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22.04.2009 | Beschaffungspraxis

Kommunale Zusammenarbeit nach der Vergaberechtsreform 2009: Es bleibt schwierig

Die lang erwartete und umfassende Vergaberechtsnovelle, die der Bundesrat unlängst abgesegnet hat, wird für mittelständische Unternehmen eine Reihe von positiven Neuerungen mit sich bringen. Auch das Thema kommunale Zusammenarbeit hatte der Gesetzgeber bei seiner Novelle im Blick - indes: Für Städte und Gemeinden bleibt die Kooperation weiterhin komplex.

Anlässlich der Hauptversammlung des deutschen Städtetages - "Städtisches Handeln in Zeiten der Krise" vom 12. bis 14. Mai 2009 in Bochum zeigt Vergaberechtsexperte Dr. Stefan Mager aus der Kanzlei Aulinger Rechtsanwälte auf, worauf Kommunen unbedingt achten müssen.

1. Gegenseitige Beauftragungen zwischen Kommunen unterliegen weiterhin dem Vergaberecht
Das Vergaberecht wirkt bei Kooperationsvorhaben erst dort, wo es nicht (mehr) um reine Zusammenschlüsse geht. Will eine Kommune beispielsweise von den Überkapazitäten eines kommunalen Eigenbetriebs der Nachbarkommune profitieren und die Restabfallentsorgung durch diesen mit erledigen lassen, so kann es sich dabei - rechtlich gesehen - bereits um einen Beschaffungsvorgang handeln. Es kommt allerdings ganz auf die konkrete Ausgestaltung an.
Würde eine zivilrechtliche Beauftragung (Leistungs- oder Entsorgungsvertrag) oder etwa eine öffentlich-rechtliche Mandatierung nach dem Gesetz zur kommunalen Gemeinschaftsarbeit vereinbart werden, so wäre dies nach der aktuellen Rechtsprechung ohne Ausschreibung vergabewidrig mit der Folge, dass die vertraglichen Abreden im schlimmsten Fall unwirksam wären.

2. Rein verwaltungsinterne Organisationsakte bleiben vergaberechtsfrei
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat dies immer wieder bestätigt. Eine gegenseitige Beauftragung von Kommunen unterliege grundsätzlich dem Vergaberecht, so der Tenor des Grundsatzurteils des EuGH in der Rechtssache "Königreich Spanien" aus dem Jahr 2005. Nur wenn ein rein verwaltungsinterner Organisationsakt oder ein sogenanntes Inhouse-Geschäft, also eine Mandatierung, gegeben ist, muss das Vergaberecht nicht beachtet werden.

Eine gegenseitige Beauftragung wäre beispielsweise dann der Fall, wenn sich eine Kommune für die Vornahme einer Delegation entscheidet. Hier findet, anders als bei der Mandatierung, eine echte Aufgabenübertragung statt. Hingegen entspricht eine Mandatierung der Wahrnehmung von Aufgaben im Auftrag und im Namen der zuständigen Behörde.
Zwar hat das OLG Naumburg auch hier Zweifel angemeldet. Aktuelle Entscheidungen des OLG Düsseldorf sprechen allerdings zu Recht eine andere Sprache. So hat der Düsseldorfer Vergabesenat die Gründung eines gemeinsamen Zweckverbands und die Aufgabenübertragung auf diesen als nicht ausschreibungspflichtig angesehen. Auch dass unter diesen Zweckverband noch ein Kommunalunternehmen (AöR) "gehängt" worden war, das die operative Leistungserbringung vornehmen sollte, beanstandete das Oberlandesgericht nicht.

3. "Inhouse-Geschäfte" - Wesentlichkeitskriterium wurde nicht abgeschafft
Abzugrenzen von diesen vergaberechtsfreien Kooperationen sind die "Inhouse-Geschäfte". Solche können vorliegen, wenn die Kommune einen Auftrag an eine Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft vergeben will. Bei derartigen Vorgängen gilt es zu prüfen, ob damit eine wettbewerbsbedeutsame Außenwirkung verbunden ist. Seit 1999 gilt hier die sogenannte Teckal-Rechtsprechung des EuGH, wonach kein Inhouse-Geschäft anzunehmen ist, wenn eine Kommune über eine Beteiligungsgesellschaft nicht wie "über eine eigene Dienststelle" herrscht und zusätzlich die Beteiligungsgesellschaft ihrerseits nicht "im Wesentlichen" für die Kommune tätig ist.
Zwar war seit dem "Asemfo"-Urteil des EuGH klar, dass eine Beteiligungsgesellschaft noch bis zu zehn Prozent Drittgeschäft erzielen kann, um weiterhin Inhouse-Geschäfte mit ihr abschließen zu können. Das Wesentlichkeitskriterium sollte aber anlässlich der Vergaberechtsnovelle 2009 komplett abgeschafft werden. Auf diese Weise wollte man Kommunen und ihren Unternehmen die Möglichkeit einräumen, weiträumiger tätig zu werden, was aus Sicht der kommunalen Interessenverbände ein Mehr an Wettbewerbsgleichheit im Verhältnis zu rein privaten Unternehmen gebracht hätte.

