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07.02.2012 | Allgemeine Meldungen, Soziale Stadt/PPP-Projekte

Konzept des Jobcenters Pirmasens zur außergerichtlichen Lösung von Widersprüchen bei Hartz-IV

Im ganzen Land klagen die Sozialgerichte über eine regelrechte Schwemme anhängiger Klagen aus dem Hartz-IVBereich. Vor diesem Hintergrund haben Jobcenter und Stadt Pirmasens am 10. Januar 2012 ihr mehrstufiges Vorgehensmodell zur außergerichtlichen Lösung von Widersprüchen bei Hartz-IVStreitigkeiten erstmals öffentlich vorgestellt.

Plattform dafür war die von der Hochschule Fulda durchgeführte Fachtagung "Mediation und mediative Elemente im Sozialrecht". Der Vortrag stieß auf erfreulich hohe Resonanz und die über 150 Zuhörer zeigten sich im Tenor von dem sogenannten Pirmasenser Modell überzeugt. So haben insbesondere mehrere Vertreter von Städten und Landkreisen den direkten Austausch mit den Referenten, Gerd Ebel, Geschäftsführer des Jobcenters Pirmasens, und Jan Kardaus, Vorsitzender des Widerspruchsausschusses beim dortigen Jobcenter, gesucht, um eine mögliche Adaption des Pirmasenser Modells für die eigene Verwaltung zu prüfen.

Im Plenum befanden sich teilweise hochrangige Vertreter von Jobcentern, Sozialgerichten, Städten und Kreisen sowie Wissenschaftler; auch die Bundesagentur für Arbeit war personell vor Ort.

Schon heute wird das außergerichtliche Widerspruchsverfahren nach Pirmasenser Vorbild in Teilen auch von anderen angewandt. Ihr besonderes Interesse hierfür hatten beispielsweise die Stadt Offenbach am Main und der Schwalm-Eder-Kreis durch ihre Besuche bei den Verantwortlichen in Pirmasens im Sommer 2011 bekundet.

Das Pirmasenser Modell

Kommt es zu Einwendungen gegen die Entscheidungen des Jobcenters Pirmasens, werden diese vor Ort in drei Phasen überprüft. In den ersten zwei Phasen sind dafür der Sachbearbeiter, der Leiter des Jobcenters und die Rechtsabteilung zuständig. Erst wenn es nach der dritten Stufe, einem Verfahren mit einer mündlichen Verhandlung vor dem Widerspruchsausschuss, nicht zu einer Einigung kommt, steht es schließlich dem Betroffenen frei, eine entsprechende Klage beim Sozialgericht einzulegen.

Diesen Weg geht man in Pirmasens seit Jahren mit bestem Erfolg. So wurde erreicht, dass die Klagequote aus dem Hartz IV-Bereich bei einem Prozent aller Fälle liegt, während die Zahl der Klagen bundesweit zunimmt.

Mit Potenzial zum Vorbild

In der Pirmasenser Verwaltung hatte sich der langjährige Grundsatz bestens bewährt, regelmäßig den Rechtsausschuss vor drohenden Klageverfahren zu involvieren und damit vermehrt zu außergerichtlichen Einigungen zu kommen. Warum nun diese bewährte Praxis aus der Verwaltung nicht auch für die Sozialgerichtsbarkeit übernehmen, um dort ähnlich überzeugende Ergebnisse zu erhalten? Solche Überlegungen führten dazu, dass der Pirmasenser Bürgermeister Peter Scheidel bereits im ersten Kooperationsvertrag mit der Arbeitsagentur Pirmasens aus dem Jahr 2003 die Idee hatte, dem eigentlichen Sozialgerichtsverfahren ein förmliches Widerspruchsverfahren vorzuschalten, in dem beide Parteien nochmals die Gründe für ihre Entscheidung mündlich vortragen können. Diese Vorgehensweise wurde schließlich auch bei Einrichtung des Jobcenters festgeschrieben und hat sich dort eindrucksvoll bewährt.

"Das große Interesse aus Fachkreisen, wie wir es jetzt in Fulda erfahren haben, bestätigt uns, auf dem richtigen Weg zu sein", lautet Peter Scheidels positive Einschätzung. "Hier zeigt sich einmal mehr, dass Pirmasens auch angesichts herausfordernder Rahmenbedingungen immer wieder aufs Neue Problemstellungen kreativ angeht und entsprechend zielorientierte Lösungen mit Vorbildfunktion für andere hervorbringt."