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14.11.2014 | Allgemeine Meldungen, Verkehrsmanagement

BME: Ruf der Bahn als zuverlässiges Transportmittel ist gefährdet

„Das seit dem letzten Streik im Sommer 2007 mühsam wieder aufgebaute Image der Bahn als zuverlässiges Verkehrsmittel für Gütertransporte erhält durch die harten Streikaktionen der vergangenen Wochen einen enormen Rückschlag. Der Ansehensverlust bei den Verladern droht auf lange Sicht noch größer zu werden als die direkten wirtschaftlichen Beeinträchtigungen“, betont Gunnar Gburek, Bereichsleiter Logistik beim Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) in Frankfurt.

Der Ruf der Bahn als zuverlässiges Transportmittel befinde sich damit in akuter Gefahr, wenn er nicht sogar schon irreparabel beschädigt wurde. Die besten Chancen, bei einem erneuten Arbeitskampf weitestgehend ungeschoren davonzukommen, haben laut Gburek die Großverlader. „Wer mittelgroße oder kleine Aufkommen auf der Schiene hat, bleibt dann im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. Es ist mehr als fraglich, ob er nach dieser Erfahrung weitere Transporte auf die Schiene verlagern wird. Im Zweifelsfalle wird er sein Engagement sogar zurückfahren“, fügte der BME-Logistik-Experte hinzu.

„Lokführer und Piloten müssen sich ihrer Verantwortung für die Güterversorgung bewusst sein“, mahnt Gburek die Gewerkschaften zu umsichtigen Entscheidungen. „Wir wollen niemand sein Streikrecht absprechen, aber die Grundversorgung mit Rohstoffen oder wichtigen Ersatzteilen muss gewährleistet bleiben“, fordert Gburek. Von einem längerfristigen Ausfall im Schienengüterverkehr wären seiner Ansicht nach vor allem die Montanindustrie sowie die rohstoffabhängigen Branchen Chemie, Bau und Agrar betroffen. Bei Ausständen der Piloten hingegen seien es vor allem eilige Güter, die liegen blieben und im Härtefall ganze Produktionsstränge lahmlegen könnten.

Großer gesamtwirtschaftlicher Schaden sei vor allem zu erwarten, wenn es im Schienengüterverkehr zu längeren Ausfällen kommt. „Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) haben ergeben, dass er ab dem vierten Tag in die Höhe schießt“, so Gburek. Die Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass der tägliche Schaden schnell auf einen dreistelligen Millionenbetrag steigen könnte, wenn die letzten Puffer in den Lagern aufgebraucht sind. Das große Problem der Logistik sei, dass es ihr an Alternativen mangelt: Auch wenn private Bahnbetreiber ihren Marktanteil in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausweiteten, können sie derzeit nur ein Drittel des Aufkommens abdecken. Der Bahn den Rücken zu kehren und auf andere Verkehrsmittel umzusteigen, ist außerdem nur bedingt möglich: Die Straßen sind auch ohne zusätzlichen Streikverkehr schon überlastet und Binnenschiffe aufgrund ihrer Hafenbindung deutlich weniger flexibel als die Schienenkonkurrenz.