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10.10.2014 | Abfallwirtschaft

Europapolitik muss wieder mehr Zuspruch erhalten

In der gestrigen Vorstandssitzung des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) ging es vor allem um das Verhältnis der Europäischen Union zu ihren Bürgern und damit zur Kommunalwirtschaft. „Die Europäische Union ist zweifellos ein einmaliges Friedensprojekt, doch die Errungenschaften der EU rücken in der öffentlichen Diskussion immer mehr in den Hintergrund. Das ist gefährlich für die Zustimmung zum ‚Projekt Europa ‘", sagt VKU-Präsident Ivo Gönner.

Dabei markiert das Jahr 2014 die Jährung vieler historisch wichtiger Ereignisse: Dieses Jahr sind es genau 100 Jahre nach Beginn des 1. Weltkriegs, 75 Jahre nach Beginn des 2. Weltkriegs, 35 Jahre nach der ersten Direktwahl des EU-Parlaments, 25 Jahre nach dem Mauerfall in Deutschland und zehn Jahre nach der Osterweiterung der EU. „Und die Europäische Union steht weiter vor großen Herausforderungen: Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist nach wie vor nicht überwunden, die Ukraine-Krise rückt das Fehlen eines funktionierenden EU-Energiebinnenmarktes in ein neues Licht und der designierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat recht, wenn er sagt, dass Europa bei den großen Themen wie der Digitalisierung, den Innovationen oder dem Mangel an natürlichen Ressourcen mehr tun muss. Hier brauchen wir ein starkes Europa", so Gönner. 

Doch genau hier lautet die Frage: Ist sie mit 28 Mitgliedstaaten nach wie vor in der Lage, aussagekräftige Positionen einzunehmen oder blockiert sie sich aktuell mit den unterschiedlichen und teilweise sehr heterogenen Ausgangslagen und Vorstellungen selber?" Beispiel dafür sind die Diskussionen über die Energie- und Klimaziele bis zum Jahr 2030 oder auch die Novelle der europäischen Recyclingziele. Dazu VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck: „ei den Energie- und Klimazielen sind die Mitgliedstaaten voraussichtlich nur in der Lage, sich zum Thema der Emissionsreduktion konkret zu äußern. Bei der Frage nach 2030-Zielen für die erneuerbaren Energien gestaltet sich der Energiemix der Mitgliedstaaten so unterschiedlich, dass die Positionierungen bisher nur sehr vage sind oder nicht mit klaren Verpflichtungen der Mitgliedstaaten verbunden werden können." Das gleiche gelte für die Ressourcenpolitik, so Reck: „war hat die EU-Kommission im Juli vorgeschlagen, bis zum Jahr 2030 70 Prozent der Siedlungsabfälle zu recyceln und ab dem Jahr 2025 die Deponierung recycelbarer Abfälle einzustellen. Schaut man sich aber die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten an, wo über zwei Drittel der Mitgliedstaaten ihren Hausmüll noch komplett oder teilweise deponieren, fragt man sich, ob solche Zielsetzungen realistisch sind."

Beide Beispiele zeigen die großen Unterschiede innerhalb der Mitgliedstaaten auf. Für den VKU-Hauptgeschäftsführer Reck stellt sich deshalb die Frage, „ob Politikgestaltung heute genauso gestaltet werden kann, wie noch vor zehn Jahren mit gut der Hälfte der Mitgliedstaaten und ob eine „one-size fits it all" Gesetzgebung auf EU-Ebene noch sinnvoll ist." Die Diskussion darüber müsse offensiv geführt werden, denn „wenn wir sie nicht führen, muss man sich nicht wundern, dass die Bürger Europas die Zielsetzungen der EU zunehmend als befremdlich empfinden."

„Die Richtung ist daher richtig, sich bei der europäischen Gesetzgebung auf die wirklich wesentlichen Dinge zu konzentrieren", sagt VKU-Präsident Ivo Gönner. Doch auch dort müsse genau analysiert werden, welche Auswirkungen die europäische Gesetzgebung auf die kommunale und regionale Ebene hat. „Denn diese sind die, räumlich gesehen, nächste Ebene am Bürger und daher wichtiger Kommunikator der Europapolitik." Betroffen sei die Kommunalwirtschaft außerdem durch die diversen Freihandelsabkommen und macht sich Gedanken darüber, wie die EU mit den darin auch betroffenen Dienstleistungen der Daseinsvorsorge umgeht.