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27.05.2016 | Krankenhaus

Wie IT-Systeme im Krankenhaus die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflege optimieren

IT kann maßgeblich zu einer optimierten Patientenversorgung beitragen, weil sie die interdisziplinäre Kommunikation wesentlich vereinfacht und alle Berufsgruppen in ihrer täglichen Arbeit am und mit dem Patienten unterstützt. Speziell interdisziplinär anwendbare IT-Systeme sorgen dafür, dass alle für die jeweilige Berufsgruppe relevanten Informationen stets zur Verfügung stehen, schnell ergänzt und ausgetauscht werden können sowie jederzeit aktuell sind. Das sorgt nicht zuletzt für Transparenz rund um alle Abläufe im Rahmen der Patientenversorgung.

Pflege arbeitet am Anschlag

Von diesen Vorteilen hätten auch die Pflegekräfte in der Berliner Charité profitiert. Europas größtes Klinikum stand im Juni 2015 fast still, weil das Pflegepersonal gestreikt hat. Der Grund laut Gewerkschaft ver.di: Die Arbeitsbelastung war unerträglich geworden, das Pflegepersonal hatte 120.000 Überstunden angesammelt. Glaubt man einem Bericht des Deutschlandfunks, ist das lediglich Sinnbild für die Verhältnisse in vielen deutschen Krankenhäusern.1

Auch das Institut für Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft hat in einem Diskussionsbeitrag2 herausgestellt, dass die Situation in der Pflege vieler deutscher Krankenhäuser zunehmend durch Personal- und Zeitknappheit gekennzeichnet sei. Sowohl international vergleichende Analysen des Betreuungsverhältnisses (Patienten pro Pflegekraft) als auch eine Reihe nationaler Erhebungen zur Arbeitsbelastungssituation wiesen auf eine enorme Arbeitsverdichtung in der Pflege hierzulande hin.

Eine Studie von Prof. Dr. Michael Simon3, Hochschule Hannover, aus dem August 2015 unterstreicht das schlechte Abschneiden im internationalen Vergleich. Während in Deutschland auf Normalstationen 100 Patienten von nur zwölf Pflegekräften versorgt würden, seien es in England 22, in der Schweiz 29, in Schweden 32 und in Norwegen sogar 43 Pflegekräfte. Der Pflegedienst deutscher Krankenhäuser sei seit mehr als 20 Jahren unterbesetzt, so Prof. Simon, und auf den Normalstationen fehlten mittlerweile mehr als 100.000 Stellen für Pflegepersonal. Parallel zum Stellenabbau der letzten Jahre und Jahrzehnte steige die Arbeitsbelastung der Pflege vor allem durch wachsende Patientenzahlen, einen zunehmend größeren Anteil älterer und pflegebedürftiger Patienten sowie häufigere Operationen.

Vielfach könnten notwendige pflegerische Leistungen aufgrund von Zeitmangel nicht erbracht werden.2 84 Prozent des Pflegepersonals müssten bei der Arbeit sehr häufig oder oft hetzen. 87 Prozent berichten, dass sie seit Jahren immer mehr in der gleichen Zeit machen müssten.4 Die Prognose des Instituts für Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft: Die demographische Entwicklung bei Patienten und Pflegekräften wird ihren Teil zu einer weiteren Verschärfung der Belastungssituation beitragen.2

Dabei steckt das deutsche Gesundheitswesen in einem Dilemma: Der medizinisch-technische Fortschritt ermöglicht, dass die Menschen immer älter werden. Krankenhauspatienten sind zunehmend multimorbid und leiden vermehrt an demenziellen Erkrankungen. Das erfordert einen höheren Pflegeaufwand. Gleichzeitig verkürzen sich die Liegezeiten, was einen schnelleren Wechsel auf den Stationen bedeutet, verbunden mit einem höheren Dokumentationsaufwand sowie einem aufwändigeren Aufnahme- und Entlassungsmanagement – und zusätzlichen Belastungen für das Pflegepersonal.

IT schafft Effizient, gerade in der Pflege

Mögliche Wege aus dieser Spirale der Negativentwicklungen sind mehr Personal, mehr Zeit für die einzelnen Arbeitsvorgänge und mehr Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten auf Arbeitsabläufe. Ermöglicht wird das zu einem Großteil durch den Einsatz geeigneter IT-Systeme. Die sollten nicht nur die Pflegeprozesse unterstützen, sondern auch die Kommunikation zwischen Pflegekräften, Ärzten, Therapeuten und anderen an der Patientenbehandlung Beteiligten.

