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04.11.2015 | Moderner Staat

Herbsttagung Staatsmodernisierung 2015: Prioritäten und Handlungsempfehlungen

Gemeinsam haben das Nationale E-Government Kompetenzzentrum e.V. (NEGZ) und der Verein für Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration und Technologie e.V. (ISPRAT) am 3. November in Berlin die Herbsttagung Staatsmodernisierung 2015 veranstaltet. 150 hochrangige Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten in der Landesvertretung Baden-Württemberg über aktuelle Herausforderungen des E-Governments, erforderliche Modernisierungsmaßnahmen und konkrete Handlungsempfehlungen. Dabei bildete die Frage, welche Leistungen der Verwaltung Deutschlands Bürger und Wirtschaft am dringendsten als einheitliche Online-Services benötigen, den Schwerpunkt der Herbsttagung.

Bürgern und Wirtschaft müssen gleichermaßen moderne digitale Services zur Verfügung gestellt werden, mahnte Stefan Krebs, CIO von Baden-Württemberg, in seiner Keynote an und verwies insbesondere auf die Bedeutung der elektronischen Kommunikation der Verwaltung mit der Zivilgesellschaft und Unternehmen.

Mit dem Projekt „Top 100 Verwaltungsleistungen“ hatte das NEGZ zu Jahresbeginn ein Ziel der Bundesregierung aus Koalitionsvereinbarung und Digitaler Agenda aufgegriffen, das diese Services für Zivilgesellschaft und Wirtschaft adressiert. In der von Sirko Hunnius (NEGZ) auf der Herbsttagung vorgestellten Studie wurden 100 Verwaltungsleistungen auf Basis ausgewählter Lebenslagen vorgestellt. Diese Top 100 für Bürger wurden nach Effektivitäts- und Effizienzpotenzial sowie Umsetzbarkeit ausgewählt. Die Studie „Top 100 Verwaltungsleistungen“ ist als Kurzfassung auf der Website des NEGZ zum Download erhältlich (siehe Link). 

An diese Ergebnisse schloss sich die Forderung von Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des DIHK, in seiner Keynote an, dass passgenaue und nutzerfreundliche Angebote der Verwaltung für die deutsche Wirtschaft dringend bereitgestellt werden müssen. Dadurch sollen Bürokratiekosten deutlich gesenkt und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen dauerhaft gesichert werden. Das NEGZ führt das Vorhaben „Top 100 Verwaltungsleistungen“ auch für die Zielgruppe der Unternehmen fort und wird in Kürze analog eine priorisierte Liste von 100 Verwaltungsleistungen für die Wirtschaft vorstellen. Parallel hat das NEGZ die Verleihung eines „Top 100-Awards“ in Aussicht gestellt. 

Wie die Bürger dem Staat im digitalen Zeitalter als mündige Bürger entgegentreten können, erörterten die Teilnehmer des Workshops „Digitale Mündigkeit – Voraussetzung oder Ergebnis eines Bürgerkontos?“. Die Ergebnisse der Session fließen in das gerade begonnene ISPRAT-Projekt „Digitale Mündigkeit“ ein, in dem Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt, der Technischen Universität München und der Universität Leipzig interdisziplinär zusammen arbeiten. Das Ziel, wesentliche Elemente von strategischer Führung für vernetzte Politik und Verwaltung in der digitalen Gesellschaft zu identifizieren, verfolgt ISPRAT mit einer Studie, die über die Fokussierung auf einzelne Akteursgruppen Handlungsoptionen für die vernetzte Verwaltung identifiziert. In der Session „Staatsmodernisierung – warum eigentlich?“ wurden die Handlungsempfehlungen der Studie von Entscheidern und Experten für die Veröffentlichung in einem Abschlussbericht einer kritischen Würdigung unterzogen. Weitere interdisziplinäre Forschungsvorhaben von NEGZ, ISPRAT und ihren wissenschaftliche Mitgliedern wurden in einer Postersession vorgestellt. Beim innovationsgetriebenen TechSlam präsentierten Experten mehrere Zukunftstechnologien, die das Potenzial haben, die Verwaltung zukünftig „auf den Kopf zu stellen“.  

Die Vorsitzenden von NEGZ und ISPRAT zogen ein sehr positives Fazit aus der gemeinsamen Veranstaltung. „Diese Herbsttagung hat deutlich gezeigt: Angesichts der grundsätzlichen wie auch aktuell massiven Herausforderungen muss sich die Verwaltung in vielen Lebens- und Geschäftslagen neu aufstellen, um ihre Leistungsfähigkeit dauerhaft zu gewährleisten“, äußerte sich Matthias Kammer. Prof. Dr. Helmut Krcmar ergänzte: „Wir müssen gemeinsam Wege finden, um das Leistungspotenzial der Informations- und Kommunikationstechnologie für die Modernisierung des Staates und des Standorts Deutschland insgesamt zu nutzen und zu stärken. Hierfür wurden uns durch diese Tagung viele gute Gedanken ins Programm geschrieben, die NEGZ und ISPRAT weiter aufgreifen und bearbeiten werden.“ Mit Blick nach vorn sagte Dr. Wilfried Bernhardt: „Wir brauchen dringend eine bessere Koordinierung der vielfältigen Maßnahmen zur Modernisierung und Transformation von Staat und Verwaltung. Unser transdisziplinäres Kompetenzzentrum, das Politik und Verwaltung mit Wissenschaft und Wirtschaft vernetzt, hat sich seit seiner Gründung gut und breit aufgestellt, um hierbei zu unterstützen.“ Dirk Stocksmeier betonte: „Mit den Forschungsprojekten zu den Top 100 Verwaltungsleistungen hat die Wissenschaft einen Impuls der Politik aufgenommen und anhand einer objektiven Methodik die wichtigsten Verwaltungsleistungen ermittelt. Diese Auswahl bietet der Verwaltung jetzt die Grundlage, ein bundesweit einheitliches Online-Angebot für Bürger und Unternehmen umzusetzen. Die Herbsttagung hat gezeigt, dass alle Akteure von Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft bei der Umsetzung an einem Strang ziehen und die notwendigen Projekte auf den Weg bringen wollen. Hiervon kann ein positiver Impuls für die Verwaltungsmodernisierung in Deutschland ausgehen.“  

NEGZ 

Das Nationale E-Government Kompetenzzentrum e.V. (NEGZ) wurde 2013 als gemeinnütziger Verein in Berlin gegründet. Das aus dem Nationalen IT-Gipfel heraus initiierte Kompetenzzentrum versteht sich als Treiber, Koordinator und Innovator der Staats- und Verwaltungsmodernisierung. Hierzu wird die Zusammenarbeit von Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft in Deutschland in neuer Form umgesetzt. Das NEGZ setzt sich zusammen aus mehr als 70 renommierten ExpertInnen und Institutionen dieser drei Akteursgruppen, zu denen CIOs der Bundesländer ebenso gehören wie Entscheider aus der Wirtschaft und hochrangige Experten aus der Wissenschaft. 

ISPRAT 

ISPRAT steht für „Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration und Technologie“. In dem Forschungsnetzwerk arbeiten Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. ISPRAT entwirft für die öffentliche Hand praxistaugliche Strategien und Konzepte für die IT-gestützte Verwaltung. ISPRAT berät Politik und Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen und fördert den nationalen wie internationalen Erfahrungsaustausch zur Staatsmodernisierung. Die als Verein organisierte Forschungskooperation hat derzeit rund 45 Mitglieder aus dem öffentlichen und privaten Sektor.