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21.01.2009 | Beschaffungspraxis

Bei Großaufträgen kann bereits jetzt schnelle Vergabe erfolgen

Die Bundesregierung hat sich mit ihrem Konjunkturpaket 2 zu einer Lockerung des Vergaberechts durchgerungen. Das Ziel, Investitionen zu beschleunigen und so die Folgen der Wirtschaftskrise abzumildern, ist jedoch nicht ganz so schnell zu erreichen, wie es wünschenswert wäre.

"In der Praxis bringen die Lockerungen des Konjunkturpaketes erst einmal nicht viel", erläutert Rechtsanwältin Aline Fritz von FPS Fritze Paul Seelig in Frankfurt. Die Vergaberechtlerin verweist darauf, dass die Erleichterungen zunächst nur für die Vergaben des Bundes gelten. "Und dann dürfte es wohl erst noch einen Durchführungserlass des jeweils zuständigen Ministeriums geben, bevor auf die neuen Wertgrenzen zurückgegriffen werden kann."

Das Konjunkturpaket 2 legt fest, dass befristet auf zwei Jahre freihändige Vergaben und beschränkte Ausschreibungen - also Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte - bis zu bestimmten Auftragswerten generell zulässig sein sollen. Danach wäre im Baubereich eine freihändige Vergabe bis zu einem Auftragswert von 100.000 € und eine beschränkte Ausschreibung bis zu einem Auftragswert von 1 Mill. € ohne den sonst nötigen Nachweis eines Ausnahmetatbestandes zulässig.
Im Dienst- und Lieferbereich wären sowohl freihändige Vergaben als auch beschränkte Ausschreibungen bis zu einem Auftragswert von 100.000 € möglich. In diesen Fällen soll auf eine Bekanntmachung des jeweiligen Auftrags gänzlich verzichtet werden können, d.h. dass die Beschaffungsstellen die Unternehmen frei wählen können. Es bedarf also keines sogenannten Teilnahmewettbewerbs.

"Völlig unberührt von diesen Lockerungen bleibt die große Zahl von öffentlichen Aufträgen auf kommunaler Ebene", erläutert Fritz, "gerade diese wären jedoch besonders wichtig, um die Konjunktur zu beleben."
Aufgrund des föderalen Systems seien Länder und Kommunen allerdings alleine zuständig, um im Bereich unterhalb des EU-Vergaberechts Regelungen zu schaffen. Da werde sicher etwas passieren, die Frage sei nur, wann.

"Für die Beschleunigung von Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellen­werte kommt derzeit vor allem einer Mitteilung der EU-Kommission vom 19. Dezember 2008 Bedeutung zu", betont die Vergaberechtlerin, "denn diese hält wegen des Ausnahmecharakters der aktuellen Wirtschaftslage den Rückgriff auf das beschleunigte Nicht-Offene Vergabeverfahren für gerechtfertigt."

Die Dringlichkeit, rasch umfangreiche öffentliche Aufträge durchzuführen, dürfte grundsätzlich zur Rechtfertigung einer Fristverkürzung führen. Damit ließe sich die Verfahrensdauer des Nicht-Offenen Verfahrens insgesamt von 87 Tagen auf bis zu 30 Tage verkürzen, so die EU-Kommission.

Insbesondere weist Fritz darauf hin, dass die EU-Kommission in den Dringlichkeitsfällen nicht nur eine Fristverkürzung für angebracht hält: "Wegen der Dringlichkeit kommt auch schon bei der Wahl der Verfahrensart grundsätzlich das Nicht-Offene Verfahren in Betracht."
Die Bundesregierung habe die Ministerien bereits im Rahmen des Konjunkturpakets unter Hinweis auf diese Mitteilung der EU-Kommission gebeten, diesen Sachverhalt gegenüber den Beschaffungsstellen klarzustellen. Dasselbe müsste schnellstmöglich auf Landes- und Gemeindeebene erfolgen, damit Beschaffer auf allen Ebenen zügig tätig werden könnten.

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