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10.07.2008 | Energie

Smart Metering macht Stadtwerke fit für die Zukunft

Der Begriff Smart Metering - geistert schon seit einiger Zeit und mitunter mit nicht wenig Skepsis begleitet durch die Flure der Energiebranche. Spätestens mit der neuen Gesetzeslage zur Liberalisierung des Messwesens bei Strom und Gas hat das Thema nun volle Fahrt aufgenommen.

Dass Energieversorgungsunternehmen (EVU) das Smart Metering jedoch als große Chance nutzen können, sich auf einem immer härter umkämpften Markt wertvolle Kundenanteile zu sichern, zeigt derzeit eine Kongressreihe der EVB Energie AG (EVB).

Der Informationsbedarf über Smart Metering ist groß, schließlich liegt der deutsche Markt im europäischen Vergleich weit zurück: in Italien beispielsweise wurden bereits alle 27 Millionen Stromzähler gegen Smart Meter umgetauscht, in den Niederlanden werden bis 2013 alle 7 Millionen Haushalte mit den intelligenten Zählern für Strom und Gas ausgerüstet sein. Und auch Frankreich, Spanien und Schweden planen den Austausch herkömmlicher Ferraris-Zähler gegen Smart Meter.

Neu: Transparenter Verbrauch
Mit der neuen Messstellenzugangsverordnung vom 6. Juni 2008 ist der Verbraucher gesetzlich berechtigt, von seinem Versorgungsunternehmen eine monatliche, quartalsmäßige oder halbjährliche Energierechnung zu fordern. Der Hintergedanke ist klar: je zeitnaher man über seinen Energieverbrauch informiert ist, desto eher kann man ihn beeinflussen. Erreicht wird diese Transparenz unter anderem durch Smart Meter.
Ingo Tiede, Bereichsleiter Zählermanagement der EVB, stellte im Rahmen der EVB-Kongressreihe dazu die EVB-Middleware METERUS vor, eine Software, die über freie Schnittstellen an die verschiedenen Softwarelandschaften bei Energieversorgern angebunden werden kann. Die Smart Metering-Lösung sendet täglich und monatlich Verrechnungsdaten, kann zum Beispiel die Stromversorgung eines Haushalts fernsperren und freischalten, einzelne Stromanschlüsse in der Leistung begrenzen oder auch Manipulationen am Zähler melden. Für die Energieversorger ist vor allem die Option Fernsperrung und -Freischaltung eine enorme Erleichterung, da sich so der Sperrprozess innerhalb der gesetzlichen Fristen verkürzt. Der Energieversorger bleibt in Zukunft nicht auf seinen Ausständen sitzen und kann Kosten sparen.
Zukünftig soll das METERUS-System auch Spannungsschwankungen melden und Tarifschaltzeiten aus der Ferne ändern.

Kunden endlich langfristig binden
Welche Vorteile Smart Metering noch für die Stadtwerke und ihre Kunden hat, erklärte Tiede am Beispiel von Verbrauchsprofilen, die mit METERUS erstellt werden können: "Mit Smart Metern kann der Verbrauch exakt zugeordnet werden. So haben wir unlängst beispielsweise in einem Haushalt eine permanent laufende Fußbodenheizung im Bad erkennen können, die den Hauseigentümer pro Tag 2 Euro kostete, das waren im Jahr allein 730 Euro Energiekosten fürs Bad. Das betreffende Stadtwerk könnte diesem Kunden seinen Verbrauch und die Einsparmöglichkeit aufgezeigen, wenn die Fußbodenheizung zeitlich richtig eingestellt wird. So spart er jährlich über 700 Euro und ist ein sehr zufriedener Kunde."
Für Tiede ist dieser Fall exemplarisch für die Vorteile, die Stadtwerke künftig gegenüber großen Energieversorgern haben. Stadtwerke sind vor Ort, genießen bei den Verbrauchern in der Regel einen guten Ruf in Sachen Vertrauen - und können mit Smart Metering-Daten nun vor Ort eine optimale Energieberatung durchführen.
"Smart Metering bietet die Möglichkeit, Kunden langfristig zu binden, denn nun können ihnen Tarife angeboten werden, die ganz auf ihr individuelles Verbrauchsverhalten abgestimmt sind", ist sich Tiede sicher.