Der ZukunftsMonitor „Gesundheit neu denken5, eine repräsentative Befragung durch TNS Emnid für das Bundesministerium für Bildung und Forschung aus dem April 2015, stellt fest, dass IT-Lösungen in der medizinischen Versorgung angekommen sind. In der Pflege allerdings sei die Nutzung noch längst nicht so weit, wie sie sein könnte. Ein Grund: In der Vergangenheit hätten viele Patienten dem Einsatz moderner Technologien in der Pflege eher kritisch gegenübergestanden. Die Befürchtung: Der menschliche Austausch zwischen Gepflegten und Pflegendem leide und die Technik beginne, die Pflege zunehmend zu entmenschlichen. Die Aufgabe von Gesundheitseinrichtungen besteht also nicht nur darin, Prozesse zunehmend zu digitalisieren, sondern auch darin, den Patienten dabei im Fokus zu behalten.

Anders sieht es die Pflege selber. Das unterstreicht eine Umfrage im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) zu Digitalisierung und Technik in der Pflege von Anfang 2015. 6 Sie zeigt eine hohe Akzeptanz der IT bei Pflegekräften. Erwartete Effekte: Zeitgewinn und weniger Dokumentationsaufwand.

 Genau das gewährleistet die interdisziplinäre Dokumentation apenio von atacama | Software. Die Aussage einer Pflegekraft dazu: „apenio erleichtert uns durch die integrierte Fachsprache die Pflege und gibt uns mehr Zeit für das Wesentliche: den Patienten.“

Die umfassende Wissensbasis als integraler Bestandteil der Software – sie macht ausgehend von der Anamnese etwa Vorschläge zu Maßnahmen und Interventionen – ermöglicht eine gezieltere und konzentriertere Pflege. Informationen sind unmittelbar verfügbar und der Tagesablauf kann effizienter geplant werden. Das mündet in eine höhere Qualität der Pflege und unterstützt diese bei der Dokumentation von PKMS, OPS oder PPR. Insgesamt kann der Pflege die IT-Unterstützung also nur helfen6, auch um das Berufsbild attraktiver zu machen. Die verstärkte Einbindung der IT in die Ausbildung sollte den Prozess befördern
können.

IT wirkt über die Abteilung „Pflege“ hinaus

IT unterstützt an dieser Stelle aber nicht nur die Pflegekräfte, sie liefert auch einen Mehrwert für das Management, wie ein Anwender sagt: „apenio liefert die Basisinformationen für gute strategische Entscheidungen, die unsere Zukunft auf sichere Beine stellen“.

Die Software schafft Transparenz für die größte Berufsgruppe im Krankenhaus und sorgt für eine optimale Steuerung sowie Auswertung der Pflegedienstleistungen. Durch die einheitliche Fachsprache werden Leistungen und Ergebnisse vergleichbar. Nicht zuletzt erhöht die umfassende Dokumentation die Rechtssicherheit gegenüber dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Kurz gesagt: Die digitalisierte Patientendokumentation stellt die Zukunft der Einrichtung auf eine stabile Basis und sorgt durch eine höhere Leistungsqualität für Wettbewerbsvorteile.

Das Durchschnittsalter der Patienten ist deutlich gestiegen und die Patienten sind vermehrt multimorbid. Das führt dazu, dass die medizinische Versorgung immer komplexer wird. Folge: Die interdisziplinäre Versorgung gewinnt an Gewicht, was sich auch in der Software widerspiegeln muss, denn nur berufsübergreifende Lösungen sorgen dafür, dass pflegerische Informationen für klinische Entscheidungsprozesse genutzt werden können.

Der aktuelle Report des Picker-Instituts hat eklatante Mängel bezüglich Kommunikation und Informationsverteilung in deutschen Kliniken offenbart. 24 Prozent der etwa 10.000 befragten Pflegekräfte und gar 39 Prozent der 4.000 befragten Ärzte gaben an, dass die Übergaben nicht effizient sind.  

Fast jedem Fünften fehlt der Zugriff auf notwendige Informationen, mehr als 25 Prozent der Pflegekräfte beklagen sich über mangelnde Informationen zu Behandlungen, Entlassungen
oder Verlegungen.

Liest man diese für Gesundheitseinrichtungen potenziell alarmierenden Zahlen, hat man sofort das klassische Bild des hektischen Stationsalltags vor Augen: alle Betten belegt, mehrere Entlassungen und Neueinweisungen jeden Tag, verschiedene Visiten mit unterschiedlichen Ärzten, handschriftliche Notizen mit Verschreibungen, Anordnungen und Werten, die dann nach der Visite in die Fieberkurve jedes Patienten übertragen werden müssen, Stress, weil einige Aufzeichnungen nicht einwandfrei zu lesen sind, zeitaufwändige Rückfragen, dann die Mittagszeit mit Essensausgabe, daneben die ganz normale Betreuung der Patienten, die kontinuierlich versorgt werden müssen, mit geplanten und ungeplanten Interventionen.

