deutsche Bau- und Immobilienwirtschaft profitieren kann. Im zweiten Halbjahr 2008 startet die Testphase, in der die ersten Gebäude zertifiziert werden. Die Markteinführung des fertigen Systems ist für Anfang 2009 vorgesehen.
In der ersten Phase stehen neue Büro- und Verwaltungsgebäude im Mittelpunkt. Zertifizierungsregeln für andere Gebäudetypen sowie Bestandsbauten werden direkt im Anschluss folgen.
Weitere Informationen erhalten Sie hier:
Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen DGNB
Stuttgarter Engineering Park / STEP 9
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