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04.12.2008 | Stadtplanung

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Beatles-Platz Hamburg

Seit dem 11. September 2008 sind die Beatles wieder in Hamburg, jetzt für länger. Im Gedenken an ihre legendären Auftritte im ehemaligen Star-Club wurde ein Monument geschaffen, ganz in der Nähe des historischen Ortes. Skulpturen der - Pilzköpfe - stehen im öffentlichen Straßenraum, dort wo die Große Freiheit auf die Reeperbahn trifft.

Ansicht Beatles-Platz, Große Freiheit (Quelle: Dohse + Stich Architekten)

Beatles-Platz heißt diese Fläche jetzt, ist kreisrund und tagsüber so wenig spektakulär wie das ganze Revier. Wer den Hamburger Stadtteil St. Pauli kennt, weiß, dass das sich mit dem Einbruch der Dunkelheit ändert. Dann locken Leuchtreklamen und wetteifern um die Gunst der Passanten. So auch der neue Beatles-Platz. Der dunkle Belag glänzt im Scheinwerferlicht vorbei fahrender Autos wie das Vinyl einer alten Schallplatte. Und dabei dreht der Platz sich um sich selbst - dem ersten Anschein nach. Tatsächlich ist es ein Lichteffekt, der die Illusion einer rotierenden Scheibe erzeugt.

Die Jungs aus Liverpool starteten in Hamburg ihre beispiellose Karriere. Zu Beginn der 60er-Jahre glänzten die Beatles mit ihren bis zu acht Stunden dauernden Auftritten im "Indra", im "Top Ten" und im legendären "Star-Club". Die Gassen von St. Pauli waren das Zuhause der Band, die mit dem neuen Sound die Herzen der Hamburger im Sturm eroberten. "In Hamburg entwickelten wir unseren Stil", resümierte George Harrison Jahre später.

Stephan Heller von Hamburgs Radiosender Oldie 95 hat sich mit dem Beatles-Platz einen Lebenstraum erfüllt. In seinem Freundeskreis war man sich schnell einig, dass die Namensgebung für eine Straße oder einen Platz alleine in diesem Fall nicht reicht. Es war die Geburtsstunde der Interessengemeinschaft "Beat-City" im Jahr 2001. Dieser Initiativkreis um Stephan Heller, Uriz von Oertzen und Frank Otto rannte bei Hamburgs Stadtverwaltung offene Türen ein, vor allem mit der Ankündigung, für die Gestaltung des Platzes private Geldgeber zu suchen.

Die großen Ideen für ein Monument dem Finanzierungsrahmen anzupassen und gleichzeitig mit Faszination für das Projekt weitere Förderer zu begeistern, dauerte alleine 4 Jahre. 2005 wurde im Architekturwettbewerb die jetzt Wirklichkeit gewordene Idee geboren. Weitere 3 Jahre Planung und Abstimmungen gingen ins Land bis zum 1. Spatenstich am 29. Mai 2008.

Die Bauleitung lag in der Hand von Antje Fock, Bezirksamt Hamburg-Mitte. Gleichzeitig vertrat sie die Bauherrenschaft und koordinierte die verschiedenen Gewerke, kontrollierte die Auftragsvergabe und die Abrechnung mit den Beteiligten. 550.000 Euro wurden investiert, zur Hälfte von der Freien und Hansestadt Hamburg, zur Hälfte von privaten Spendern. "Wir haben auch nach Fertigstellung des Platzes noch alle Hände voll zu tun. Die Änderung des Straßenverkehrs hat uns einen Wald von Schildern beschert, den wir wieder auf ein gesundes Maß reduzieren wollen," konstatiert sie optimistisch.

Das Büro Dohse + Stich Architekten von Carsten Dohse und Franzis Stich war als Sieger aus dem 2005 ausgelobten Wettbewerb hervorgegangen. Sie hatten sich in einem so genannten Gutacher-Verfahren gegen 3 Konkurrenten durchgesetzt. Carsten Dohse: "Wir haben die Herausforderung angenommen, in der atypischen Situation einer Straßenmündung den Platz zu planen. Seine Kontur macht auch vor Gebäudeecken nicht Halt, diese wurden integriert." Die Architekten zeichneten sich bis zur Fertigstellung für die künstlerische Oberbauleitung verantwortlich und entwickelten auch die Details der Skulpturen und des Lichtbandes. "Im Belag des Platzes sind viele Botschaften integriert, unter anderem das zirkulierende Licht."