Der Pflegeprozess mit IT-Unterstützung

Bei einer papierbasierten Arbeitsweise ist es nachvollziehbar, dass Übergaben als ineffektiv und zeitraubend erlebt werden. Da geht es um den Austausch vieler Beteiligter über die einzelnen Patienten und die Vermittlung aller für deren Pflege und Betreuung wichtigen Informationen. Selbst langgediente Pflegekräfte räumen ein, dass im Alltag Fehler in der Informationsweitergabe nicht ausgeschlossen werden können, etwa dass nicht alle relevanten Informationen weitergeleitet, diese nicht verstanden oder sogar vergessen werden.

Wie kann nun die bereichsübergreifende Kommunikation im Pflegeprozess optimiert werden? Die eingangs aufgeführten Zahlen deuten offensichtlich auf ein grundsätzliches Problem hin: die mangelnde Informationsverfügbarkeit. Patientenversorgung und die damit verbundene Dokumentation ist keine Leistung einzelner Ärzte, Pflegekräfte oder Abteilungen. Vielmehr müssen verschiedene Berufsgruppen – in der Regel Ärzte, Pflegekräfte, Sozialpädagogen, Psychologen, Therapeuten und Seelsorger – zusammenarbeiten und sich abstimmen. Damit ist das A und O der interdisziplinären Versorgung der Austausch aller relevanten Informationen. 70 bis 80 Prozent davon werden im Rahmen der Pflegemaßnahmen erhoben. So wird die Pflegeplanung und -dokumentation zur zentralen Drehscheibe im Behandlungsprozess und zum Ausgangspunkt der Informationsvermittlung.

In die Zukunft planen und handeln

Geschieht das IT-basiert, werden also Anamnese und Interventionen digital hinterlegt, stehen sie automatisch allen berechtigten Beteiligten an der Versorgung eines Patienten auf Knopfdruck zur Verfügung, und zwar jederzeit und stets aktuell. Vor der Visite kann sich der Arzt schnell einen Überblick über den Zustand der ihm Anvertrauten verschaffen, während des Patientenrundgangs werden Anordnungen und Medikationen direkt digital erfasst und nicht erst nachträglich manuell übertragen. Die Software erinnert Pflegekräfte an geplante Interventionen und erleichtert die vollständige Dokumentation. Das trägt nicht nur zu einer besseren Patientenversorgung bei, sondern sorgt durch übersichtliche Datenaufbereitung auch für die Sicherung der Erlöse.

Den konkreten Mehrwert einer interdisziplinären Dokumentation für Ärzte verdeutlicht ein Anwenderzitat: „apenio zeigt einen vollständigen Überblick bzgl. Zustand und Befinden des Patienten, Anordnung für Therapie und Medikation werden sicher umgesetzt!“ Ermöglicht wird das durch den direkten Zugriff auf Patienteninformationen aus der Pflege, eine qualitativ hochwertige Dokumentation des Patientenverlaufs, die optimierte Patientenkurve durch Wissensbasis und umfassende Dokumentation und eine sichere Umsetzung der geplanten Pflegemaßnahmen.

IT kann aber auch in diesem Fall mehr, als den Status quo zu dokumentieren, sie kann helfen, vorausschauend zu handeln. So könnten Gesundheitseinrichtungen ein IT-System in der Pflege etwa zum patientenübergreifenden Screening einsetzen. Basis wären definierte Kriterien bei ganz spezifischen Fragestellungen. Konkrete Szenarien ließen sich bei der Identifikation von Patienten mit einem Risiko auf antibiotikaresistente Keime (MRSA) denken, von Patienten, die für spezielle Behandlungen in Frage kommen, etwa die geriatrische Frührehabilitation, die dem Ernährungs- oder Wundmanagement zugeführt werden sollen oder die unter den Pflegekomplexmaßnahmen-Score fallen.

Ein wichtiges, weil heikles Thema für Gesundheitseinrichtungen ist die Arzneimitteltherapie-Sicherheit (AMTS). Auch hier kann eine Software die Pflegekräfte und Ärzte entlasten. Basis hierfür sind im System hinterlegte Medikamentenlisten, etwa die Gelbe Liste oder Hauslisten. Eine tiefe Integration von Expertensystemen trägt weiter dazu bei, die Sicherheit zu erhöhen, indem sogar Wechselwirkungen und Kontraindikationen angezeigt werden können.

