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02.04.2008 | Stadtplanung

Kommission "Chancen des demographischen Wandels für die Wohnungs- und Städtepolitik" legt Abschlussbericht vor:

Metropolregionen als Wachstumsräume stärken / Schrumpfungsregionen kreativ umbauen

Die unter dem Dach des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. (DV) arbeitende Kommission "Chancen des demographischen Wandels für die Wohnungs- und Städtepolitik hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Im Fokus der Arbeit standen die Fragen, wie die Herausforderungen des demographischen Wandels zu bewältigen sind und welche Rolle die Stadtentwicklung in den kommenden 25 Jahren übernehmen wird. Stadt- und Raumplanern soll der Bericht Orientierungshilfe sein.

Berichtsergebnisse:


1. Metropolräume müssen administrative Grenzen überschreiten und Grundlagen für Innovation und Integration schaffen: Unter den Agglomerationsregionen ragen einzelne Räume als Leistungsträger im Standortwettbewerb heraus. Für diese Gesamtregionen, d.h. für die Städte und deren Umland gemeinsam, müssen jeweils strategische Leitbilder und individuelle "Markenzeichen" entwickelt werden. Auf dieser Basis müssen zielgruppengerechte Wohnungsangebote, leistungsfähige Verkehrsinfrastrukturen, hochwertige Kulturangebote und wettbewerbsfähige Dienstleistungs- sowie Gewerbeimmobilien geschaffen werden. Leistungsträger sind für die Städte zu rekrutieren sowie Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund zu integrieren. Bildungspolitik ist in den Mittelpunkt zu stellen.

2. Raumstrukturelle Unterschiede sind zu akzeptieren: Die Anerkennung von Metropolregionen im Standortwettbewerb bedeutet nicht, "andere" Regionen außer Acht zu lassen. Die polyzentrale Raumstruktur Deutschlands ist eine Stärke, räumliche Differenzierung ist anzuerkennen ohne Chancen abzuschneiden.

3. Handlungsdruck in gleichgerichtetes Handeln übersetzen: Der demographische Wandel ist Trendsetter wie -verstärker. Es öffnet sich ein Zeitfenster, um bisherige Handlungsmuster zu durchbrechen, insbesondere in dem sektorale und räumliche Politiken gebündelt werden.

4. Schlichte Aufforderung zur Kooperation durch gezielte Anreize ersetzen: Antworten auf die Problemstellungen erschöpfen sich bisher in der Forderung eines integrierten Ansatzes. Es bedarf gezielter Bedingungen, die Kooperationen fördern. Sanktionen bei Kooperationsverweigerung müssen erlaubt sein.

5. Renaissance der Stadt fördern: Zielgruppengerechte Angebote für Wohnen, Arbeit und Bildung sind zu konzipieren und umzusetzen. Die Chance der Neuerfindung der Stadt beschränkt sich nicht auf Wachstumsräume.

6. Schutz und Erhalt der Stadtstruktur als Maßstab für Prioritätensetzung in Stadtgebieten: Das "Pfund" der Städte ist eine intakte Struktur. Die finanziellen Spielräume zur "Stadtreparatur" werden enger werden, die Bedeutung langfristig angelegter Planung steigt. In Regionen mit Neubaubedarf ist der Bodenpolitik ein hoher Stellenwert einzuräumen.

7. Bindungswirkung integrierter Konzepte für alle beteiligten Ressorts: Für einen Bewertungsprozess stellen die Erfahrungen mit den Stadtentwicklungskonzepten in den Stadtumbau-Ost Städten eine wertvolle Grundlage dar. Es hat sich die Notwendigkeit gezeigt, die Verbindlichkeit der Konzepte festzuschreiben.

8. Öffentliche Fördermittel bündeln und neue Finanzierungsmodelle erproben: In neuralgischen Quartieren ist ein Flickenteppich aus Programm- und Gebietskulissen entstanden. Es ist notwendig, Fördermittel zur Vielfalt der Probleme zu kombinieren.

