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10.09.2007 | Abfallsysteme

10-Jahre Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung ASA

Ihr zehnjähriges Jubiläum feierte die Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung (ASA e.V.) am 30. August 2007 mit einer Fachtagung und Jubiläumsfeier in Potsdam. Etwa 150 MBA-Freunde und Mitglieder und Gäste sowie eine Reihe hochrangige Referenten und Experten aus der Abfallwirtschaft und Politik fanden den Wege nach Potsdam.

Die Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung e.V. setzt sich für eine stoffstromspezifische Abfallbehandlung ein. Im Jahre 1997 wurde die ASA von Niedersächsischen Unternehmen gegründet. Mittlerweile sind 90 % der deutschen MBA-Anlagen in der ASA organisiert. In seiner Eröffnungsrede zur Fachtagung betonte der ASA Vorsitzende Thomas Grundmann den Stellenwert, den die mechanisch-biologische Abfallbehandlung inzwischen in Deutschland erreicht hat. Er verwies darauf, dass die Wahl von Brandenburg als Veranstaltungsort für die Jubiläumsfeier der Bedeutung entspricht, die dieses Bundesland in der Geschichte der MBA-Technologie einnimmt. Neben Niedersachsen und NRW war es in erster Linie das brandenburgische Engagement, das die mechanisch-biologische Vorbehandlung über die letzten zehn Jahre massiv unterstützt und zu ihrer positiven Entwicklung beigetragen hat.

Den Zeitraum 1997 bis 2007 betrachtete Professor Dr. Heiko Doedens aus dem Blickwinkel des Insiders und erläuterte die einzelnen Meilensteine der zehnjährigen Entwicklung. Er hob dabei darauf ab, dass die auf Grund vereinzelt aufgetretener Betriebsschwierigkeiten des Öfteren festzustellende Pauschalkritik an der MBA als abfallwirtschaftliche Maßnahme nicht gerechtfertig ist. Professor Doedens reklamierte für die in abfallwirtschaftlichen Dimensionen noch sehr junge Technik der Restabfallbehandlung die gleichen Entwicklungszeiträume wie sie seinerseits für die Müllverbrennung und Kompostierung gewährt wurden. Angekommen in der Gegenwart resümierte er in seinem Bericht "Die MBA-Technik hat ihre Bewährungsprobe bestanden und füllt ihren Anteil von ca. 25% bei der Beseitigung von Siedlungsabfällen verlässlich aus".

Diese Aussage wird bestätigt von einer aktuellen MBA-Studie des Umweltbundesamtes (Ufoplan FKZ 206 33 301) aus 2007 über die Anlagen zur mechanisch-biologischen Behandlung von Restabfall" durchgeführt von WasteConsult. Diese Studie kommt zum Schluss: Die MBA hat sich als geeignete Technik zur Abfallbehandlung entsprechend der gesetzlichen Vorgaben erwiesen.

Rückblick war für den Referenten auch Zeit zum Ausblick und so prognostizierte Professor Doedens eine positive Weiterentwicklung der MBA - auch im europäischen Kontext - und schon für 2008 ausreichende Kapazitäten an speziellen Sekundär-Brennstoff Kraftwerken. Letztere stellen einen kritischen Bereich in der momentanen MBA Entwicklung dar.

Den übergeordneten abfallpolitischen Rahmen für die Veranstaltung spannte Dr. Helge Wendenburg vom Bundesumweltministerium. Gleich in seinem Eingangstatement hob er auf den engen Zusammenhang zwischen Abfallwirtschaft und Klimaschutz ab, der nicht nur in Deutschland sondern auch bei der EU gesehen wird. Recycling bedeutet Ressourcenschonung, Energie aus Abfall spart Öl ein und Vorbehandlung vor der Deponierung vermeidet klimaschädliche Emissionen. Er hob in seinem Vortrag besonders auf die in anstehende Überarbeitung der EU Abfallrahmenrichtlinie und Recyclingstrategie ab. Die zu erwartende fünfstufige Abfallhierarchie und die Betonung auf Vermeidung und stofflicher Verwertung/Recycling, die Einführung des Energieeffizienzkriteriums für die thermische Verwertung dürften einige Auswirkungen auf die Abfallwirtschaft in Europa mit sich bringen. Es steht daher laut Umweltministerium zu erwarten, dass die EU Vorgaben sich in einigen nationalen Regelungen widerspiegeln. Hiervon betroffen sind in erster Linie Deponie-, Bioabfall- und Klärschlammverordnung und insbesondere die aus der Produktverantwortung resultierenden nationalen Regelungen. Herunter gebrochen auf die stoffstromspezifische Abfallbehandlung bedeutet dies, dass Stoffstrommanagement, Energie und Wärmeproduktion aus Abfall sowie die Ausnutzung der Ressourcen neu betrachtet und bewertet werden müssen. Auf für die Zukunft der Deponie sind Auswirkungen zu erwarten.

