Public Manager
07.07.2014 | Beschaffungspraxis, Verwaltungsorganisation

Point of View: „Public Procurement – Kommunen und Behörden in der Pflicht“

Europaweit könnten insgesamt mindestens 40 Milliarden Euro jährlich eingespart werden, wenn in der Verwaltung und in anderen öffentlichen Einrichtungen die Umstellung auf elektronischen Geschäftsverkehr und elektronische Rechnungsstellung stärker gefördert würde. Allein in Deutschland belaufen sich die möglichen Einsparungen auf 6,5 Milliarden Euro. Dies belegt eine aktuelle Studie von Billentis. In der Studie wurde der öffentliche Sektor als einer der wichtigsten Sektoren in Bezug auf das Rechnungsvolumen identifiziert. Schätzungen zufolge unterhalten 45 bis 65 Prozent aller Unternehmen Geschäftsbeziehungen mit öffentlichen Einrichtungen, liefern Waren oder erbringen Dienstleistungen.

Zwar steigt die Zahl der Rechnungen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen, die elektronisch übermittelt werden, dennoch ist der Anteil mit 5-10 Prozent nach wie vor gering. Verschiedene Maßnahmen und Initiativen der “Digitalen Agenda für Europa” (Agenda 2020) sollen für eine Beseitigung der Hindernisse bei der flächendeckenden Einführung der elektronischen Rechnungsstellung sorgen. Die Digitale Agenda zielt unter anderem darauf ab, durch eine verbesserte Nutzung von innovativen Technologien das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union zu steigern.

Im Rahmen der CeBIT 2013 haben BMI (Bundesministerium des Inneren), BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) und BITKOM in einer gemeinsamen Erklärung an Verbände, Wirtschaft und Verwaltung appelliert, die Anstrengungen zur Einführung der eRechnung weiterhin zu unterstützen und einen effektiven Beitrag zur Senkung der Bürokratiekosten zu leisten. Um nun selber mit gutem Beispiel voranzugehen, wurden im Geschäftsbereich des BMI drei Pilotierungsprojekte zur Einführung des elektronischen Rechnungsaustauschs zwischen Institutionen der öffentlichen Verwaltung und ihren Partnern aus der Privatwirtschaft gestartet. Ziel des BMI ist es, Behörden und Kommunen mit den Pilotierungsprojekten eine Richtung vorzugeben, wie sie die Digitalisierung der Rechnungsprozesse umsetzen können. Gleichzeitig sollen die zur Umsetzung der Projekte gewählten Partner auch für andere Einrichtungen der öffentlichen Hand direkt als Dienstleister zur Verfügung stehen.

Eine wichtige Voraussetzung zur Realisierung der Vorteile ist ein einheitliches und übergreifendes Datenformat, das für den Rechnungsaustausch zwischen großen und kleinen Unternehmen sowie zwischen Privatunternehmen und Behörden eingesetzt werden kann. Ein solches Format wird gemeinsam im Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD), einer nationalen Plattform von Bundesministerien, Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und Einzelunternehmen zur Förderung der elektronischen Rechnung in Deutschland, entwickelt ("ZUGFeRD"-Format). Ein aktuelles Projekt des BMI mit crossinx soll außerdem helfen, das gemeinsam im FeRD entwickelte, einheitliche und übergreifende Datenformat für den Rechnungsaustausch – den ZUGFeRD-Standard – voranzutreiben.

Die Aufklärungsarbeit rund um die elektronische Rechnung sieht crossinx als nunmehr so gut wie abgeschlossen an. Das Verständnis, dass elektronische Rechnungen Geld sparen – nicht nur beim Porto, sondern in der gesamten Financial Supply Chain – hat sich manifestiert. Die Aufgaben, denen sich öffentliche Hand und Unternehmen jetzt gegenübersehen, sind es, den gemeinsamen Standard zu realisieren und die eRechnung im Geschäftsalltag zu etablieren.

Dem öffentlichen Sektor, als größten Rechnungsempfänger (und -steller) bundesweit, kommt hierbei eine tragende Rolle zu, die Behörden und Kommunen nun auch verstärkt annehmen. Realisiert die öffentliche Hand die Digitalisierung seiner Rechnungsstrukturen flächendeckend und bindet dabei (notwendiger Weise) Privatunternehmen an, die dann ihrerseits elektronische Rechnungsprozesse einsetzen müssen, ist dies der stärkste Impuls für eine Digitalisierung der gesamten bundesdeutschen Finanzprozesse.

Zudem ist das Argument von 6,5 Milliarden Euro Einsparungen im öffentlichen Sektor, nur durch die eigene Umsetzung der eigenen Forderungen, wohl das stärkste Argument gegenüber dem Bürger und Wähler, in Zeiten knapper öffentlicher Kassen, das möglichste zu tun, Ausgaben zu minimieren.

Unternehmen wie crossinx haben in den vergangenen Jahren die Politik tatkräftig unterstützt, Standards zu definieren, Hemmschwellen abzubauen und Aufklärung zu leisten. Es liegt nun am öffentlichen Sektor, die geschaffenen Infrastrukturen zu nutzen.