Public Manager
07.01.2010 | Moderner Staat

Vorsicht Falle: D115 kann teuer werden! Bürger zahlen doppelt - Städte und Gemeinden ebenso.

Der Behördenruf D115, der im März 2009 mit einer Projektlaufzeit von zwei Jahren gestartet wurde, ist schon jetzt ein voller Erfolg. Das meint jedenfalls das Bundesinnenministerium. Bevor noch das erste Jahr herum ist, werden weitere Behörden - insbesondere Kommunen - gesucht, die mitmachen, ohne allerdings die Ergebnisse des Pilotbetriebs zu kennen.

Schön, dass endlich jemand an die Bürger denkt, so ist der erste Eindruck, wenn man den markigen Versprechungen der Werbekampagne für das Projekt glaubt. Bürger und Unternehmen sollen mit einem Anruf bei D115 verlässliche Auskunft zu allen Behördenanliegen erhalten. Dass dabei die örtliche Nähe und die Kompetenz der Städte und Gemeinden übersehen wurde, scheint beim Bund keine Rolle zu spielen.
Erstaunlich ist auch, dass sich die Bundesebene so gut mit Bürgerservice auskennt. Ein Bürgerbüro mit Außenstelle und umfassendem Bürgerservice sucht man dort gewiss vergeblich. Ein Callcenter, das sich um alles kümmert, hört sich aber zunächt gut an. Aber wie sind unserige bisherigen Erfahrungen?Wir verbringen viel Zeit in Warteschleifen, beantworten oft und ungeduldig die Nachfragen der Mitarbeiter und erhalten - mit viel Glück - manchmal auch das, was wir möchten. Allerdings: Auch bislang schon erhalte ich - und das kostenlos - klare Auskünfte von meiner Stadt oder Gemeinde zu meinem Personalausweis, dem Reisepass, Bauanträgen, Kindergartenplätzen und vielen anderen Problemen.
Schwieriger wird es beim Finanzamt. Da steht auf den Zwischenbescheiden meist: "Wir bitten von Rückfragen abzusehen."

Gerade in den Städten und Gemeinden ist der Bürger keine Nummer, sondern wird gern und gut telefonisch, per E-Mail oder persönlich bedient. Brauchen die Bürger in den Kommunen D115 überhaupt? Oder suchen eher bürgerferne Dienstellen von Bund und Ländern und eventuell einzelne Großstädte weitere Verwaltungseinheiten, die D115 dauerhaft mitfinanzieren?

Die Finanzierung der Kosten für die D115-Netzinfrastruktur soll über einen Aufschlag pro Gesprächsminute auf die marktgängigen Preise in den Teilnehmernetzen erfolgen. Für den Pilotbetrieb beträgt der Aufschlag 0,03 Euro pro Gesprächsminute. Dass diese Beträge nicht auskömmlich sind, die bei der Bürgern geweckten Erwartungen zu erfüllen, ist längst absehbar. Damit es für den Bürger auf den ersten Blick nicht zu teuer wird, bietet es sich an, die teilnehmenden Kommunen über Umlagebeiträge zur Kasse zu bitten. So zahlt zwar der Bürger für den gleichen Service doppelt, aber er merkt es nicht so schnell.

Nach dem fixen Start und den ersten "Erfolgen" des Pilotbetriebes bleiben viele Fragen offen: Welche Aufgaben werden künftig schleichend an den Kommunen vorbei erledigt? Wird der Service besser für die Bürger? Wer haftet für falsche Auskünfte? Wer finanziert den Service dauerhaft? Alles unbeantwortete Fragen.

Allein 35 neue Stellen werden bei der Stadt Frankfurt (rd. 664.000 Einwohner) benötigt, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ) am 05.01.2009, um dort das Service-Center für die bundesweit einheitliche Behördenrufnummer 115 aufzubauen. Für kreisangehörige Städte und Gemeinden eine interessante Richtgröße, die sich in der Kreisumlage wiederfinden wird, wenn sich der Landkreis ein entsprechendes Servicecenter gönnt. Dies bezahlen die Städte und Gemeinden und ihre Bürger nicht nur mit der Aufgabe von Teilen der Kommunalen Selbstverwaltung vor Ort und Ihrem Geld am Ende einen hohen Preis für D 115. 0190 lässt grüßen.

Autor: Thorsten Bullerdiek, Beigeordneter und Pressesprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes

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