Die MBA Situation in Niedersachsen fasste Dr. Christian Eberl, Staatssekretär im Niedersächsischen Umweltministerium, zusammen. Nach dem Motto "Abfall ist Rohstoff am falschen Platz" startete die Landesregierung schon früh eine MBA-Initiative. So ist es nicht verwunderlich, dass heute diese Form der Restabfallbehandlung mit mehr als einer Million Jahrestonnen beinahe flächendeckend in Niedersachsen vertreten ist. Mit 44 Prozent der Gesamtkapazität zur Behandlung von Siedlungsabfällen spiegelt sich der hohe Stellenwert der MBA wider. Der Bundesdurchschnitt liegt mit 24 Prozent bei etwa der Hälfte. Mittlerweile arbeiten acht der zehn Anlagen ohne Probleme unter Volllast. Für die Zukunft seht das Ministerium Bedarf im schon angelaufenen Bau von Anlagen zur Verwertung der Ersatzbrennstoffen und für Forschung zum Einbau der Feinfraktion in Deponien.

Den langen Weg von 2000 ungeordneten Deponien zu heute neun Restabfallbehandlungsanlagen (MBA, MBS, MA - Kapazität 1 Million Tonnen) und 14 Restabfalldeponien (fünf ab 2009) in Brandenburg beschrieb Bernhard Remde vom brandenburgischen Umweltministerium. Für die hochkalorische Fraktion bestehen mit fünf Anlagen zur Ersatzbrennstoffaufbereitung ausreichende Kapazitäten. In Brandenburg stehen derzeit Aktivitäten zur Sicherung Verwertung der hochkalorischen Fraktion im Vordergrund. Die vorhandene Kapazität von 700.000 t (1,8 Millionen t in der letzten Ausbaustufe) und eine Kommunikationsplattform FORUM HOCHKALORIK für Produzenten und Verwerter sind ein entscheidender Schritt dazu. Das Ministerium sieht über dieses Gesamtkonzept die langfristige Entsorgungssicherheit in Brandenburg gewährleistet. Nichtsdestotrotz stellt man Handlungsbedarf in der Weiterentwicklung der MBA Technik und Anlagen fest, Hier vor allem in der Stabilisierung der Anlagenbetriebes, der Vermeidung der Emissionen und einer besseren Ressourcen- und Energieeffizienz.

Die europäische Dimension der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung mit 190 Anlagen und 18 Millionen t Anlagenkapazität präsentierte Josef Barth. Für den Experten vom Europäischen Kompostnetzwerk ECN stellt die MBA eine Schlüsseltechnologie für viele Länder dar, die anstehende zweite Stufe der Vorgaben der EU Deponierichtlinie mit der Abscheidung von 50% des organischen Anteils im zu deponierenden Hausmüll termingerecht zu erfüllen. Die von einigen Ländern wie Frankreich und Spanien praktizierte Gesamtmüllkompostierung bewertete der Referent sehr kritisch und sieht keine Zukunft für die landbauliche Verwertung des Müllkompostes aus Gründen des Bodenschutzes und Zertifizierungssystemen in der Nahrungsmittelproduktion. Von Seiten des ECN sieht man einen integrierten Ansatz zur Behandlung der gesamten organischen Abfallströme als zielführend. So könnten Mitgliedsländer mit der MBA etwa in Form einer Tunnelrotte starten und sukzessive mit der Einführung der getrennt Sammlung einzelne Tunnel auf die Biokompostierung umstellen. Der Referent hofft für diesen integrierten Ansatz auf Vorgaben und Ziele der EU Kommission für die Mitgliedsstaaten im Rahmen der Novelle der Abfallrahmenrichtlinie.

