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08.06.2011 | Gebäudesanierung, Outsourcing

Vorzeigeprojekt „Hofer Modell“: Landkreis finanziert PPP-Vorhaben

Zwei Jahre Bauzeit für vier Schulen: Gemeinsame Planung von öffentlicher und privater Hand spart zwölf Mio. Euro und zehn Jahre Zeit ein.

40 Jahre und älter ist inzwischen die Bausubstanz der vier Schulen des Landkreises Hof in Naila, Münchberg und Helmbrechts – und dadurch nicht nur brüchig geworden, sondern auch energetisch ineffizient und problematisch im Hinblick auf Brandschutz und Fluchtwege. Grundsanierungen waren dringend notwendig, aber für den Hofer Haushalt nicht zu schultern. Zwölf Jahre, so rechnete man aus, würden die Sanierungsmaßnahmen und Neubauten dauern und Kosten von mindestens 67 Millionen Euro verschlingen. So wurden stattdessen lediglich die aufgetretenen Schäden behoben. Als sich die Lage jedoch weiter zuspitzte und auch der Platzmangel immer akuter wurde, entschieden sich die Verantwortlichen im Landratsamt für eine bislang einzigartige Vorgehensweise, die inzwischen als „Hofer Modell“ bekannt ist: Ein PPP-Projekt, bei dem der Landkreis die Finanzierung während des 20-jährigen Betriebes trägt, da er günstige kommunale Kredite und KfW-Darlehen nutzen kann.

Er beauftragte die ARGE „PPP Schulen Landkreis Hof“, bestehend aus den Partnern Bilfinger Berger Hochbau GmbH, Kasseker GmbH und HSG Zander GmbH, mit der Realisierung und dem späteren Betrieb. Im August 2009 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, im Oktober 2011 werden sie planmäßig abgeschlossen sein. Die erste Schule wurde kürzlich fertig gestellt.

Um die Baubeteiligten effizient koordinieren zu können, wurde ein so genannter Projektraum eingerichtet, den die PMG GmbH bereitstellte. Vier Schulen und zwei Turnhallen werden an drei Standorten grundsaniert und zum Teil neu gebaut. Die Bruttogrundfläche misst insgesamt mehr als 34.000 m2, die Freifläche rund 60.000 m2. Die Sanierungen und Erweiterungen am ersten Gebäude, der staatlichen Realschule in der Stadt Helmbrechts, konnten bereits planmäßig nach nur 17 Monaten Bauzeit abgeschlossen werden.

Momentan wird das Gymnasium Naila saniert, am gleichen Standort wurde eine Turnhalle rückgebaut, eine neue Realschule ist bereits errichtet. Hinzu kam hier der Bau einer gemeinsamen Zweifach-Turnhalle. Zur gleichen Zeit wird im Stadtteil Münchberg das denkmalgeschützte Gymnasium grundsaniert. Lediglich zwei Jahre Zeit haben die Baubeteiligten, um die größte Baumaßnahme in der Geschichte des Landkreises abzuschließen.

„Damit ein solch komplexes Projekt auch gelingt, mussten wir einen Weg finden, alle Mitglieder des großen Planungsteams zu koordinieren und alle relevanten Daten auf effiziente Weise aufeinander abzustimmen“, sagt Martin Bumann, Gesamtprojektleiter der ARGE „PPP Schulen Landkreis Hof“ von Bilfinger Berger Hochbau GmbH.

130 Baubeteiligte an drei Standorten gilt es zu koordinieren
Etwa 130 Beteiligte sind für das Großprojekt an den drei Standorten im Einsatz. Sie alle stehen in der Verantwortung, den PPP-Vertrag innerhalb der kurzen Zeitspanne während des laufenden Schulbetriebs reibungslos abzuwickeln. Eine gemeinsame Plattform für die Architekten, Ingenieure und Handwerker sei daher unerlässlich, erläutert Bumann: „Eine der wichtigsten Aufgaben besteht darin, die Schnittstellen zwischen den Planern untereinander und den Ausführenden abzustimmen – und das an mehreren Baustandorten gleichzeitig.“

Koordiniert werden die Beteiligten daher über einen virtuellen Projektraum, welchen die PMG GmbH eigens an die Anforderungen dieses Mammutprojekts anpasste. Sie erlaubt es allen Verantwortlichen, auf die relevanten Daten zugreifen zu können. „Jeder Beteiligte erhält ein eigenes Kennwort sowie einen individuellen Benutzernamen. Mit den Zugangsdaten kann er jederzeit von seinem eigenen PC aus die Daten einsehen und mit ihnen arbeiten“, erklärt Stefan Finkenzeller, der gemeinsam mit Mike Riegler die PMG Projektraum GmbH leitet und den Projektraum eProjectCare entwickelt hat.

Zur Nutzung werden lediglich ein gängiger Browser und ein Internetzugang benötigt. Gespeichert werden die rund 45.000 Dokumente, Bilder, Baupläne und Architektenentwürfe mit einer Größe von insgesamt 80 GB auf einem Server, der sich in einem gesicherten Rechenzentrum in Süddeutschland befindet. Dank eines Online-Viewers, über den die Planbestände und CAD-Layer eingesehen werden können, muss kein spezielles Bearbeitungsprogramm auf die Rechner installiert werden. Mithilfe des Zusatzprodukts eShare kann außerdem der täglich anfallende Schriftverkehr eingescannt und automatisch in den Projektraum eingestellt werden.

