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21.07.2014 | Geodaten, Stadtplanung

Die digitale Baulücke – IÖR entwickelt Methode zur automatisierten Erfassung von Flächenpotenzialen

Für die nachhaltige Entwicklung von Städten und Gemeinden ist es wichtig, dass sie freie Flächen im Siedlungsbestand nutzen, anstatt auf der „grünen Wiese“ neue Baugebiete auszuweisen. Dafür müssen Kommunen ihre Flächenpotenziale für die so genannte Innenentwicklung kennen. Könnte die Erfassung künftig automatisch und mit Hilfe von Geobasisdaten erfolgen? Dieser Frage ging das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) nach.

Nur jede dritte deutsche Kommune erfasst heute bereits ihre Brachflächen und Baulücken systematisch. Im Osten Deutschlands ist es gar nur jede fünfte. Dabei kennen nahezu alle Großstädte wie Berlin, Hamburg oder München ihre Innenentwicklungspotenziale im Bestand. Bei den kleinen Landgemeinden ist es nur jede vierte. Vor allem kleine Kommunen scheuen den Personal- und Kostenaufwand, den die systematische Flächenerfassung erfordert. Doch ausgerechnet hier schlummert ein Viertel der Innenentwicklungspotenziale und damit die Chance, das Überbauen und Versiegeln neuer Flächen zu vermeiden. Dies hat eine deutschlandweite repräsentative Befragung von 451 Städten und Gemeinden ergeben, die das IÖR im Rahmen des Projektes „Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme – Innenentwicklungspotenziale“ für das BBSR durchgeführt hat.

Die Wissenschaftler haben außerdem geprüft, ob Brachflächen und Baulücken künftig automatisiert auf Grundlage von Geobasisdaten erfasst werden können. „Dies wäre ein wichtiger Schritt hin zu einem bundesweiten Monitoring der Innenentwicklungspotenziale und würde nicht nur kleine Kommunen unterstützen“, erläutert der Projektverantwortliche, Dr. Gotthard Meinel.

Das Ergebnis der Untersuchungen und Tests: Mit einem von den Wissenschaftlern entwickelten Verfahren lassen sich auf Grundlage bereits heute vorhandener Geobasisdaten Baulücken und das Potenzial für Nachverdichtungen in den Siedlungsbereichen abschätzen. Allerdings gibt es auch Einschränkungen. So überschätzt das automatisierte Verfahren die tatsächlich vorhandenen Potenziale. Auch lassen sich aktuell nur Baulücken, nicht jedoch Brachen mit ungenutzten Gebäuden identifizieren.
„Dieser Mangel ist auf den begrenzten Informationsgehalt der vorhandenen Geodaten zurückzuführen“, erklärt Meinel. „Es wäre zum Beispiel wichtig, Informationen zur Beschaffenheit von Brachflächen zu ergänzen. Ebenso muss sichergestellt sein, dass diese Daten flächendeckend zur Verfügung stehen.“

Nicht alle relevanten Datenbestände liegen bereits für ganz Deutschland vor. Perspektivisch liegt in der automatisierten Abschätzung von Innenentwicklungspotenzialen eine große Chance. Zwar könne das automatisierte Verfahren, so schätzen es die Forscher ein, die regelmäßige Befragung der Kommunen vorerst nicht ersetzen, es wäre jedoch eine hilfreiche Ergänzung. Aus Sicht der Wissenschaft wäre eine Kombination von Befragungen zu Brachflächen und automatisierter Erhebung der Baulücken und Nachverdichtungspotenziale daher anzustreben. Beides könnte Kommunen dabei unterstützen, Flächenneuinanspruchnahmen zu vermeiden und damit auch das ehrgeizige Ziel der Bundesregierung zu unterstützen. Die hat sich vorgenommen, bis 2020 die Neuausweisung von Flächen auf maximal 30 Hektar täglich zu reduzieren. Derzeit liegt dieser Wert noch bei über 70 Hektar.

Die Ergebnisse der Studie sind nachzulesen in der BBSR-Sonderveröffentlichung „Innenentwicklungspotenziale in Deutschland – Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage und Möglichkeiten einer automatisierten Abschätzung“, die als Download auf der Internetseite des BBSR zur Verfügung steht.