Potentiale und Perspektiven der MBA-Technologie war das Thema des Vortrages von Dr. Ketel Ketelsen, Ingenieurbüro iba, Hannover. Bei seiner Bestandsaufnahme konnte er derzeit keine wesentliche Veränderung bei der Anlagenkapazität in Deutschland feststellen. Ein Drittel der Anlagenkapazität und -zahl entfällt bei der biologischen Stufe derzeit auf Vergärungstechnik. Potentiale führte der Referent in erste Linie bei der Betriebsoptimierung in Richtung Metallabscheidung, Durchsatzerhöhung und besserer Ausnutzung der Biostufe an. Auch die Abluftkonzepte bieten laut Dr. Ketelsen erhebliche Potentiale zu Verbesserung wobei die regenerativ thermische Oxidation RTO in Richtung bessere Verfügbarkeit, weniger Korrosion und Wartung im Vordergrund steht. Hier führte er als erhebliches Problem an, dass der Einsatz von RTO in MBAs auf Deutschland beschränkt ist. Die Lieferanten haben daher kein wirtschaftliches Interesse zur technischen Weiterentwicklung, Diese Aufgabe verbleibt daher zum großen Teil bei den Anlagenbetreibern. Auch im Hinblick auf der Verbesserung der Energieausnutzung besteht laut Dr. Ketelsen Handlungsbedarf. Weiterhin erfordert die biologischen Prozessführung und trockenmechanischen Aufbereitung hinsichtlich"Ziel 2020" und die Zeit ohne Siedlungsabfalldeponien eine Anpassung. Ziel und Perspektive für die MBA Anlagen muss es daher sein, die Vorgaben für die Zeit nach 2020 aktiv mitzugestalten.

Die thermische Abluftbehandlung mittels regenerativ thermischerOxidation RTO ist das Sorgenkind im praktischen Betrieb vieler MBAs. Um die Umweltauswirkungen und Effizienz dieser teuren Technik im Vergleich zu Alternativen genauer einordnen zu können, beauftrage die ASA das Institut für Energie und Umweltforschung Heidelberg IFEU mit der Erstellung einer Ökobilanz. Florian Knappe vom IFEU stellte die Studie vor und kam zum Ergebnis aus dem Vergleich mehrer technischer Alternativen zur Abluftbehandlung einschließlich der thermischen Nachverbrennung TNV, dass die RTO nach wie vor eine ökologisch sinnvolle Alternative (insbesondere im Vergleich zur TNV) darstellt - vor allem wenn eine Eigenenergie-Erzeugung damit einher geht.

Die erheblichen Zukunftschancen der Restabfallbehandlung über die Teil- und Vollstromvergärung machte Professor Dr. Klaus Fricke von der TU Braunschweig in seinem Vortrag deutlich. Abfallbehandlung und Energie- bzw. Wärmegewinnung entsprechen allen umweltpolitischen Zielen nach Ressourcen-Schonung und Energiegewinnung. Professor Fricke betonte aber auch, dass in Praxis erheblichen Forschungsbedarf besteht bei dieser für die so unterschiedliche Restabfallzusammensetzungen sehr sensiblen Technologie. Er untermalte dies mit einem europäischen Streifzug durch die gut und weniger gut funktionierende Vergärungsanlagen und Erläuterung von typischen Praxisproblemen.

Über eine Möglichkeit der Oberflächenabdichtung von Deponien mittels MBA-Deponat refertierte Dr. Stefan Melchior von der melchior + wittpohl Ingenieurgesellschaft, Hamburg. In mehreren Versuchsreihen konnte er die praktische, auch langfristige Eignung einer Abdeckschicht aus einer bestimmten Auswahl aus MBA-bürtigen Materialien nachweisen. Eine interessante und kostengünstige Lösung für MBAs, die nach Auskunft des Referenten immer standortspezifisch zu sehen ist.

Dr. Günter Timmer von der BREWA Umwelt-Service GmbH eröffnete die Reihe der Vorträge über die Ersatzbrennstoffverwertung. Im HKW Blumenthal produziert ein modulares rostbefeuertes Monokraftwerk aus 70.000 t EBS die benötigte Energie u.a. für eine Schafwollkämmerei. Nach seinen Betriebserfahrungen können diese kleinen, modularen Kraftwerksanlagen mit Ersatzbrennstoff wirtschaftlich arbeiten. Für dieses Kraftwerk mit 31 MW thermischer Leistung hat sich die Rauchgasreinigung mit Bikarbonat als Absorbens bestens bewährt.

