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20.05.2015 | Energie, Umfragen

Großprojekte-Studie: Offshore-Windparks schneiden mit 20 Prozent Kostenüberschreitung relativ gut ab

Mit durchschnittlich 20 Prozent Kostenüberschreitung stehen Offshore-Windparks im Vergleich zu anderen Großprojekten relativ gut da: Das durchschnittliche Großprojekt in Deutschland wird 73 Prozent teurer als geplant. Das ergibt eine Studie der Hertie School of Governance unter der Leitung von Prof. Dr. Genia Kostka.

Obwohl die Verantwortlichen bei Offshore-Windparks mit einer Reihe von Pionierrisiken zu kämpfen hatten, belegt eine Fallstudie zu acht dieser Projekte deutliche Lerneffekte bei der Planung von Bau und Installation. Allerdings wurde der geplante Ausbau durch Probleme bei der regulierten Netzanbindung mit Zeitverzögerungen von durchschnittlich 13 Monaten pro Park gebremst, was für die Verbraucher eine Kostensteigerung um mehr als 1 Mrd. Euro bis Ende 2014 bedeutete. Schwachpunkt sei vor allem die mangelnde Koordination zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Windparkentwicklern, zu der auch der unsichere politischen Rahmen beitrug, so Niklas Anzinger, Autor der Teilstudie zum Offshore-Ausbau: „Eine bessere Abstimmung, auch mit den Nordsee-Anrainerstaaten, könnte zusätzliche Lerneffekte bringen, so dass die Offshore-Windenergie den gewünschten Beitrag zur Energiewende leisten kann." Mit einem Anteil von 0,3 Prozent an der gesamten Stromerzeugungskapazität war dieses Ziel im Herbst 2014 noch weit entfernt. Bis Ende 2015 wird mit einer Steigerung auf 1,5 bis 2 Prozent gerechnet.

Innerhalb des Energiesektors erlauben die von den Wissenschaftlern ausgewerteten Daten einen Vergleich zum Atomkraftwerkebau in den 1960er bis 1980er Jahren: Die sechs untersuchten Atomkraftwerke wurden mit durchschnittlich 187 Prozent fast dreimal so teuer wie veranschlagt. Lerneffekte im Zeitverlauf konnten nicht festgestellt werden. „Mit einer mittlerweile vergleichsweise standardisierten Technologie und kürzeren Bau- und Installationszeiten sind die Windparks klar besser planbar", sagt Anzinger.

Weitere Informationen

Für die Studie "Großprojekte in Deutschland - zwischen Ambition und Realität" unter der Leitung von Genia Kostka, Professorin für Governance von Energie und Infrastruktur, wurden 170 in Deutschland seit 1960 realisierte Großprojekte erfasst und analysiert, darunter 119 abgeschlossene und 51 noch laufende Projekte. In den Bereichen öffentliche Gebäude, Verkehr, Energie, Rüstung sowie Informations- und Kommunikationstechnologie untersucht die Studie erstmals systematisch geplante und tatsächliche Kosten. Drei detaillierte Fallstudien zum Berliner Großflughafen BER, zur Elbphilharmonie sowie zu Offshore-Windparks ergänzen die Untersuchung. Die Studie wurde mit Unterstützung der Karl Schlecht Stiftung realisiert.

Online (siehe Link) finden Sie sowohl kurze Ergebniszusammenfassungen als auch ausführliche Darstellungen der übergreifenden Studie und der Fallanalysen. Eine wissenschaftliche Buchpublikation befindet sich in Vorbereitung.

Die Hertie School of Governance ist eine staatlich anerkannte, private Hochschule mit Sitz in Berlin. Ihr Ziel ist es, herausragend qualifizierte junge Menschen auf Führungsaufgaben im öffentlichen Bereich, in der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft vorzubereiten. Mit interdisziplinärer Forschung will die Hertie School zudem die Diskussion über moderne Staatlichkeit voranbringen und den Austausch zwischen den Sektoren anregen. Die Hochschule wurde Ende 2003 von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung gegründet und wird seither maßgeblich von ihr getragen.