Erfahrungen mit erfolgreichem Smart Metering
Auch Frank Backowies von der Energieversorgung Oelde GmbH (EVO) ist von den positiven Effekten von Smart Metering für die kleineren Energieversorger überzeugt. "Stadtwerke und Regionalversorger müssen sich auf dem Markt positionieren. Gegen die Preisführerschaft der Branchengrößen und ihrer Billigtöchtern kommen wir nicht an. Also müssen wir den Kunden Qualität bieten und dort die Führung übernehmen. Allein mit Kundencentern vor Ort kommen wir nicht weit", fasste der Geschäftsführer der EVO die Probleme seiner Kollegen auf dem seit zehn Jahren liberalisierten Energiemarkt zusammen. "Unsere Branche hat die Möglichkeiten dieser Technologie noch überhaupt nicht erkannt. Mit Smart Metering kann ein Stadtwerk herausfinden, wofür seine Kunden bereit sind, Geld zu bezahlen. Die Technologie bietet ein tolles Instrument, Risiken zu minimieren, sich besser am Markt zu positionieren und wettbewerbsfähiger zu machen."
Es sei unverständlich, warum sich viele in der Branche gegen Smart Metering wehrten. Die EVO habe in einem Pilotprojekt, das vom Fraunhofer Institut begleitet werde, bereits 300 Smart Meter in ihrem Netzgebiet installiert, mit großem Erfolg.

Produkte mit Mehrwert
Freilich sieht der Ingenieur die hohen Investitionskosten bei der Umstellung auf Smart Metering. Doch da Smart Meter in der Lage wären, das Verbrauchsverhalten exakt wiederzugeben, könnten interessante Zusatzprodukte mit einem Mehrwert für den Kunden entwickelt werden. Zum Beispiel könnten Verbrauchsanomalien den Hausnotruf für ältere Menschen revolutionieren. Genauso könnten die Daten aber auch an Hausgerätehersteller vertrieben werden, um frühzeitig defekte Geräte zu entdecken. Auch beim Einsatz erneuerbarer Energien sieht Backowies nur Vorteile durch das intelligente Zählermanagement: "Warum nicht in die dezentrale Energieerzeugung mit erneuerbaren Energien einsteigen, wenn ich das mit Smart Metering effizient steuern kann?"
Zudem biete Smart Metering endlich die Möglichkeit, die "leidige" Diskussion über Kilowattstundenpreise zu beenden. "Da Strom keine Verpackung hat und kein Produkt zum Anfassen ist, werden wir immer in Erklärungsnot sein, warum ein Strom besser ist als der von anderen Anbietern. Überzeugen kann in dieser Branche nur, wer Produkte mit Mehrwert für den Kunden entwickelt. Produkte, die sexy sind. Und mit Smart Metering können wir endlich sexy Produkte anbieten", fasste Backowies seine positiven Erfahrungen zusammen.

Gelungene Systemintegration
Dass dies nicht alles reine Zukunftsmusik ist, zeigte der Kongress anhand eines Praxisbeispiels der Stadtwerke Norderstedt. Dort ist METERUS schon heute in das ENER:GY-Abrechnungssystem von Wilken integriert. Per Live-Schaltung auf die entsprechende Internetseite wurde gezeigt, wie Kunden in Norderstedt dank Smart Metering ihre Verbrauchsdaten und -profile online und aktuell einsehen können. Die Stadtwerke beraten ihre Kunden in Sachen Verbrauch und Energieeinsparmaßnahmen und können ihnen maßgeschneiderte Tarife anbieten.