Ein weiteres gelungenes Beispiel der Nutzung der hochkalorischen Fraktion stellte Dr. Norbert Bruhn-Lubin vor. In seinem Erfahrungsbericht zur thermischen Ersatzbrennstoffanlage TEV Neumünster beschrieb er wie dort Transport, Lagerung und Einsatz der Ersatzbrennstoffe praktiziert werden. Eine Wirbelschichtverbrennung verwertet fast 100.000 Tonnen Ersatzbrennstoff zu Strom für 16.000 und Fernwärme für 20.000 Haushalte. Dr. Bruhn-Lubin betonte auch die Klimawirkungen der Anlage mit über einer Viertel Million t eingespartem CO2-Äquivalent und 100.000 t Erdöl pro Jahr.

In kurzen Zügen ging Dr. Karl Hagspiel von der Häussle GmbH, Dornbirn, auf die Entwicklung und Situation in Österreich ein. Ähnlich der ASA wurde dort ein Interessensverband ins Leben gerufen um die MBA als Alternative zur thermischen Behandlung zu etablieren und die Deponieverordnung zu erfüllen. Ähnlich wie in Deutschland hatte man mit dem einen oder anderen nicht ganz praxisgerechten Grenzwert zu kämpfen. Doch auch in Österreich hat sich die MBA Technologie inzwischen als Instrument der Restabfallbehandlung, Energie- und Wertstoffrückgewinnung sowie Ressourcenschonung nachhaltig etabliert. Insbesondere eine echte Zusammenarbeit mit Müllverbrennungsanlagen wirkt sich positiv aus.

Den Abschluss der Fachtagung bildeten die Referate der Präsidenten des VKS im VKU Dr. Rüdiger Sichau und Peter Hoffmeyer vom BDE mit ihren Statements zur MBA Technik. Beide gingen auf die vergangene Periode an Schwierigkeiten ein, ausgelöst durch Engpässe bei der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlagen zum 1.6.2005, auf den bestehenden Optimierungsbedarf insbesondere im Bereich der Abluftbehandlung RTO und auf die Notwendigkeit, die Verwertungswege und Qualität der heizwertreichen Fraktion sicherzustellen. Trotz alle dem zogen sie ein positives Fazit und bezeichnen das stoffstromspezifische Zusammenspiel Mechanisch-Biologische Abfallbehandlung und Müllverbrennung als kommunaler und privater Sicht als Eckpfeiler der modernen Siedlungsabfallentsorgung und Entsorgungswirtschaft. Optimierte MBA-Verfahren haben für den VKS eine große Bedeutung für das Ziel im Jahre 2020 weitgehend ohne Siedlungsabfalldeponien auszukommen. Dies sollte ergänzt werden durch gezieltes Stoffstrommanagement und gemeinschaftlichem Vorgehen der Betreiber von MBAs, MVAs und von Kraftwerken.

Für den BDE sieht Herr Hoffmeyer die Exportchancen dieser Technologie und hofft auf den Ausbau des sogenannten Urban Minings. Letzteres betrachtet den Siedlungsabfall als Mine zum Abbau von Sekundärrohstoffen und Energie - eine Sichtweise, die immer wichtiger wird, je weiter unsere Energie- und Rohstoffpreise steigen.

Historisch ging es auch auf der Abendveranstaltung im Krongut Bornstedt in Potsdam zu. Im renovierten Gutshof exerzierten preußisch zackig in ihren altertümlichen Kostümen die Langen Kerls, wie die großgewachsene Potsdamer Leibgarde des Königs Friedrich Wilhelm I im Volksmund bezeichnet wurde. In gemütlicher Runde beim Abendessen kam in der Ansprache Dr. Dietmar Woitke (Umweltministerium Brandenburg) zum Ausdruck, dass der Beginn der stoffstromspezifischen Abfallbehandlung auf den Anfang des Jahrhunderts zurück reicht. Mit preußischer Gründlichkeit wurde in Berlin im Jahre 1735 die Getrennthaltung der Abfälle verordnet. Aufbauend auf dem geschichtsträchtigen Beginn führte Dr. Woitke als Gastredners des Abends den Bogen in die Neuzeit und lies noch einmal die Entwicklung der MBA/MBS in Brandenburg mit dem bundesdeutschen Kontext Revue passieren. Die Jubiläumsfeier klang am nächsten Tag aus mit der Mitgliederversammlung der ASA, einer Besichtigung der MBA Vorketzin und einer Schifffahrt der Mitglieder und Gäste auf der Havel.

Die Vorträge können von der ASA Internetseite heruntergeladen werden.

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