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12.06.2017 | Energie

Gegen den Trend: Kommunale Energieversorger überraschen mit Gewinnzuwachs

Gewinne legten 2015 im Schnitt um 6,9 Prozent zu, zeigt eine PwC-Analyse der Kennzahlen von 300 deutschen EVUs / Rentabilität steigt auf höchsten Wert seit 2010 / Allerdings nimmt auch die Verschuldung weiter zu / Ausschüttungen und Quersubventionierung anderer Leistungsbereiche zehren an Substanz / EVUs bleiben das Rückgrat vieler kommunaler Konzerne

Die kommunalen Energieversorgungsunternehmen (EVUs) in Deutschland erwirtschaften wieder höhere Gewinne. Im Mittel legten die Ergebnisse vor Abschreibungen (Ebitda) um 6,9 Prozent zu, wie eine Analyse der 2015er-Finanzkennzahlen von 300 EVUs durch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zeigt. Die Rentabilität (Ebitda-Marge) stieg dabei von 13,9 auf 15,0 Prozent. Das bedeutete den besten Wert seit 2010.

Papenstein: „Resultate sind eine positive Überraschung“

„Unter dem Strich bedeuten die Resultate eine positive Überraschung. Denn trotz der vielfältigen Belastungen für die Branche ist es den EVUs gelungen, ihr operatives Kerngeschäft zu stabilisieren oder sogar zu stärken. Wir sehen, dass die EVUs die Herausforderungen inzwischen deutlich offensiver angehen, als das noch vor drei, vier Jahren der Fall war“, sagt Bernd Papenstein, Finanzierungsexperte bei PwC im Bereich öffentlicher Sektor. Trotzdem dürften sich die kommunalen Entscheidungsträger mit den jüngsten Entwicklungen nicht zufriedengeben, so Papenstein: „Ob die Trendwende dauerhaft sein wird, bleibt abzuwarten. Zudem wird wie bisher ein Großteil der Gewinne an den kommunalen Gesellschafter bzw. an die kommunale Konzernmuttergesellschaft abgeführt. Die EVUs profitieren selbst kaum von ihren Ergebnissen.“

Bei vielen Versorgern nehmen die Schulden dennoch weiter zu

Tatsächlich gibt die Lage vieler EVUs trotz der jüngsten Ergebnisentwicklung weiterhin Anlass zur Vorsicht. Angesichts der steigenden Verschuldung liegt der dynamische Verschuldungsgrad – eine der entscheidenden Kennziffern, wenn es um die Beurteilung der längerfristigen Bonität geht – mit 2,3 nämlich sogar etwas höher als noch im Vorjahr. Bei 21 Prozent (Vorjahr: 22,5 Prozent) der untersuchten Versorgungsunternehmen liegt dieser Wert zudem oberhalb der kritischen Grenze von 4,0. Papenstein weiter: „Ein wesentlicher Faktor ist der weiterhin hohe Kreditbedarf bei den EVUs, auch wegen der Ausschüttungen. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt.“ Die Versorgungsunternehmen sollten zudem die aktuell günstigen Finanzierungsbedingungen ausnutzen, um sich fitzumachen für den Fall, dass die Zinsen bald wieder steigen.

Jedes sechste EVU kommt nicht auf 25 Prozent Eigenkapital

Dass die Spreizung der Finanzlagen in der Branche groß ist, zeigen auch andere wichtige Kennziffern. So ist die bilanzielle Eigenkapitalquote im Schnitt der 300 untersuchten EVUs zwar auf 34,4 Prozent gestiegen. Zugleich weist jeder sechste kommunale Energieversorger aber immer noch eine Eigenkapitalquote von zum Teil deutlich unter 25 Prozent aus. Im Schnitt schütteten die EVUs satte 91,9 Prozent ihrer Überschüsse an Ihre Gesellschafter aus. „Das mag zur Finanzierung anderer kommunaler Aufgaben existenziell sein, zehrt aber an der Finanzkraft der Unternehmen“, so Norbert Schwieters, Leiter Energiewirtschaft bei PwC.

Kommunale Konzerne im Schnitt mit deutlich schlechteren Werten

PwC hat im Zuge der aktuellen Untersuchung erstmals auch die Abschlüsse von 75 kommunalen Konzernverbünden analysiert, in die viele EVUs eingegliedert sind. Dabei kam heraus, dass die mittlere Eigenkapitalquote in den Verbünden mit 29,6 Prozent deutlich niedriger ausfällt als bei den klassischen EVUs. Zugleich ist der mittlere dynamische Verschuldungsgrad mit 4,1 signifikant höher. Und: Rund ein Fünftel der Konzerne schrieb 2015 unterm Strich sogar Verluste.

EVUs geben Finanzierungsspielräume an kommunale Konzerne weiter

Wie hoch der Beitrag der EVUs trotz schwächerer Konzernzahlen zum finanziellen Querverbund ist, zeigt vor allem die von PwC vorgenommene Analyse durchschnittlicher Entschuldungsdauern – einem wichtigen Indikator für die Kapitaldienstfähigkeit – auf Cashflow-Basis: Vor Gewinnabführung liegen die EVUs bei einem guten Medianwert von 3,9 Jahren. Nach Gewinnabführung steigt der Wert auf 5,5 Jahre und liegt dann nur noch knapp unter dem der Konzerne, die dafür rund 6,3 Jahre benötigen. Papenstein erklärt: „EVUs geben einen signifikanten Anteil der eigenen Finanzierungsspielräume in den Konzern weiter, was sich in einer Erhöhung ihrer eigenen Entschuldungsdauern niederschlägt. Trotzdem werden EVUs immer noch auf breiter Basis über die traditionellen Kreditmärkte finanziert. Unsere Aufgabe besteht darin, den Konzernen soweit möglich in eine vergleichbare Situation zu verhelfen. Die Entschuldungsdauern sind im Querschnitt nicht so viel schlechter.“

Kommunen müssen alternative Finanzierungsansätze entwickeln

„Das bedeutet nicht, dass die Konzernstruktur grundsätzliche Nachteile mit sich bringt“, sagt Finanzierungsexperte Papenstein. „Allerdings stellen wir bei Projekten oft fest, dass der Strukturierungsbedarf in diesen Fällen besonders hoch ist. Wir erleben immer öfter, dass die Gewinne der EVUs den Kapitalbedarf des Gesamtkonzerns – anders als früher üblich – nicht mehr vollständig decken. Darum müssen die Kommunen alternative Finanzierungsansätze entwickeln, die in ihrer Komplexität über die klassische EVU-Finanzierung hinausgehen.“

Die Studie können Sie auf der Webseite von PwC Deutschland herunterladen (siehe Link).