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10.03.2008 | Outsourcing

Kommunen stellen Stadtwerke auf den Prüfstand

PwC-Studie: Sinkende Renditen durch Anreizregulierung / Horizontale Fusionen bevorzugt / Finanzinvestoren stehen vor Akzeptanzproblem

Die Beteiligungsstrukturen in der deutschen Energielandschaft stehen aufgrund der Anreizregulierung, die ab dem 1. Januar 2009 die Netzentgelte für Strom und Gas regeln soll, auf dem Prüfstand. Die Mehrheit der deutschen Städte und Gemeinden (86 Prozent) erwartet in Folge der neuen Verordnung sinkende Renditen. Nur gut ein Drittel (36 Prozent) rechnet damit, dass mehr Beteilungen an Stadtwerken verkauft werden. Bei einer Veränderung der Beteiligungsquoten bevorzugen mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Kommunen die horizontale Fusion mit einem anderen Stadtwerk. Zudem gehen 37 Prozent der Städte und Gemeinden davon aus, dass die Anzahl der Beschäftigten beim lokalen Energieversorger sinkt.

Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie "Kooperation oder Ausverkauf der Stadtwerke?" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Befragt wurden 202 deutsche Städte, Kommunen und Gemeinden, die an lokalen Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerken beteiligt sind.

Die Anreizregulierung zielt darauf ab, Netzbetreibern Anreize zur Kostenreduktion und zum Abbau von Ineffizienzen zu geben. Steigt die Effizienz eines Unternehmens schneller als die vorgegebene Reduktion der Netzentgelte, darf es die Mehrerlöse behalten. Gelingt dies nicht, verringern sich die Dividendenausschüttungen und defizitäre Bereiche wie etwa der öffentliche Personennahverkehr und Bäderbetriebe werden schwerer finanzierbar. Ein Ausweg könnte der Verkauf beziehungsweise die Reduktion von Anteilen am Versorgungsunternehmen sein.

Vollständige Trennung von Beteiligungen für Mehrheit keine Option
Die Mehrheit (85 Prozent) der westdeutschen Städte und Gemeinden kann sich trotz der erwarteten negativen Auswirkungen der Anreizregulierung auf ihre Haushalte nicht vorstellen, sich von Beteiligungen an Versorgungsunternehmen vollständig zu trennen. In den neuen Bundesländern sind es 68 Prozent. Verkaufsabsichten bestätigen vor allem die finanzschwachen Kommunen. Die Verkaufserlöse sollen vorrangig zum Schuldenabbau, aber auch für Investitionen in Schulen und Bildung, in Kindertagesstätten und für Jugend und Soziales genutzt werden.

Für fast alle befragten Kommunen (95 Prozent) ist der Erhalt lokaler Arbeitsplätze eine Bedingung für den Verkauf oder eine Anteilsreduktion. Ebenfalls entscheidend ist für 89 Prozent der Städte und Gemeinden der Erhalt des kommunalen Einflusses und die Höhe des Verkaufserlöses. Acht Prozent planen kurz- und mittelfristig ihre Beteiligungen zu verändern In den kommenden fünf Jahren beabsichtigen 17 der befragten Kommunen (8 Prozent) ihre Beteiligungen an Versorgungsunternehmen zu verändern. Elf von ihnen, vor allem finanzschwache Städte und Gemeinden, wollen ihre Anteile reduzieren. Sechs vorwiegend kleine und mittelgroße süddeutsche Kommunen mit ausnahmslos guter Finanzlage planen einen Rückkauf.

Pro und contra Privatisierung
100 der 202 befragten Kommunen führen konkrete Gründe an, die für eine Privatisierung sprechen. Ein Drittel sieht in der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Energieversorgers durch privatwirtschaftliche Beteiligungen einen klaren Vorteil. Die Kommunen sind der Meinung, dass sich die Anforderungen des Energiemarktes mit der Erfahrung und dem personellen Potenzial größerer privater Anbieter besser erfüllen lassen. Zudem ist die Sanierung des kommunalen Haushalts durch eine Privatisierung entscheidend.

