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25.08.2016 | Museumstechnik

Studie: Berliner Museen verschlafen den digitalen Wandel

Note 4, versetzungsgefährdet – Das ist das Ergebnis der Studie „Museen Digital“ der Agentur TLGG (Torben, Lucie und die gelbe Gefahr). Die Spezialisten für digitale Transformation haben Berlins Museumslandschaft untersucht und sie auf ihre Zukunftsfähigkeit geprüft. Das Ergebnis der Studie ist ernüchternd. Die getesteten Museen – Galerien, Kunstsammlungen, Objektausstellungen – bestanden den Digitalisierungstest nur mit Ach und Krach und der Durchschnittsnote „ausreichend“.

"Ernüchternd“ heißt jedoch nicht „deprimierend“. Auf der Suche nach guten Fallbeispielen wurde die Agentur auch in Berlin fündig. Die Spitzenposition belegt die Berlinische Galerie (Note 2,3), auf den nachfolgenden Plätzen folgen das Deutsche Technikmuseum (ebenfalls Note 2,3) und das Jüdische Museum (2,7). Sie bieten nicht nur aktive Kommunikation und digitale Archive, sondern machen das Netz und die digitalen Möglichkeiten zu konstruktiven Teilen ihrer Ausstellungskonzepte.
 

Die Ergebnisse im Detail


Zwar sind Grundlagen wie die eigene Webseite oder eine aktive Social-Media-Präsenz fast überall erfüllt. Geht es jedoch um Maßnahmen jenseits der Kommunikation, bleiben die Museen analog. So sind zwar 97% der untersuchten Museen mit eigener Webseite im Netz, doch nur bei etwas mehr als einem Drittel von ihnen ist beispielsweise ein Online-Ticketkauf möglich.

Vor Ort hat die digitale Welt nur in geringem Maß Einzug gehalten – vor allem die Möglichkeit, Gäste ihren Besuch aktiv dokumentieren zu lassen, wird kaum genutzt. So werden offizielle Hashtags nur von knapp 19% der Museen kommuniziert, und lediglich die Hälfte der getesteten Institutionen verweist vor Ort auf ihre Social-Media-Kanäle. Eigene Apps – abgesehen von übergreifenden Apps, ohnehin nur für 11,9% der Museen ein Thema – bieten vor allem Grundlagen wie eine kurze Museumsgeschichte, Öffnungszeiten und einen Terminkalender. Lediglich ein Museum, das Deutsche Technikmuseum,  bietet eine virtuelle Tour an. Digitale Sprachführer, exklusiver Content, weiterführende Angebote – Fehlanzeige.

Doch selbst wenn es sie gäbe: Da lediglich 30% der Museen ein eigenes WLAN anbieten, wären Besucher stets auf das unzuverlässige mobile Netz und ihren individuellen Datentarif angewiesen. Vielleicht liegt darin der Grund, weshalb nur jedes zweite Haus auf seine Website sowie auf seine Social-Media-Präsenz verweist.

Vorbilder gibt es genug: Große internationale Institutionen wie das Metropolitan Museum of Art oder die Londoner Tate zeigen, wie man Kultur multimedial vermittelt und seine Besucher einbindet. Sie legen großen Wert auf umfassende Digitalisierungsstrategien, entwickeln multimediale Exponate und verbinden ihre On- und Offline-Kommunikation.
 

Handlungsanweisungen:

 

  • Ein Twitter-Account macht noch keine digitale Transformation. Genau wie Unternehmen, Verlage und Institutionen brauchen auch Museen eine grundsätzliche und umfassende Digital-Strategie.
  • Im Netz top, vor Ort Flop: Museen müssen das digitale Versprechen, das sie auf Social-Media-Plattformen abgeben, auch im direkten Kontakt mit Besuchern einlösen.
  • Weg von Insellösungen: Eine intensive Verschränkung von On- und Offline-Maßnahmen schafft Bindung zu den Besuchern und verstärkt das Markenerlebnis.
  • Größere Kundenfokussiertheit: Museen müssen ihre Besucher stärker einbinden und ihr Angebot an deren Nutzerverhalten anpassen (bspw. durch Online-Terminals, Hashtag-Aktionen oder Twitterwall).
  • Mobile first: Eigene Apps sollten – auch offline – umfassende Informationen bieten. Mobiles Ticketing ist bei vielen anderen Anbietern heutzutage ebenfalls Standard.

 

Studiendesign:

 
Mit mehr als 170 Museen ist die Bundeshauptstadt die museumsreichste Stadt Deutschlands. TLGG, die Agentur für digitale Transformation, hat 40 repräsentative Berliner Museen digital und analog untersucht und sie im Zeitraum von Juni bis Juli 2016 auf ihren Digitalisierungsstand hin getestet. Für die Studie setzten die Berliner Digital-Transformatoren einen Katalog mit 38 verschiedenen Kriterien auf. Für jedes erfüllte Kriterium erhielten die untersuchten Museen einen Punkt, für teilerfüllte Kriterien erhielten sie Teilpunkte. Die individuelle Punktzahl in Relation zum maximal erreichbaren Wert von 38 Punkten führte dann zu einer Schulnote. Die Note 1 hätte es dabei für jene gegeben, die mindestens 90% der Punkte erreicht hatten.
 

Über Torben, Lucie und die gelbe Gefahr


TLGG ist eine Agentur für digitale Transformation, die die strategische Exzellenz einer Unternehmensberatung mit der Kreativität einer Digitalagentur vereint. Am Berliner Standort betreut die Agentur Kunden wie Astra, E.ON, Barmer GEK, Swisscom und Spotify. Geleitet wird die knapp 130-köpfige Agentur vom Geschäftsführer-Trio Christoph Bornschein, Fränzi Kühne und Boontham Temaismithi. Seit Anfang 2015 ist TLGG in Partnerschaft mit den internationalen CRM-Spezialisten RAPP Teil des Omnicom-Netzwerks.