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05.05.2015 | Energie, Umfragen

Abschluss neuer Finanzierungen wird für Energieunternehmen schwieriger

PwC-Studie untersucht Finanzkennzahlen von Energie- und Versorgungsunternehmen (EVU) für 2013: Rentabilität insgesamt stabilisiert / Kennzahlen jedes vierten EVU erreichen jedoch kritisches Niveau / Ausschüttungsquoten und Brutto-Verschuldung insgesamt gestiegen / Umdenken bei Finanzierung erforderlich.

Die Rentabilität deutscher Energie- und Versorgungsunternehmen hat sich 2013 insgesamt stabilisiert: Die EBITDA-Marge (der Gewinn vor Zinsen, Abschreibungen und Steuern im Verhältnis zum Nettoumsatz) ist von 12,8 Prozent im Jahr 2012 auf 13 Prozent im Jahr 2013 leicht gestiegen. Damit ist der Abwärtstrend der Vorjahre gestoppt – die Marge sank von 15,2 Prozent in 2010 kontinuierlich auf 12,8 Prozent in 2012. Die Finanzkennzahlen der Energieversorger liegen im Jahr 2013 im Branchendurchschnitt innerhalb der Richtwerte, jedoch ist eine deutliche Spreizung erkennbar: Bei einem Viertel der Unternehmen liegen sie bereits im kritischen Bereich. Dies betrifft vor allem den dynamischen Verschuldungsgrad und die Verbindlichkeitenquote.

Die Brutto-Verschuldung hat insgesamt weiter zugenommen, da die nach wie vor hohen notwendigen Investitionen durch die Energiewende und die hohen Ausschüttungen nicht aus den operativen Cashflows gedeckt werden können. Somit verschlechtern sich Bilanzstrukturen sowie die Bonitätsbeurteilungen externer Kapitalgeber und die Finanzierung zukünftiger Investitionen wird schwieriger. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Finanzwirtschaftliche Herausforderungen der Energie- und Versorgungsunternehmen“, in der die 2013er Jahresabschlüsse von 233 Unternehmen (vor allem Stadtwerke) analysiert wurden. Sie setzt auf der Vorgängerstudie auf, die die Abschlüsse von 150 Unternehmen von 2009 bis 2012 untersuchte.

Ein Fünftel der Unternehmen erreicht kritischen Verschuldungsgrad

In der Gesamtbetrachtung der Branche stagniert der dynamische Verschuldungsgrad und lag 2013 bei 2,2 statt bei 2,3 ein Jahr zuvor. Er gibt das Verhältnis von Nettofinanzverschuldung zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) wider und zeigt in der Kreditwürdigkeitsprüfung auf, in welchem Zeitraum Schulden auf Basis der aktuellen Ertragskraft zurückzahlbar sind. Im Jahr 2013 erreichte jedoch noch immer jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) den kritischen Wert von 4,0 und stößt damit bei Finanzierung über den Kredit- und Kapitalmarkt an seine Grenzen, im Jahr 2012 waren es 25 Prozent.

Der Zinsdeckungsgrad verbesserte sich im Jahr 2013 wieder leicht und stieg auf 8,3 Prozent (2012: 8,1 Prozent, 2011: 8,0 Prozent). Er zeigt auf, in welchem Maß die laufenden Finanzierungskosten durch die operative Ertragskraft des Kreditnehmers gedeckt sind. Trotz positiver Marktzinseffekte erreichte knapp ein Viertel der EVU (24 Prozent) nicht das Mindestzielniveau von 5,0.

„Trotz der Stabilisierung der Ertragslage und der leichten Verbesserung der Schuldendeckung nimmt die Finanzierungsfähigkeit der deutschen Energie- und Versorgungsunternehmen weiter ab. Maßnahmen zu deren nachhaltigen Sicherung spiegeln sich zumindest in den Finanzkennzahlen von 2013 insgesamt noch nicht wider“, sagt Bernd Papenstein, Finanzierungsexperte bei PwC im Bereich öffentlicher Sektor.

Ausschüttungspolitik gehört auf den Prüfstand

Die Mehrheit der Energie- und Versorgungsunternehmen (60 Prozent) kann Investitionen nicht aus eigenen Mitteln finanzieren und muss Fremdkapital aufnehmen. Ein entscheidender Grund dafür: Im Jahr 2013 mussten die Unternehmen in der Energie- und Versorgungsbranche wiederum einen hohen Anteil ihrer Gewinne an ihre Gesellschafter ausschütten (92 Prozent). „Die Anteilseigner sollten die Ausschüttungspolitik auf den Prüfstand stellen, wenn sie Stadtwerke nachhaltig ausrichten wollen und sie überlebensfähig bleiben sollen“, betont Bernd Papenstein.

Mit der Energiewende ist der Investitionsbedarf in den vergangenen Jahren stark gestiegen. „Die Unternehmen passen ihre Geschäftsmodelle an und müssen neue Geschäftsfelder und Dienstleistungen entwickeln. Dafür sind enorme Investitionen notwendig“, sagt Norbert Schwieters, Leiter des Bereiches Energiewirtschaft bei PwC. Um diese zu stemmen, greifen die Versorger immer häufiger auf die Fremdfinanzierung zurück, wie die PwC-Studie zeigt. So ist die Verbindlichkeitenquote von 42,8 im Jahr 2012 auf 43,2 Prozent im Jahr 2013 gestiegen. Und dies spiegelt sich auch in der sinkenden Eigenmittelquote wider: Sie ist 2013 im Vergleich zum Vorjahr von 42,0 auf 40,9 Prozent zurückgegangen. „Damit liegen die Energieversorger zwar immer noch deutlich über dem Schnitt vieler Branchen, die Eigenmittelquote gibt jedoch seit 2009 deutlich nach“, betont Schwieters.

In der aktuellen Studie entspricht die Verbindlichkeitenquote dem Verhältnis der Bruttofinanzverschuldung zum Gesamtfinanzierungskapital; sie wird demzufolge nicht von Schwankungen sonstiger Verbindlichkeiten beeinflusst und zeigt deutlich den höheren Anteil der Fremdfinanzierungen.

Umdenken bei Finanzierung notwendig

Künftig sind jedoch nicht nur die Branchenrichtwerte für die einzelnen Finanzkennzahlen maßgebend. Höhere regulatorische Auflagen für Kreditinstitute (Basel III) bei der Vergabe von Krediten, deren selektivere Geschäftsfokussierung sowie höhere Kreditrisiken für die Branche erhöhen die Anforderungen an die Energie- und Versorgungsunternehmen ihre Erlös- und Kostenstruktur zu verbessern.

„Viele Energieversorger müssen bei der Finanzierung umdenken. Sie müssen sich am gesamten Kapitalbedarf orientieren und weniger stark an einzelnen Projekten, wie das in anderen Branchen bereits Standard ist“, rät Papenstein. Gefragt ist eine gute Mischung von kurz-, mittel- und langfristiger Finanzierung, um auch die negativen Folgen einer möglichen Zinserhöhung abzufedern. Unternehmen sollten aber auch Finanzierungsinstrumente wie Schuldscheindarlehen, Forderungsfinanzierungen und Kapitalinstrumente in Erwägung ziehen.

Um die Vergleichbarkeit der Kennzahlen im Zeitablauf herzustellen, wurden in der aktuellen Studie die Kennzahlen der Vorjahre 2011 und 2012 gemäß der größeren Stichprobe von 233 Energie- und Versorgungsunternehmen angepasst.