Der Platz in Form eines Schallplattentellers aus dunklem Basalt hat einen Durchmesser von 29 Metern. In die Rillen zwischen den rutschfest gestockten Basaltplatten wurden Edelstahlbänder eingelassen, darauf sind rund 70 Songtitel der "Fab Four" eingraviert. Am Rand des "Tellers" erzeugen im Boden versenkte quadratische LED-Lampen, die abwechselnd leuchten, den Eindruck eines rotierenden Plattentellers. Das Highlight auf dem Platz sind Skulpturen der berühmten Musiker als Schattenrisse aus Edelstahl. Besucher des Platzes können sich in die Skulpturen hineinstellen und so selbst zum "Beatle" werden.

Für die Detailplanung und Abstimmung der öffentliche Belange kam Ingenieur-Büro Schmeck zum Zuge. Projektleiter Hans-Dieter Junker hat das Bauvorhaben mit seinem Team so vorbereitet, dass nach 7-jähriger Vorplanung in nur 3 Monaten die Ausführung durchgezogen werden konnte. "Ein anspruchsvolles und außergewöhnliches Projekt", erinnert er sich. "Wer ahnt schon, dass die Glasabdeckungen mit Schwerlast befahrbar sein müssen und selbst dann nicht brechen dürfen, wenn durch einen zufällig daliegenden Kieselstein hohe Punktlasten entstehen?" Der Kreisbogen, auf dem diese Lampen liegen, besteht aus polygonal aneinander gesetzten Kastenrinnen, wie sie sonst für Entwässerung genutzt werden. Die Abdeckung der Rinnenelemente wurde aus V2A Tränenblech gefertigt mit je 4 eingelassenen Spezialgläsern, 19 mm stark, die als Rutschhemmung eine keramische Beschichtung haben.

Künstler, Lichttechniker und Verkehrsplaner waren beim Hersteller der Lichtrinnen im Werk, um den Prototyp der Unterflur-Lichtrinne zu testen. Einbau und Belastung wurden auf dem Betriebsgelände simuliert. Trotz des hohen Grades an automatischer Fertigung konnte das Baden-Badener Unternehmen BIRCO-Baustoffwerk GmbH für dieses Hamburger Projekt keine Serienprodukte einsetzen. "Wir sind bei Bedarf eine Manufaktur für Sonderanfertigungen. Die Qualität industrieller Fertigung können wir verbinden mit technischem Know-how und handwerklichem Geschick", sagt voller Stolz Jürgen Hellmann, Betriebsleiter von BIRCO.

In enger Abstimmung mit den Architekten, Beleuchtungsspezialisten und Ausführungsplanern wurden Rinnen aus Gießbeton in Holzschalungen gefertigt, 30 mm hohe Muttern eingelassen für die Befestigung der Edelstahlzargen, rutschsichere Riffelbleche aufgeschraubt, Aussparungen für die Glasabdeckungen hergestellt und die Befestigung der 329 quadratischen LED-Lichtsysteme in den Rinnen vorbereitet. Robert Bader hat die kreisrunde "Lauflichtbeleuchtung" so programmiert, dass Passanten auf dem Platz den Eindruck haben, sie stünden auf einem rotierenden Plattenteller.

Auch nach der gelungenen Einweihungsfeier am 11. September 2008 mit dem Oberbürgermeister der Freien und Hansestadt, Ole von Beust, wird weiter um Spenden geworben. Die Verantwortlichen sind realistisch genug sich vorstellen zu können, dass trotz bestmöglicher Bauweise und trotz Videoüberwachung an so exponierter Stelle im öffentlichen Straßenraum regelmäßige Pflege und Wartung nötig ist. Dazu braucht es ein Budget für die Skulpturen, die Belagsflächen und die Licht-Technik. Bleibt zu hoffen, dass dieses gelungene Projekt einer Public-Private-Partnership dadurch länger hält als die Band der Beatles, deren Ära 1970 nach 10 Jahren schon zu Ende ging.