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09.06.2015 | Stadtplanung

Konjunkturbericht der AWI-Hessen: Wohnungsmärkte am Wendepunkt?

Seit einem knappen Jahr ist die Zahl der Baugenehmigungen rückläufig, obwohl der Bedarf an Wohnraum noch längst nicht gedeckt ist. Denn die Nachfrage nach Wohnungen, vor allem in den Ballungsgebieten, ist anhaltend hoch. Dies sind die zentralen Ergebnisse des diesjährigen AWI-Konjunkturberichts, den die wohnungswirtschaftlichen Verbände Hessens am 9. Juni 2015 in Frankfurt vor Medienvertretern erläuterten. Sie forderten daher eine umgehende Verbesserung der bauwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

AWI-Konjunkturbericht

Peak beim Wohnungsneubau schon überschritten?

Seit 2009 seien die Zahlen der Baugenehmigungen in jedem Jahr gestiegen, mit Raten von bis zu knapp 30 Prozent. Im Jahr 2014 seien sie im Neubaubereich dagegen erstmals wieder leicht rückläufig. „Das ist eine äußert beunruhigende Entwicklung“, sagte Gerald Lipka vom BFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. Und diese scheine sich 2015 noch zu verstärken: Im ersten Quartal hätten die Zahlen um 8 Prozent niedriger als im Vorjahr und um 30 Prozent niedriger als 2013 gelegen. „Angesichts dieser Zahlen müssen wir für das gesamte Jahr 2015 mit einem Rückgang von 9 bis 10 Prozent bei den Baugenehmigungen rechnen“, so Lipka. Zwar seien die Baufertigstellungen nach wie vor auf einem hohen Niveau, dies sei aber ein Nachklappeffekt der hohen Baugenehmigungszahlen der letzten Jahre. „Wenn wir nun den Peak bei der jüngsten Bauaktivität schon wieder überschritten haben, könnten sich einige Wohnungsmärkte in Hessen bald deutlich anspannen“, so Lipka. Denn die Nachfrage, vor allem in den Zentren, sei nach wie vor hoch.

Hoher Nachfragedruck auf Wohnungsmärkte in den Zentren

Dies zeige sich unter anderem in höheren Preisen für Eigenheime und Bauland sowie in sinkenden Leerstandsquoten. „Vor allem in den wachsenden Städten wie Frankfurt und Wiesbaden beobachten wir steigende Kaufpreise bei Grundstücken, Häusern und Wohnungen“, sagte Thorsten Stock vom IVD Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen Region Mitte. Gleichzeitig gehe der Leerstand von Wohnungen zurück. „Die Reserven sind fast aufgebraucht“, so Stock.

Rahmenbedingungen gefährden Wohnungsbau

Wenn die Nachfrage hoch sei, müsse man sich aber fragen, wieso das Angebot zurückgehe. Gerald Lipka hat darauf eine klare Antwort: „Wohnungsbau wird zunehmend unattraktiver. Die Rahmenbedingungen stimmen einfach nicht mehr“. Wie in den Jahren zuvor seien 2014 die Baupreise wieder stärker als die Inflationsrate gestiegen – in den letzten zehn Jahren um insgesamt 23 Prozent. Dies liege vor allem an ständig steigenden Auflagen von Seiten der Politik. „Gleichzeitig wird auch die Steuerschraube kontinuierlich nach oben gedreht“ so Lipka. Alleine 2014 seien die Hebesätze der Grundsteuer B im hessischen Durchschnitt um satte 10,5 Prozent gestiegen.

Die Politik müsse auf allen Ebenen gegensteuern. Im Bund etwa durch eine effektive Arbeit der Baukostensenkungskommission. Aber auch Land und Kommunen müssten dringend handeln, wenn sich der Wohnungsmarkt langfristig positiv entwickeln soll. Thorsten Schmitt vom Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW südwest) sagte: „Unsere Unternehmen wollen bauen. Man darf ihnen nicht immer mehr Steine in den Weg legen“. Die gestiegenen Bauinvestitionen zeigten, dass die Bereitschaft der Wohnungswirtschaft vorhanden sei.

Bislang noch keine übermäßige Steigerung bei den Mieten

Trotz der ständig steigenden Kosten hätten sich die Mieten bislang moderat entwickelt. Die Steigerung der Bruttomieten habe 2014 fast gleichauf mit der Inflationsrate gelegen. Gleichzeitig würden auch die Angebotsmieten in den Zentren kaum noch steigen, weil sie ein Limit erreicht haben. Werner Merkel vom Verband der Immobilienverwalter Hessen (VdIVH) sagte dazu: „Immer höhere Baupreise und Kosten für Grundstücke, weil nicht genug Bauland ausgewiesen wird, können nicht mehr über höhere Mieten refinanziert werden. Der Wohnungsbau rechnet sich dann nicht mehr.“

Dies treffe laut Thorsten Schmitt vor allem den Preisgünstigen Wohnungsbau. Gerade in diesem dringend benötigten Segment sei Neubau nicht mehr wirtschaftlich darstellbar. „Hier muss die Politik endlich gegensteuern!“

Die vier in der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände Hessen (AWI-Hessen) zusammengeschlossenen Verbände bündeln ihre Interessen in wohnungs- und immobilienwirtschaftlichen Fragen. Im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit und bei regelmäßigen Fachveranstaltungen sensibilisiert die AWI-Hessen Öffentlichkeit und Politik für wohnungswirtschaftliche Themen. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sind der BFW Landesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/ Rheinland-Pfalz/ Saarland e.V., der Immobilienverband Deutschland IVD Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen Region Mitte e.V., der Verband der Immobilienverwalter Hessen e.V. sowie der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V.