Als Argumente gegen eine Privatisierung führen die befragten Städte und Gemeinden den Erhalt von lokalen Arbeitsplätzen, die Wahrung des kommunalen Einflusses und die Sicherung von Gewinnausschüttungen an. Aber auch der Widerstand in der Bevölkerung gegen eine Privatisierung und die Ansicht, die Grundversorgung der Bevölkerung sei eine kommunale Aufgabe, spielen eine Rolle.

Horizontale Fusion als Königsweg
Die Mehrheit (57 Prozent) der befragten Kommunen sieht die horizontale Fusion mit einem anderen Stadtwerk als attraktivste Lösung. "Die Bündelung der Geschäftsaktivitäten stärkt die Position der Energieversorger gegenüber Konkurrenten und ermöglicht Kostensenkungen auf allen Wertschöpfungsstufen", betont, Jan-Philipp Sauthoff, Partner bei PwC im Bereich Advisory Valuation & Strategy. "Die Fusion oder Kooperation mit einem anderen Stadtwerk bietet Synergieeffekte für diverse Geschäftsbereiche wie etwa Vertrieb, Beschaffung, Abrechnung sowie IT. Die beispielsweise durch die Bündelung der Aktivitäten bei der Beschaffung von Strom und Gas erreichten Preisvorteile, können auch an die Kunden weitergegeben werden."


Finanzinvestoren fehlt Akzeptanz
Gut ein Drittel (35 Prozent) der befragten Städte und Gemeinden können sich vorstellen, Anteile am lokalen Energieversorger an einen inländischen strategischen Investor aus der Energiebranche zu verkaufen. Der Verkauf an einen ausländischen Investor aus der Energiebranche ist dagegen nur für 9 Prozent, an einen Finanzinvestor mit langfristigem Anlagehorizont für 7 Prozent eine Option. Mit lediglich 1 Prozent käme der Verkauf an einen Finanzinvestor mit kurzfristigem Anlagehorizont für die Kommunen praktisch nicht in Frage. "Diese Antworten machen deutlich, dass Kommunen an langfristigen Lösungen interessiert sind und Private Equity-Investoren bei einem Einstieg in den Stadtwerke-Sektor mit Akzeptanzproblemen zu rechnen haben", betont Sauthoff.

Unterschiede zwischen Ost und West
Beim Verkauf der Beteiligungen an Investoren zeichnen sich deutliche Unterschiede zwischen Ost und West ab: So würden 54 Prozent der ostdeutschen, jedoch nur 30 Prozent der westdeutschen Städte und Gemeinden ihre Anteile an einen inländischen strategischen Investor aus der Energiebranche verkaufen. Auch der Verkauf an einen ausländischen strategischen Investor aus dem Energiebereich (Ost: 22 Prozent, West: 7 Prozent) oder der Verkauf an einen Finanzinvestor mit langfristigem Anlagehorizont (Ost: 19 Prozent, West: 5 Prozent) kommt für ostdeutsche Kommunen eher in Frage.

Auch die Größe der Kommune spielt bei der Bewertung der verschiedenen Wege zur Reduktion der Anteile eine Rolle: 58 Prozent der Kleinstädte und zwei Drittel der mittelgroßen Städte bevorzugen die horizontale Fusion mit einem anderen Stadtwerk. Für die Großstädte kommt der Verkauf an einen inländischen strategischen Investor aus der Energiebranche (50 Prozent) fast genau so in Frage wie die horizontale Fusion (48 Prozent). Deutlich attraktiver erscheint für Großstädte auch der Verkauf an einen ausländischen strategischen Investor aus der Energiebranche.

Die Studie "Kooperation oder Ausverkauf der Stadtwerke? - Umfrage unter 202 deutschen Städten und Gemeinden” können Sie hier kostenlos herunterladen: www.pwc.de/de/stadtwerkestudie

 

 

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