Public Manager
08.12.2008 | Beschaffungspraxis

Urheberrechtler Prof. Dr. Matthias Leistner (Universität Bonn) bestätigt für Stadt Arnsberg Rechtmäßigkeit von Gebraucht-Software

Die Stadt Arnsberg hat die rechtlichen Grundlagen für die kommunale Beschaffung von Gebraucht-Software untersuchen lassen. Anlass ist die Absicht der Stadtverwaltung, den Bedarf an Standard-Software künftig zunehmend über den Software-Gebrauchtmarkt zu decken.

Um rechtliche Risiken auszuschließen, hat der angesehene Urheberrechtler Prof. Dr. Matthias Leistner (Universität Bonn) die Rechtmäßigkeit eines Erwerbs geprüft. Prof. Leistner kommt zu dem Ergebnis, dass der Erwerb von Gebrauchtsoftware eindeutig rechtmäßig ist.
Zitat: "Anbieter von Gebrauchtsoftware sind grundsätzlich in der Lage, bei Beachtung der notwendigen Voraussetzungen Kommunen nutzungsfähige Software zu liefern, ohne dass es dafür einer Zustimmung des Herstellers bedarf."

"Als Kommune müssen wir uns mehr Handlungsmöglichkeiten schaffen, um unsere eigentlichen Aufgaben zu erfüllen", betont Bürgermeister Hans-Josef Vogel. "Für Infrastruktur, Bildung, Soziales und Kultur müssen auch in Zeiten knapper Kassen angemessene Mittel zur Verfügung stehen. Für Software wollen wir daher nicht mehr ausgeben, als unbedingt nötig."

Prof. Dr. Matthias Leistner führt aus, dass auch der Kauf von aus einem Volumenvertrag abgespaltenen Lizenzpaketen rechtlich nicht zu beanstanden sei. Eventuelle vertragliche Weiterveräußerungsverbote oder Zustimmungsvorbehalte zwischen dem Softwarehersteller und dem Ersterwerber stehen, so Prof. Leistner, "der Zulässigkeit des Erwerbs und des Betriebs der Software durch den Zweiterwerber (...) nicht entgegen."
Angebote von Gebraucht-Software-Händlern sind damit auch bei Ausschreibungen von Kommunen oder Behörden zu berücksichtigen. Die Landgerichte in Hamburg und München hatten bereits entschieden, dass Microsoft-Software auch dann gebraucht gehandelt werden darf, wenn einzelne Lizenzen aus Volumenverträgen weiterverkauft werden.

Zum Hintergrund:
Kommunen und andere öffentliche Körperschaften haben vielfältige öffentliche Aufgaben, die sie im Interesse des Gemeinwohls erfüllen. Die meisten öffentlichen Körperschaften engt Sparzwang immer mehr ein. Sie haben daher ein erhebliches Interesse daran, ihre Ausgaben für Hilfsmittel auf das Notwendige zu reduzieren - auch um für sich mehr finanzielle Handlungsmöglichkeiten zu erschließen.
Bei Standardsoftware handelt es sich um ein solches Hilfsmittel, das in Städten und Gemeinden tausendfach zur Datenverarbeitung und Arbeitsunterstützung eingesetzt wird. Gebraucht-Software bietet Kommunen deutliche Einsparmöglichkeiten. Behörden können sich dadurch größere finanzielle Spielräume für die Wahrnehmung ihrer eigentlichen Aufgaben verschaffen. Es liegt daher im Behörden-Interesse, ihren Bedarf an Standard-Software künftig zunehmend über den Software-Gebrauchtmarkt zu decken. Dem wurden Bedenken entgegengebracht. Es wird vorgetragen, der Erwerb gebrauchter Software sei mit Risiken verbunden. Beispielsweise sei zweifelhaft, ob Gebrauchtsoftwarehändler tatsächlich in der Lage sind, der Behörde die benötigte Software zu liefern und ihr das gewünschte Lizenzrecht zu verschaffen. Manchmal wird gefordert, der Hersteller müsse dem Verkauf zustimmen, wozu er nicht immer bereit ist. Das Gutachten von Prof. Leistner schafft hier nun Klarheit und zeigt, dass diese Bedenken und Zustimmungsforderungen unberechtigt sind.

Die Stadt Arnsberg liegt im nördlichen Sauerland (Nordrhein-Westfalen) und hat rund 80.000 Einwohner.