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07.03.2008 | Software

IT-Innovationen in Gefahr – VDEB stellte sein Positionspapier "pro IT-Mittelstand" auf der CeBIT vor

Der VDEB fordert bessere Rahmenbedingungen für den unabhängigen IT-Mittelstand. Nur so lässt sich der Standort Deutschland für die IT-Branche sichern. Die Monokultur der IT-Industrie gefährdet die notwendige Innovationsfähigkeit.

Zum Auftakt der CeBIT 2008 präsentierte Dr. Oliver Grün, Vorsitzender des VDEB Verband IT-Mittelstand e.V., auf der Verbandspressekonferenz des VDEB das neue Positionspapier "pro IT-Mittelstand". Ziel des acht Eckpunkte umfassenden Maßnahmenkatalogs ist die systematische Förderung des unabhängigen IT-Mittelstands in Deutschland, um der Tendenz einer Monopolisierung durch die IT-Industrie entgegenzuwirken und dadurch Innovationen langfristig in Deutschland zu sichern.

Unter den insgesamt 67.000 IT-Unternehmen in Deutschland, die es nach Angaben des statistischen Bundesamts gibt, befinden sich gemessen am Umsatz lediglich 81, die keine mittelständischen Unternehmen sondern Konzerne und Großunternehmen sind. Diese Zahlen machen die besondere Bedeutung des IT-Mittelstands für den Standort Deutschland erst richtig deutlich. Bekanntlich ist der Mittelstand der größte Arbeitgeber mit mehr als 70 Prozent der Arbeitnehmer. Er bildet weit über 80 Prozent aller Fachkräfte aus und trägt damit eine große soziale Verantwortung.

Dr. Oliver Grün wehrt sich besonders gegen das von IT-Konzernen, wie SAP, Microsoft, Oracle u.ä., verbreitete Bild, mittelständische IT-Unternehmen könnten nur dann erfolgreich sein, wenn sie "als Beiboote von Großunternehmen" segelten. Gerade mit dieser Begründung versucht die IT-Industrie, "Innovationscluster zur Förderung des Software-Mittelstands" zu initiieren, die aber unter der Leitung und Kontrolle von IT-Konzern verblieben. Diese Argumentation findet durchaus in den politischen Gremien Gehör, da dort kaum - zumeist aus Unkenntnis - zwischen den Interessen der IT-Konzerne und den von diesen abhängigen mittelständischen Partnern und dem tatsächlich unabhängigen IT-Mittelstand unterschieden wird. Damit würde eine in solcher Weise betriebene Mittelstandsförderung aber das genaue Gegenteil erreichen und käme erneut nur der IT-Industrie zugute.

Grün weist auf die schwierige Situation "abhängiger" mittelständischer IT-Unternehmen hin, die ihre IT-Lösungen allein auf Produkten der IT-Industrie aufbauen: "Die ‚eigenen’ Lösungen können nur in einer Realisierungsschicht aufgesetzt und entwickelt werden, die ohne die Basissoftware des IT-Konzerns nicht funktioniert und zudem funktionalen Zwängen unterliegt, die durch die technologische Entwicklung des IT-Konzerns insgesamt bedingt sind."

Der Vorsitzende des VDEB warnt davor, dass "diese funktionalen Zwänge zwangsläufig eine Monokultur erzeugen, die eine freie Entwicklung von IT-Lösungen nahezu verhindert und die Innovationskraft wesentlich hemmt". Während die IT-Konzerne aufgrund ihrer Größe und den eigenen internen Zwängen eher unflexibel und unbeweglich sind, tragen gerade die unabhängigen mittelständischen IT-Unternehmen die wirklichen Innovationen, die vor allem dem Mittelstand in Deutschland insgesamt zugute kommen. So ist der unabhängige ITMittelstand etwa im Bereich der ERP-Software für mittelständische Anwender mit 50 Prozent Marktanteil nach wie vor Marktführer.

Der Vorsitzende des VDEB fordert von der Politik, aber auch von den betroffenen Unternehmen in Form von Eigeninitiative, die Unabhängigkeit des IT-Mittelstands zu sichern und zu stärken. Ansonsten sei zu befürchten, dass Deutschland mit einer mittelstandsfeindlichen Weichenstellung zukünftige Trends und Wachstumschancen eher verhindert als fördert. Abschließend stellte Dr. Oliver Grün der anwesenden Presse den acht Eckpunkte umfassenden Maßnahmenkatalog "pro IT-Mittelstand" des VDEB zur Förderung des unabhängigen IT-Mittelstands in Deutschland im Einzelnen vor.

Der Maßnahmenkatalog mit seinen Eckpunkten versteht sich als Aufforderung, zukünftig eine systematische und organische Mittelstandspolitik zu betreiben und nicht nur auf punktuelle Problemlagen zu reagieren. Der VDEB fordert unter anderem die Offenlegung von Standards und Schnittstellen für unabhängige mittelständische IT-Unternehmen im Sinne der Wettbewerbsgerechtigkeit. Es sind verstärkt regionale und themenbezogene Netzwerke für den unabhängigen ITMittelstand zu fördern. Der IT-Mittelstand leidet wesentlich unter dem Mangel an nicht-akademischen Fachkräften. Hier müssen Bildungsbarrieren beseitigt und die Praxisorientierung während der Ausbildung deutlich erhöht werden, um IT-Berufe attraktiver und chancenreicher ausgestalten zu können.

Mittelständische Innovationscluster sind durchaus wünschenswert und notwendig, aber ohne die Beteiligung von IT-Konzernen. Die Bürokratiekosten sind für mittelständische Unternehmen weitaus höher als für Konzerne, hier muss die von der Politik versprochene Senkung um 25 Prozent bis 2011 tatsächlich erfüllt werden. Der unabhängige IT-Mittelstand muss zu einer gemeinsamen Strategie der Qualitätssicherung und Markenbildung finden, um den Wettbewerbsdruck auf die IT-Konzerne von sich aus zu erhöhen. Dringend zu fördern sind notwendige Handlungsempfehlungen für die Internationalisierung von Produkten und Dienstleistungen mittelständischer IT-Unternehmen. Hier besteht ein wesentlicher Forschungsbedarf, um den internationalen Anschluss nicht endgültig zu verpassen. Schließlich sind die finanziellen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen zu verbessern. Gerade die bestehende Eigenkapitalschwäche ist nicht zuletzt durch das veraltete Bilanzierungsrecht bedingt, nach dem etwa Urheberrechtswerke und Human Resources nicht in die Bewertung eines Unternehmens Eingang finden können.

Die ausführliche Fassung des Positionspapiers "pro IT-Mittelstand" kann über die Internetseite des VDEB unter www.vdeb.de abgerufen werden.

 

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