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23.11.2011 | Abfallwirtschaft

Nicht alles was glänzt ist Gold - Nicht alles was Bio im Namen führt ist für die Umwelt am Besten

DGAW e.V. zur Bioabfall Tagung in Bremen vom 18.11.2011 - Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) hat den Bundestag passiert. Ein verbliebener Streitpunkt ist das Verhältnis der privaten und kommunalen Entsorger bei der Wertstoffsammlung.

Die Vorgabe, Bioabfälle ab 2015 getrennt zu erfassen, wird öffentlich kaum in Frage gestellt. Brauchen wir die Biotonne aber wirklich überall? Eine getrennte Erfassung ist laut neuem Abfallgesetz nur dann erforderlich, wenn sie die Verwertung verbessert und ökologisch sinnvoll ist.

Welche Verwertungsmaßnahme den Vorrang genießen soll, ist mit Hilfe einer Abschätzung anhand unterschiedlicher Parameter wie den zu erwartenden Emissionen, der Schonung der natürlichen Ressourcen, der Energieeffizienz, der Schadstoffanreicherung sowie der sozialen Folgen zu bewerten.

Bei der Verwertung getrennt gesammelter Bioabfälle zeichnet sich eindeutig der Trend zur Vergärung ab. Nicht nur das rohstoffliche Potenzial in Form von Kompost, auch das energetische Potenzial soll genutzt werden. Kann dies in Frage gestellt werden? Stützen Lebenszyklusanalysen diesen Verwertungsweg oder ist es ein Trugbild, eine Chimäre?

In den Messehallen Bremen diskutierten über 40 Teilnehmer mit den Referenten aus der Wissenschaft, von Betreibern, Juristen und Beratern den Aspekt ob eine Vergärung getrennt gesammelter Bioabfälle der thermischen Verwertung von Bioabfällen in der gemischten Haushaltstonne überlegen ist.

Die Ist Situation im bundesdeutschen Durchschnitt ist ernüchternd, wie Zahlen des IFEUs und eigene Recherchen, vorgetragen von Dr. Wiegel (ICU), belegen. Hinsichtlich der Klimarelevanz ist die Müllverbrennung mit einer CO2 Äquivalentgutschrift von 160 kg CO2EQ/tBioabfall der Vergärung mit lediglich 109 kg CO2EQ/tBioabfall überlegen.
Beide Verwertungsmaßnahmen haben Optimierungspotenzial wie Herr Hölscher (swb) am Beispiel der MVA Bremen und Herr Dr.Wittmaier (IEKrW Hochschule Bremen) für die Vergärung aufzeigten.
Anhand eines Planspieles in einer Modellregion wurden die Optimierungsmöglichkeiten wie konsequente Ablufterfassung und regenerative thermische Oxidation (RTO) der Abluft, hohe Wärmenutzung und hoher Torfersatz bei der Vergärung sowie verbesserter elektrischer Nutzungsgrad und ebenfalls optimierte Wärmenutzung bei der MVA durchgespielt. Erst nach Optimierung der Vergärung nähern sich die Varianten an und liegen im Bereich von CO2 Äquivalentgutschriften von ca. 250 kg CO2EQ/tBioabfall.

Eine eindeutige Überlegenheit der Vergärung kann nicht dargestellt werden. Lediglich die Phosphatrückgewinnung kann als Alleinstellungsmerkmal für die kombinierte Vergärung/Kompostierung ins Feld geführt werden. Allerdings kostet die Rückgewinnung einer Tonne Phosphat aus Biomüll über 35.000 € im Vergleich zu einem Weltmarktpreis von ca. 1.200 €/t.

Herr Meyer (ATUS GmbH) setzte sich kritisch mit der abfallwirtschaftlichen Effizienz der Biotonne hinsichtlich der Entfrachtung des Restabfalles anhand von konkreten Daten aus Norddeutschland auseinander und ging insbesondere auch auf Kostengesichtspunkte ein.
Die abfallwirtschaftliche Effizienz der Bioabfallsammlung wird überschätzt. Der gewünschte Rückgang der Bioabfälle im Restmüll fällt geringer aus, als die Sammelmengen erwarten lassen. Dagegen gelangen erhebliche Grünabfallmengen, die bisher im eigenen Garten kompostiert wurden, in die Biotonne und erhöhen damit die abzufahrenden Abfallmengen. Dies führt zu einer überproportionalen Kostensteigerung.

Herr Dr. Kersandt (Kanzlei Verstyl) erläuterte, dass es zwar das Getrenntsammlungsgebot gibt, dies aber mit Vorbehalten versehen ist und darauf verzichtet werden kann, wenn es ökologisch gleichwertige Varianten gibt oder die wirtschaftliche Zumutbarkeit bzw. die technische Möglichkeit in Frage steht.

FAZIT:
Bioabfallvergärung ist nicht per se eine hochwertige Verwertung. Nur optimierte Varianten können mit einer Verwertung in einer MVA mithalten, sofern erhebliche Mengen Torf ersetzt werden können. Die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme ist im Auge zu behalten. Jede Gebietskörperschaft sollte vor der Einführung, z.B. mit Planspielen wie in Bremen vorgeführt, die ökologische und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit mit der konkreten abfallwirtschaftlichen Situation vor Ort prüfen.

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