Durch Übersichten, Stelllisten und Insulinschemen erleichtert apenio die Anordnung von Medikamenten. Die Medikation lässt sich nach unterschiedlichen Kriterien filtern, etwa nach Darreichungsform oder Bedarfsmedikamenten. Ein Icon in der Stationsübersicht weist auf neue Anordnungen oder Änderungen in der Medikation hin.

Allgemeine oder spezielle Software?

Um all das zu ermöglichen, bedarf es einer multiprofessionellen digitalen Patientendokumentation. Diese muss der Komplexität der Behandlung und den Informationsbedürfnissen der einzelnen Berufsgruppen gerecht werden. Da die meisten Kliniken mit einem Krankenhaus-Informationssystem (KIS) arbeiten, liegt es nahe, dort die Lösung zu suchen. Die meisten KIS bieten ein entsprechendes Modul für die Pflege. Für das Grundsätzliche reichen die gebotenen Möglichkeiten unter Umständen aus, in der Tiefe sind diesen Funktionalitäten aber Grenzen gesetzt. Die Kardinalfragen bei der Auswahl des richtigen Systems lauten daher: Wie sehr durchdringt das System den individuellen Pflegeprozess im Hause? Können wichtige Parameter wie beispielsweise ATMS oder PKMS abgedeckt werden? Welche Kataloge und Kriterien liegen den Einschätzungen in der Anamnese zugrunde? Sind sie bestenfalls sogar wissenschaftlich fundiert? Wie wichtig ist eine gemeinsame Sprache, also eine Fachsprache, als Basis der Kommunikation?

 Diese Fragen muss jede Einrichtung für sich entscheiden. Fest steht jedoch: Pflegekräfte, Ärzte und das Management haben ein gemeinsames Ziel: eine qualitativ hochwertige Pflege und Behandlung der Patienten zu gewährleisten – modern, sicher und effizient. Eine enge Zusammenarbeit und eine gute Abstimmung in multiprofessionell arbeitenden Teams sind dabei unverzichtbar. Dazu gehört auch, dass jederzeit und überall alle relevanten Informationen über einen Patienten auf Knopfdruck abgerufen werden können. Jeder an der Versorgung Beteiligte kann sich so auf seine Kernkompetenzen konzentrieren und seine Arbeit bestmöglich erledigen. Das trägt entscheidend zum Behandlungserfolg bei, spart Zeit und sichert selbst im hektischen Klinikalltag langfristig die Qualität.

Die wissensbasierte Software apenio bildet die Grundlage für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie unterstützt multiprofessionell arbeitende Teams mit vielen hilfreichen Tools in der täglichen Routine, etwa der digitalen Kurve, der Medikation, sowie einer Pflegeplanung und -dokumentation. Kern ist dabei die eigenständige Pflegefachsprache von apenio, die, basierend auf ICNP, der Referenzterminologie der WHO, von der Universität Bremen erarbeitet wurde. Sie schafft Transparenz im Behandlungsprozess und ermöglicht einen Vergleich von Leistungen und Ergebnissen als Basis für eine effiziente Steuerung. Somit fließen alle aufgeworfenen Fragen bei apenio, der Spezialsoftware für die interdisziplinäre Zusammenarbeit, zusammen.

Quellen:

1. Pflegepersonal der Charité streikt: Deutschlandfunk v. 22.06.2015 (http://www.deutschlandfunk.de/arbeitsbelastung-pflegepersonal-der-charite-streikt.1773.de.html?dram:article_id=323266).

2. Instrumente zur Personalbemessung und -finanzierung in der Krankenhauspflege in Deutschland: Institut für Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft, Diskussionsbeitrag i.A.v. ver.di.

3. Unterbesetzung und Personalmehrbedarf im Pflegedienst der allgemeinen Krankenhäuser: Studie von Prof. Dr. Michael Simon, Hochschule Hannover, Fakultät V – Diakonie, Gesundheit und Soziales aus dem August 2015.

4. Ergebnisse einer Sonderauswertung der bundesweiten Repräsentativumfrage zum DGB-Index Gute Arbeit 2012 von ver.di.

5. ZukunftsMonitor „Gesundheit neu denken“: Repräsentative Befragung durch TNS Emnid für das Bundesministerium für Bildung und Forschung im April 2015.

6. Umfrage zu „Digitalisierung und Technik in der Pflege Anfang 2015: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP).