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07.11.2014 | Moderner Staat, Verwaltungsmodernisierung

Erste Herbsttagung des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums

Am 5. November veranstaltete das Nationale E-Government Kompetenzzentrum e.V. (NEGZ) seine erste Herbsttagung. In der Bayerischen Vertretung in Berlin diskutierten 75 hochrangige Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft über aktuelle Handlungsschwerpunkte, Potenziale sowie Herausforderungen des E-Governments. Ein Schwerpunkt der Diskussionen war die Frage, welchen Beitrag Wirtschaft und Wissenschaft – und damit auch das NEGZ – für die Konkretisierung und Umsetzung der Digitalen Agenda der Bundesregierung leisten können.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete eine Keynote von Prof. Dieter Kempf zur Positionsbestimmung des E-Governments in Deutschland. Der BITKOM-Präsident lobte die von der Bundesregierung vorgelegte Digitale Agenda, mahnte jedoch an, zentrale Handlungsschwerpunkte wie die Einführung der elektronischen Akte auch mit den dafür notwendigen Investitionen zu hinterlegen. Zudem gilt es, die vielfältigen – auch leidvollen – Erfahrungen aus Projekten wie ELENA oder der Einführung des neuen Personalausweises im Rahmen der Umsetzung der Digitalen Agenda unbedingt zu berücksichtigen. Als einen besonders wichtigen zukünftigen Handlungsschwerpunkt bezeichnete Prof. Kempf die Intensivierung der Anstrengungen im Bereich der Standardisierung und Automatisierung unternehmensbezogener Berichtspflichten. Wünschenswert wäre hier ein noch stärker ressortübergreifendes Zusammenwirken der öffentlichen Verwaltung.

Dr. Michael Räckers, Geschäftsführer des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, präsentierte die Ergebnisse einer im Auftrag des Bundesministeriums des Innern erstellten NEGZ-Studie „Potenzialanalyse des E-Government-Gesetzes“. Die Studie liefert zahlreiche Argumente für eine strategische und operative Stärkung des IT-Planungsrates als Voraussetzung für die Erschließung der vielfältigen Effizienz- und Gestaltungspotenziale im Bereich der öffentlichen Verwaltung auf Grundlage einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung, so Dr. Räckers. Im Anschluss an die Vorstellung diskutierten Dr. Wilfried Bernhardt (Freistaat Sachsen), Dr. Karlheinz Stöber (Bundesministerium des Innern) und Johann Hahlen (Normenkontrollrat) im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Dr. Bernhardt unterstrich die durch die E-Government-Gesetze des Bundes und der Länder deutlich verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen für die staatliche Modernisierung durch IKT.

Johann Hahlen, E-Government-Beauftragter des Normenkontrollrates, verwies auf den erst kürzlich erschienenen Jahresberichts des NKR, in dem die Bedeutung von E-Government, aber auch dessen Erfolgsfaktoren noch einmal sehr deutlich formuliert wurden. „E-Government trägt entscheidend zum Abbau von bürokratischen Aufwänden bei. Die Voraussetzung sind nutzerfreundliche und alltagstaugliche E-Government-Angebote. Dies erfordert eine stärkere organisatorische, technische und finanzielle Kooperation zwischen den Fachbereichen und Verwaltungsebenen.“ Hahlen verwies zudem auf die messbaren Ergebnisse solcher Maßnahmen. So sind von den zwischen 2006 und 2013 realisierten Entlastungen in Höhe von insgesamt zwölf Mrd. Euro ca. sechs Mrd. maßgeblich durch E-Government realisiert worden.

„Digitale Transformation der deutschen Verwaltung: Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis“ – unter diesem Titel stellten die drei Vorstandsvorsitzenden des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums, Prof. Dr. Helmut Krcmar (Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsinformatik an der TU München), Staatssekretär Dr. Wilfried Bernhardt und Dirk Stocksmeier (CEO der ]init[ AG), drei strategische NEGZ-Arbeitsfelder vor, mit denen sich das Kompetenzzentrum in den folgenden Jahren vorrangig auseinandersetzen wird.

Zur Verbesserung der Angebote für Bürgerinnen und Bürger müssen in Zukunft noch größere Anstrengungen unternommen werden, um die Potenziale der neuen digitalen Technologien nachhaltig zu nutzen – das war die zentrale Botschaft in einem der drei Fachforen der Herbsttagung. Das von den Teilnehmer diskutierte Spektrum reichte dabei von der verwaltungsübergreifenden Zusammenführung und zeitgemäßen Bereitstellung von Leistungsangeboten auf Basis mobil benutzbarer und personalisierbarer Onlineangebote und Apps, der Entwicklung bzw. Verbesserung von Mechanismen zur schnelleren Verbreiterung bereits bewährter innovativer Lösungen bis zur verwaltungs- und ressortübergreifenden Bündelung von Beteiligungsangeboten mittels innovativer Plattformtechnologien. „Es ist entscheidend, dass wir passgenauere und attraktivere Angebote schaffen, welche die Menschen auch erreichen“, forderte Prof. Dr. Helmut Krcmar, Vorstandsvorsitzender des NEGZ.

„2020 wird die ÖV von Unternehmen als Enabler und hochfunktionales Betriebssystem wahrgenommen. Berichts- und Meldepflichten erfolgen automatisiert, transparent und hochsicher. In Prozessketten von Wirtschaft und Industrie sind Verwaltungsschnittstellen vollständig integriert. Im Jahr 2020 besitzt ‚E-Government made in Germany‘ dieselbe internationale Reputation und weltweite Verbreitung wie deutsche Automarken und Ingenieursleistungen heute.“ So lautete eine vom NEGZ formulierte Vision, welche den Auftakt für ein Fachforum zum Thema Wirtschaft bildete. Aufbauend auf den bisherigen Erfolgen, aber auch angesichts der noch sehr großen Potenziale für den Bürokratieabbau, wird sich das NEGZ in den kommenden Jahren verstärkt um das Thema Standardisierung elektronischer Berichtspflichten kümmern. Derartige Aktivitäten entsprechen auch den Zielen des DIHK, bemerkte Dr. August Ortmeyer, Bereichsleiter für Dienstleistungen, Infrastruktur und Regionalpolitik des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Von den Teilnehmern des Forums kamen konkrete Vorschläge zu möglichen fachlichen Handlungsschwerpunkten, mit denen sich das NEGZ beschäftigen sollte. Genannt wurden u.a. die vorbereitende und verbindliche Bauleitplanung, Genehmigungsprozesse in den Bereichen Hoch- und Tiefbau sowie die Optimierung von Großraum- und Schwerlasttransporten.

„Ein Hightech-Standort braucht auch eine Hightech-Verwaltung.“ In einem dritten Fachforum wurde über den Stand und die Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der Aus- und Weiterbildung in der öffentlichen Verwaltung diskutiert. Hier hat sich das NEGZ vorgenommen in den nächsten Jahren einen konkreten eigenen Beitrag zu leisten. Hinsichtlich Kompetenzentwicklung, Aus- und Weiterbildung sowie beim Wissenstransfer müssen bestehende Lücken geschlossen werden, damit Deutschlands Verwaltung effizienter, effektiver und im Endeffekt auch als Arbeitgeber attraktiver werden kann.

Die Vorsitzenden des NEGZ e.V. zogen eine positive Bilanz ihrer ersten Herbsttagung. Alle Erkenntnisse und Anregungen der Veranstaltung sollen nun in die weitere Arbeit der Arbeitsgruppen des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums einfließen. „Das war eine sehr gelungene Veranstaltung für unser Kompetenzzentrum“, freut sich Dr. Wilfried Bernhardt, CIO von Sachsen und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des NEGZ. „Ich wünsche mir sehr, dass der innovative Spirit der Herbsttagung und die konstruktiven Gedanken dieses Tages in die weitere Arbeit zur Modernisierung von Staat und Verwaltung überführt werden.“

Am 2. Dezember 2014 veranstaltet das Nationale E-Government Kompetenzzentrum e.V. seine Mitgliederversammlung in Berlin. Eine breite Beteiligung weiterer Akteure aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft wird vom NEGZ explizit begrüßt.