Aufgrund eines Rechtsgutachtens, das die vom Gesetzgeber geplante Vorgehensweise für europarechtswidrig erklärt hat, wurde daraus jedoch nichts. Wenige Tage vor Abschluss der Beratungen wurde der Gesetzesentwurf durch die Große Koalition insoweit noch abgeändert. Die Kommunen sind also gehalten, weiterhin die Vorgaben der Rechtsprechung in jedem Einzelfall zu prüfen und anzuwenden. Eine wünschenswerte Erleichterung bringt die Vergaberechtsnovelle 2009 insoweit also nicht.

4. Alternative: das gemeinsame Kommunalunternehmen
Insbesondere für Nordrhein-Westfalen (NRW) gibt es seit Ende 2007 außerdem eine neue Form der Möglichkeit einer Zusammenarbeit, die bislang noch wenig beachtet zu sein scheint. Auch Kommunen in NRW können nun gemeinsame Kommunalunternehmen (gKU, § 114 a GO NW) gründen. Bislang verhielt es sich so, dass die jeweilige Gemeinde nur ausschließlicher Eigner eines Kommunalunternehmens sein durfte. Dies hat gewinnbringende Kooperationen oftmals dann verhindert, wenn - auch aus politischen Erwägungen - die Gründung einer gemeinsamen GmbH ausgeschlossen war.

Dr. Mager: "Die bisherigen Erfahrungen zum Thema gemeinsames Kommunalunternehmen in NRW zeigen, dass die Ausgestaltung eines solchen ebenso flexibel möglich ist wie bei einer GmbH. Im Hinblick auf benutzerfinanzierte Einrichtungen wie Abfall- oder Abwasserbeseitigung besonders interessant dürfte bei dieser Rechtsform der Aspekt der direkten Aufgabenfinanzierung durch den Bürger sein. Der größte Vorteil von gemeinsamen Kommunalunternehmen liegt nämlich darin, dass diesen auch Satzungshoheiten übertragen werden dürfen. Diese Kooperationsform darf sich mithin auch öffentlich-rechtlicher Instrumente bedienen und beispielsweise Gebührenbescheide erlassen und durchsetzen", erläutert der Vergaberechtsexperte.

AULINGER Rechtsanwälte ist offizieller Sponsor und Aussteller der 35. Hauptversammlung des Deutschen Städtetags 2009 in Bochum vom 12. bis 14. Mai 2009.
Für den fachlichen Dialog stehen die Rechtsanwälte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung am Stand Nr. 2. im Foyer // im Eingangsbereich des RuhrCongress - schräg gegenüber dem Stand der Stadt Bochum - gerne zur Verfügung.

Über AULINGER Rechtsanwälte:
AULINGER Rechtsanwälte ist eine mittelständische Anwaltskanzlei mit 27 Anwälten, davon 8 Notaren, an den Standorten Bochum und Essen. Zu den Mandanten zählen Unternehmer und Unternehmen aller Größen, vom Freiberufler über den Mittelstand bis zu internationalen Konzernen. Auch die öffentliche Hand und kommunale Unternehmen werden laufend vertreten. AULINGER Rechtsanwälte betreuen ihre Mandanten umfassend auf allen Gebieten des Unternehmensrechts, so im Gesellschafts- und Steuerrecht, im Arbeits- und Immobilienrecht, bei Nachfolgeplanung und beim Unternehmenskauf. Daneben verfügt die Kanzlei über besondere Expertise auch in Spezialbereichen, etwa im Kartell- und Vergaberecht, im Infrastrukturrecht, dem Energiewirtschaftsrecht und dem Recht der Telekommunikation. Mit dieser Kombination klassischer Beratungsfelder und aktuellem Expertenwissen genießt die Partnerschaft, die 2008 ihr 60-jähriges Bestehen feiern konnte, einen exzellenten Ruf weit über das Ruhrgebiet hinaus.

Informationen im Internet: www.aulinger.eu