Projektraum hält Verantwortliche stets auf dem neuesten Stand
„Bei der Datenverwaltung kommt es vor allem auf klare Strukturen und Bezeichnungen sowie zuverlässige Suchfunktionen an“, erklärt Gesamtprojektleiter Bumann. Da sich die eingestellten Dokumente ständig ändern und erneuern können, sei es für einen effizienten Workflow zudem wichtig, dass deren Status immer auf dem aktuellsten Stand ist und das Programm relevante Informationen an die betreffenden Projektbeteiligen weitergibt. „Die Transparenz über die aktuellen Planstände und Zulieferleistungen ist hier besonders entscheidend“, ergänzt Riegler. So werden in eProjectCare nicht nur Daten gespeichert, sondern er wird von den Mitgliedern der ARGE auch als interne Informationsplattform genutzt. Hierbei wird beispielsweise ersichtlich, ob neue Planrevisionen rechtzeitig eingestellt wurden. „Dadurch, dass allen stets die neuesten Pläne zugänglich sind, können auch die Abläufe entsprechend den Planungsschritten genau koordiniert werden“, so Bumann.

Ein Administrator, der den Überblick über alle Aufträge, Dokumentationen und Pläne hat, kümmert sich um die Abstimmung der Ablagestruktur, kontrolliert die Zugangsrechte der einzelnen Beteiligten zu den Daten, vermittelt bei Störungen und organisiert die An- und Abmeldung der Teilnehmer. „Indem Informationen gezielt an die entsprechenden Beteiligten weitergegeben werden, erhalten sie eine Übersicht über genau die Informationen, die für sie wichtig sind“, erläutert der IT-Architekt Finkenzeller. Auf diese Weise werden sie außerdem ständig automatisch über den aktuellen Zeitplan informiert. „Fehler in den Abläufen und Verzögerungen in der Kommunikation können so verhindert werden“, so der PMG-Geschäftsführer.
Rund 113.000 Nachrichten wurden bisher über den Projektraum verschickt.

Vorbildprojekt erhielt Förderpreis der bayerischen Bauindustrie
Wenn im kommenden Sommer das neue Schuljahr beginnt, soll keiner der rund 2.700 Schüler mehr im Container unterrichtet werden – so sieht es der strenge Zeitplan der ARGE vor. Schon jetzt macht das inzwischen in ganz Bayern bekannte „Hofer Modell“ von sich reden, denn es reduziert sich nicht nur die Bauzeit von den ursprünglich veranschlagten zwölf auf zwei Jahre, sondern es werden auch Kosten in Höhe von zwölf Millionen Euro eingespart. Darüber hinaus ist das Projekt nach den Maßgaben einer lebenszyklusorientierten Planung konzipiert: Die Partner-Unternehmen haben sich verpflichtet, bis 2032 den Unterhalt der Gebäude zu übernehmen.

Für ihre Vorbildfunktion erhielten der Landkreis und die ARGE im vergangenen Jahr sogar den Förderpreis der bayerischen Bauindustrie. Das Projekt zeichne sich aus durch ein „zielorientiertes Zusammenwirken schlauer und kreativer Köpfe“, begründete der Jurysprecher Prof. Dr.-Ing. Josef Zimmermann, Ordinarius am Lehrstuhl für Prozessmanagement und Immobilienentwicklung an der Technischen Universität München gegenüber der Frankenpost die Verleihung des Preises.
Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro wurde in eine zusätzliche Ausstattung der Schulverwaltung investiert.

Hintergrund

Die Bilfinger Berger Hochbau GmbH mit Sitz in Frankfurt ist ein Teilkonzern der Bilfinger Berger SE. Jährlich realisiert das Unternehmen Projekte in Deutschland mit einem Gesamtwert von etwa 500 Millionen Euro. Dabei übernehmen die Mitarbeiter die Auftragsentwicklung sowie Planung, die schlüsselfertige Neuerrichtung ebenso wie Sanierungen und Bestandsoptimierungen aller gängigen Immobilienarten unterschiedlicher Volumina. Die Auftraggeber kommen aus dem privaten und öffentlichen Sektor.
www.hochbau.bilfinger.com

Die PMG Projektraum Management GmbH wurde von den heutigen Geschäftsführern Mike Riegler und Stefan Finkenzeller gegründet und bildet zusammen mit der CDS Copy & Digital GmbH eine Unternehmensgruppe, bei der etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt sind. PMG hat sich auf die internetbasierte Datenverwaltung spezialisiert: Alle an einem Projekt Beteiligten können von jedem PC aus auf die Daten (Dokumente, Grafiken, Filme, Fotos) zugreifen. Die vorhandene Datenmanagementstruktur des Kunden dient jeweils als Grundlage für die Erstellung des Projektraums (eProjectCare). Dadurch ist das Handling des Programms besonders einfach. Zudem übernimmt PMG auf Wunsch das Scannen und Digitalisieren der Papierformate sowie die Erstellung von Printexemplaren und deren Auslieferung. PMG beliefert Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen, zum Beispiel Bau, IT, Versicherung, Pharma und Medizin, zudem öffentliche Einrichtungen und Banken.
www.pmgnet.de