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22.01.2018 | Energie, Stadtplanung

Stadtwerke 2030: Zukunftsfähig durch neue Kooperationen und Geschäftsmodelle

PwC-Studie zu kommunalen Energieversorgern: Zukunftsfähigkeit vor allem durch neue Kooperationen / Gesetzgeber muss Hürden senken / Integrierte Wertschöpfungskette und digitale Transformation gegen Regulierungs-, Wettbewerbs- und Renditedruck

Die großen Herausforderungen kommunaler Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Deutschland – mehr Regulierung, fortschreitende Digitalisierung, zunehmender Wettbewerb und sinkende Gewinne – können sie am besten durch neue Kooperationen lösen. Das ist eines der wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie „Stadtwerke 2030“, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) mit Unterstützung des Verbands kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) erstellt hat. Für das umfassende Meinungs- und Stimmungsbild wurden Vorstände, Geschäftsführer und andere Topmanager von 300 kommunalen EVU befragt. Im Fokus standen das aktuelle Marktumfeld sowie strategische Handlungsoptionen.

„Um die Chancen aus der Digitalisierung sowie der Energie- und Verkehrswende zu nutzen, sollten kommunale EVU sich vor allem für Kooperationen öffnen“, sagt Sven-Joachim Otto, mitverantwortlicher Studienautor und Partner bei PwC Legal. „Dafür könnten sich auch bislang branchenfremde Unternehmen eignen, beispielsweise aus den Bereichen Elektromobilität oder Smart Energy.“

Staatliche Lösung in der konventionellen Energieerzeugung erhofft

Die Studie ergab außerdem, dass die befragten Stadtwerke-Topmanager in der konventionellen Energieerzeugung keine aussichtsreiche strategische Option mehr sehen. Dieses Geschäftsfeld wird ihrer Ansicht nach am ehesten von Rückgängen betroffen sein, da hier die Ergebnisse in allen klassischen Wertschöpfungsstufen zunehmend unter Druck geraten. Da Schließungen oder Verkäufe kaum möglich sind, erhoffen mehr als 75% der Befragten eine staatlich regulierte Lösung für die Netz- und Kraftwerksreserve.

Sinkende Netzrenditen gelten als zentrales Risiko

Zwar sehen die Befragten die regenerative Energieversorgung positiver. Doch der intensive Wettbewerb mit Finanzinvestoren und branchenfremden Marktteilnehmern resultiere ebenfalls in nicht mehr ausreichenden Renditen. Dasselbe gilt für den Energiehandel mit seiner steigenden Wettbewerbsintensität, hohen Transparenz und seinem hohen Automatisierungsgrad.

Die Renditen im Vertrieb sind dagegen noch relativ stabil, aber die Digitalisierung und der zunehmende Wettbewerb erhöhen auch hier den Rationalisierungsdruck. Zudem führt die Energiewende zu einer veränderten Netzinfrastruktur. 92% der Befragten sehen aufgrund des politischen Willens, die Verbraucherpreise nicht ansteigen zu lassen, Regulierungsdruck und dadurch sinkende Netzrenditen als zentrales Risiko.

Mehr kommunale Aufgaben bei weniger Quersubventionierung

Negativer Nebeneffekt: Die EVU werden wohl künftig andere kommunale Aufgaben wie den Öffentlichen Personennahverkehr und Freizeitbäder aufgrund der schlechteren Ertragslage weniger quersubventionieren können. Auch dies trägt dazu bei, dass 51% der Studienteilnehmer Rationalisierungsmaßnahmen für zwingend notwendig halten. Dennoch: Da die Kommunen mitunter überlastet und kommunale Energieversorger vielfach auch für Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge zuständig sind, können sich fast 45% der Studienteilnehmer vorstellen, künftig vermehrt kommunale Aufgaben zu übernehmen.

Integrierte Wertschöpfung und verbesserter Kundenservice

82% der Befragten sehen die integrierte Wertschöpfungskette – das heißt die Bündelung der Medien und der Geschäftsfelder Erzeugung, Netz, und Vertrieb – als einen wesentlichen Ansatz, um die Herausforderungen zu meistern. 49% sehen in der Fokussierung auf den reinen Infrastrukturdienstleister rund um die Netze eine sinnvolle strategische Alternative. 48% sehen ihr Unternehmen künftig als (digitalen) Serviceprovider und planen, den Anteil von Dienstleistungen an der Wertschöpfung deutlich zu erhöhen. Für die Kunden der kommunalen EVU hält die Studie eine sehr gute Nachricht bereit: 62% der befragten Topmanager halten es für essentiell, die Kundenservices zu verbessern.

Gesetzgeber sollte Kooperationshürden abbauen

„Neue Geschäftsfelder lassen sich am besten durch Kooperationen erschließen, weil die Partner ihr Know-how, aber auch das Geschäftsrisiko teilen können“, sagt Studien-Co-Autor Henry Otto, Partner und Leiter des Bereichs Utilities und Regulation bei PwC. „Allerdings erweisen sich dabei das Gemeinderecht, dessen unterschiedliche Ausprägungen in den Bundesländern, aber auch andere Regularien, wie beispielsweise die Anreizregulierungsverordnung, zunehmend als Hindernis. Solche muss der Gesetzgeber dringend abbauen.“

Gemeindewirtschaftsrecht ist eine echte Hürde

„Das Gemeindewirtschaftsrecht ist bei Erschließung neuer Geschäftsfelder und dem Aufbau von Kooperationen eine echte Hürde. Dieser Nachteil ist für Stadtwerke gegenüber privaten Anbietern problematisch. Die Digitalisierung verstärkt dieses Problem noch, da von allen Marktteilnehmern Schnelligkeit und Flexibilität gefordert sind. Daher muss es Verbesserungen geben“, unterstreicht Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen e.V. (VKU).

Mit Blick auf die Zukunft sagt Reiche: „Die Energiebranche steht am Anfang eines ambitionierten Weges. Alle Unternehmen, egal ob aus Energieerzeugung, dem Netzbereich oder dem Vertrieb, sind im Veränderungsprozess. Ich bin überzeugt, dass wir mit Digitalisierung und Kooperationsmodellen die richtigen Werkzeuge schon in den Händen halten.“