9. Private stärker in die Verantwortung für die Quartiersentwicklung einbinden: Bei städtischen Erneuerungsprozessen erfüllt die Öffentliche Hand eine strategische Aufgabenstellung. Neue Strategien werden benötigt; eine Möglichkeit sind Business / Housing Improvement Districts.

10. Vorfahrt für Bestandsentwicklung - integrierte Modernisierungsprogramme: In vielen Regionen wird sich das "wohnungspolitische Mengenproblem" lösen; in den wirtschaftlich prosperierenden Agglomerationsräumen ist auch weiterhin ein Neubaubedarf zu konstatieren. Der Qualifizierung des Bestandes ist Priorität einzuräumen.

11. Chancen für einen Stadtumbau, der barrierearm und energetisch ausgerichtet ist: Die neuen Bedingungen der Klimaentwicklung erfordern Anpassungen in der baulichen und räumlichen Struktur der Städte, die sich mit den demographisch bedingten Anpassungen kombinieren lassen.

12. Leistungsfähigkeit Älterer nutzen: Der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung erfordert eine Neuorientierung in Hinblick auf ihre Leistungsfähigkeit. Dies stellt insbesondere eine Chance für Aufgaben der Stadtentwicklung dar. Hier sind Anreizstrukturen für ehrenamtliches Engagement zu stärken.

Hintergründe
Um den Herausforderungen der Demographieentwicklung, der Globalisierung, der Migration und der innerdeutschen Wanderungsbewegungen begegnen zu können, steht die Stadtentwicklungspolitik in den nächsten 25 Jahren vor den größten Veränderungen seit 50 Jahren. Der Grund für eine neue Stadtentwicklungs- und Strukturpolitik liegt in einer heterogeneren Zukunftsbeschreibung Deutschlands, aber auch in der Vernetzung mit unseren europäischen Nachbarländern.

Antriebskräfte einer vielschichtigeren Entwicklung sind die sich wandelnden demographischen Verhältnisse, unterschiedlichere Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen und diesen zugrunde liegende individuelle Wunschvorstellungen der Bürger. "Deutschland braucht eine Neuorientierung für den Umgang mit der sich weiter ausdifferenzierenden räumlichen Entwicklung. Die Herstellung einer Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen, verstanden als Gleichheit, wird sowohl den staatlichen Leistungsmöglichkeiten als auch der Globalisierung nicht gerecht. Es müssen differenzierte Stadtentwicklungsstrategien umgesetzt werden." Diese Kernforderung stellt Rüdiger Wiechers, der Vorsitzende der Kommission, in den Mittelpunkt der Handlungsempfehlungen.
So ist eine Schwerpunktsetzung zugunsten der Metropolregionen als Träger des Wachstums erforderlich. Und in Wegzugsgebieten muss ein kreativer Umbau mit Perspektiven erfolgen. Dabei ist ein neues Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Akteuren innerhalb vernetzter Planungs- und Umsetzungsstrukturen unabdingbar.

Die Kommissionsmitglieder
Unter der Leitung von Rüdiger Wiechers, Schatzmeister, Deutscher Verband, haben Partner von Bund, Ländern und Gemeinden, der Wohnungs-, Immobilien- und Finanzwirtschaft sowie der Mieter- und Grundbesitzerverbände mitgewirkt. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat die Kommission aktiv begleitet. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch die Technische Universität Berlin, Institut für Stadt- und Raumplanung, unter der Leitung von Frau Professorin Pahl-Weber.

Den Kommissionsbericht erhalten Sie beim Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V., Georgenstraße 21, 10117 Berlin. Tel. 030 - 20 61 32 - 50, Fax. 030 - 20 61 32 - 51, www.deutscherverband. org.

Der Deutsche Verband ist unabhängig und befasst sich mit Grundsatzfragen und Zukunftsperspektiven der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, des Städtebaus und der Raumordnung. Sein Arbeitsbereich umfasst Symposien und Fachgespräche, Arbeitsgruppen und Kommissionen sowie die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Instituten im In- und Ausland. Mitglieder sind u. a. der Bund, die Bundesländer, die wichtigen Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, der Kreditwirtschaft, der Bausparkassen, der Bauwirtschaft und der Architektenverbände sowie die Kommunalen Spitzenverbände.