18. Fachtagung am 14.06.2016 in Northeim: Reinheit für die Biotonne
Auf der diesjährigen Fachtagung des VHE Nord e.V. in Northeim dreht sich alles um die Biotonne; genauer gesagt, was dort hineingehört und was nicht. Denn nur aus „reinen" Bioabfällen kann guter Qualitätskompost werden! Dieser wird vom Kunden nachgefragt und lässt sich gut vermarkten.
Aber es gibt auch allseits bekannte Probleme. Stellen doch hohe Gehalte an Fremdstoffen im Bioabfall viele Kompostwerke gegenwärtig vor großen Herausforderungen: Sie müssen diese Fremdstoffe aufwändig aussortieren. Und doch steigen die Fehlwürfe weiter, immer mehr Plastik, Metalle und sonstiger Müll landet in Biotonnen, obwohl diese Stoffe nichts darin zu suchen haben. Wie lässt sich dieser Missstand mit Beteiligung der zuständigen Gebietskörperschaften beheben? Wie können die Bürger erreicht werden, damit sie in Zukunft sorgfältiger trennen? Diesen zentralen Fragen stellen sich Praktiker und Wissenschaftler, die auf der diesjährigen VHE-Nord Veranstaltung vortragen. „Alle von uns ergriffenen Maßnahmen können das Fremdstoffproblem nur unvollständig lösen. Dabei verursachen die Fehlwürfe immense Kosten", so Referent Clemens Nüske von der Abfallwirtschaftsgesellschaft Landkreis Vechta mbH. Er berichtet darüber, wie der Landkreis Vechta mit den Fremdstoffen umgeht.
Ebenfalls aus Sicht eines Praktikers schildert der Geschäftsführer der AWT-Trittau, Holger Pfau, die Situation in dem Trittauer Kompostwerk, welches die Bioabfälle aus den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg verarbeitet: „Fremdstoffe landen in den Siebüberläufen. Riesige Mengen davon anzuhäufen und teuer entsorgen zu müssen, kann nicht zielführend sein, zumal der Kreislaufgedanke damit konterkariert wird", sieht Pfau das „Ende der Fahnenstange" kommen. Aus diesem Grunde plädiert Pfau für eine genauere gesetzliche Definition. Er schlägt vor, im Rahmen der Novellierung der Bioabfallverordnung einen verbindlichen Wert für Fremdstoffe im Bioabfall zu fixieren.
Anna Fritzsche vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft an der Universität Stuttgart wird in ihrem Tagungsbeitrag einen Überblick über die bunte Vielfalt der Fremdstoffe geben. Außerdem referiert sie über die rechtlichen Rahmenbedingungen für mögliche Lösungsansätze, wie verbindliche Trennvorgaben oder kommunale Ausschreibungspraktiken, die mehr Anreize für mehr Reinheit in der Biotonne geben sollen. Darüber hinaus informiert sie kompakt über das EdDE-Forschungsprojekt „Einflussgrößen auf die getrennte Bioabfallerfassung unter besonderer Berücksichtigung der Fremdstoffe" unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Kranert. „Im Ergebnis stellte sich heraus, dass sich vor allem die Zerkleinerung des Inputmaterinegativ auf die Fremdstoffproblematik auswirkt. Zudem zeigte sich, dass gute Produktqualitäten nur durch enge Verzahnung und gute Kommunikation aller Akteure möglich ist." Daher lautet ihr Appell an Politik und Kompostbranche: Es müssen Methoden entwickelt werden, mit denen die Sortenreinheit von Bioabfall exakt bestimmt werden können.
Auch im Kreis Euskirchen schlägt das dortige Kompostwerk Alarm: Wie anderswo nimmt dort die Qualität in der Biotonne stetig ab. Lothar Mehren von der Abteilung Planung und Umwelt des Kreises Euskirchen wird auf der Jahrestagung die Maßnahmen darlegen, die der Kreis unternommen hat, um die Fremdstoffquote zu senken. Als bestes Mittel, so Mehren, erwies sich der Einsatz eines magnetischen Störstoffdetektors direkt an der Schütte des Abfallwagens. Wenn der Detektor Metalle entdeckt, leert die Abholmannschaft die Biotonne nicht und lässt sie stehen. Parallel dazu intensivierte der Kreis seine Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Biotonne. Dabei bewirkten dauerhafte Kontrolle und mediale Präsenz zugleich, dass die Fehlwürfe tatsächlich weniger wurden und folglich die Entsorgung von Fremdstoffen und Siebüberläufen deutlich abnahm.
Im zweiten Block der Fachtagung tragen drei Referenten dazu vor, welche wichtige Rolle der direkte Dialog mit den Bürgern spielt, damit am Ende nur „reiner Bioabfall" in die Tonnen gelangt.
Unter dem Vortragstitel „ Dein Biomüll wird sauer, trenn richtig" beleuchtet Beatrice Daal von der Entsorgungsgesellschaft Steinfurt mbH die medialen Aktionen ihres Unternehmens, um die Bioabfallqualität zu steigern. Neben der größeren Kontrolle und Änderungen in der Entsorgungssatzung setzen die Steinfurter auf lokale Radiowerbung sowie auf großflächige Werbung auf den Abfallfahrzeugen. Außerdem will man mit dem Thema verstärkt auf Schulen zugehen, um bei den Schülern das Bewusstsein zum Thema Biotonne zu schärfen.
Anke Boisch von der Stadtreinigung Hamburg verrät in ihrem Vortrag, welche Kommunikationsstrategie die Hamburger Stadtreinigung fährt, um die Großstädter zwischen Alster und Elbe auf reinen Bio-Kurs zu bringen.
Zum Abschluss der Vorträge schildert schließlich Djure Meinen, seines Zeichens Experte für Netzkommunikation, welche Möglichkeiten und Chancen die Nutzung von sozialen Medien auch für bessere Bioabfallqualitäten bietet.
Ohne zu viel vorwegzunehmen: Die anschließende Diskussion über Auswege und Konzepte für „mehr Reinheit in der Tonne" wird sicherlich spannend. Denn eines steht schon jetzt fest: Wenn weiterhin so viele Fremdstoffe in den Kompostwerken landen, steht langfristig die Kreislaufwirtschaft mit Bioabfällen auf dem Prüfstand. Hier ist dringender Handlungsbedarf geboten, da mit dem novellierten Kreislaufwirtschaftsgesetz der Ausbau der getrennten Sammlung seit Januar 2015 verbindlich festgeschrieben ist.