Die EVB wird die Kongressreihe im nächsten Jahr mit bis zu acht Veranstaltungen bundesweit fortsetzen. In diesem Jahr findet noch eine weitere Fachtagung zu Smart Metering und der Integration von METERUS in ERP-Systeme statt. Ziel der Veranstaltungen ist, besonders kleinere EVU und Regionalversorger über die rechtliche Situation zur Einführungspflicht von Smart Metering und über die Vorteile dieser Lösung für sie und ihre Kunden zu informieren.
"Wir wollen die Stadtwerke nicht allein lassen, sondern sie partnerschaftlich in diese für sie neue Welt einführen. Im liberalisierten Energiemarkt haben gerade Stadtwerke Schwierigkeiten, sich gegenüber den großen Playern am Markt zu behaupten. Smart Metering kann für sie daher ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. Hier möchten wir unsere Kunden unterstützen", fasste Tiede das Engagement seines Unternehmens zusammen.

Aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen
Am 6. Juni 2008 hat die Bundesregierung die Liberalisierung des Messwesens bei Strom und Gas beschlossen, die mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und der neuen Messstellenzugangsverordnung ab Ende Juli in Kraft treten dürfte. Kernpunkte dieser Verordnungen sind die Einführungspflicht von Smart Meter-Geräten sowie neue Anforderungen an die Transparenz von Energieabrechnungen. Mit der Liberalisierung des Messwesens obliegen Messstellenbetrieb und Messung bei Strom und Gas zwar weiterhin grundsätzlich dem Netzbetreiber, jedoch kann der Anschlussnutzer, also der Endverbraucher, auch einen Dritten damit beauftragen.
In Mietverhältnissen kann demnach zukünftig der Mieter entscheiden, wer den Zähler betreibt und wer ihn abliest. Konsequenz dieser Situation ist die Einführung von Smart Metern, ohne die diese rechtlichen Verpflichtungen nicht oder nicht wirtschaftlich in die Praxis umgesetzt werden können.
Mit der Änderung des EnWG besteht zudem ab 1. Januar 2010 die Pflicht, bei Neubauten und Modernisierung Smart Meter zu verwenden. Ebenso muss ab diesem Stichtag allen Endverbrauchern dieses intelligente Zählermanagement angeboten werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Umstellung auf Smart Meter bis 2016 abgeschlossen sein. Auch bei den Energieabrechnungen haben die Gesetzesänderungen Folgen: so muss der tatsächliche Energieverbrauch auf klare und verständliche Weise angegeben und so häufig abgerechnet werden, dass der Endverbraucher seinen Energieverbrauch beeinflussen kann. Sofern der Kunde es wünscht, ist der Energieversorger zu einer monatlichen, quartalsmäßigen oder halbjährlichen Abrechnung verpflichtet.
Des Weiteren gibt der § 40 des neuen EnWG vor, dass Entgelte für den Messstellenbetrieb und die Messung gesondert auf der Abrechung ausgewiesen werden müssen.

"Smart Metering":
Smart Metering steht für digitales, intelligentes Zählerwesen, das multidirektional Verbrauchsdaten erfassen, speichern, weitergeben und über eingespeiste Befehle selbständig steuern kann. Dafür benutzen so genannte Advanced Metering Managementsysteme (AMM, erweiterte Zählermanagementsysteme) eine Middleware.
Eine Middleware ist eine Software zur Steuerung der intelligenten Zähler, die über freie Schnittstellen mit der bestehenden Softwarelandschaft eines Energieversorgers oder Messstellenbetreibers verbunden werden kann. Der Versorger oder Betreiber kann ohne hohe Investitionen in eine neue Software die Smart Meter steuern.

Über die EVB Energie AG:
Die EVB Energie AG ist ein führender Anbieter von Smart Metering-Lösungen für Energieversorger und Messstellenbetreiber. Als Value Added Reseller von Echelon-Zählern vertreibt die EVB nicht nur ein weltweit am meisten eingesetztes Smart Metering-Produkt, sondern erweitert es auch um Funktionen und Dienstleistungen. Neben dem Bereich Smart Metering bietet die EVB als privat geführtes Unternehmen für Energieversorger auch Dienstleistung im Abrechnungs- und Kundenmanagement sowie in der Automatisierungs- und Energietechnik an.

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