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18.06.2008 | Gebäudesanierung

Deutsches Nachhaltigkeitszertifikat stärkt Bau- und Immobilienwirtschaft

Nachhaltigkeit wird in den nächsten Jahren zu einem Schlüsselfaktor für den Erfolg deutscher Unternehmen.

Um die Bau- und Immo­bi­lien­wirt­schaft in diesem Bereich zu stärken, haben die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) und das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick­lung (BMVBS) gemeinsam ein Nachhaltig­keits-Zertifikat für Gebäude entwickelt.
Dreh- und Angelpunkt des für den nationalen und inter­natio­nalen Markt konzipierten Qualitätslabels ist das Prädikat "Made in Germany". Es erlaubt die umfassende Bewertung von Gebäuden auf wissenschaftlicher Basis und kann weltweit für die unterschiedlichsten Bauwerktypen eingesetzt werden.

International gibt es für die Bewertung der Umwelt­ver­träg­lichkeit - oder, weiter gefasst, der Nachhaltig­keit von Ge­bäu­den - rund zehn Systeme, unter anderem in Groß­bri­tan­nien, Frankreich, Japan und den USA. Zu den bekanntesten zählt das nordamerikanische LEED (Leadership in Energy & Environ­mental Design), das Gebäude nach einem Punkteschema bewertet. Es legt, wie die anderen Systeme auch, den Schwerpunkt auf Umwelt und Energie.
Hierin unterscheiden sich die Labels grundsätzlich vom deutschen Zertifikat, das über die ökologischen Aspekte des "green building" hinausgeht und - ganz im Sinne der Nachhaltig­keit - ökonomische und soziokulturelle Kriterien gleich­wertig einbezieht. Technische und Prozessqualitäten werden ebenso berück­sichtigt.
Ein weiterer Vorteil des Zertifikats ist, dass Bauherren und Planer zum Erreichen der Zielvor­gaben größere Spielräume haben. Außerdem nimmt es die künftige europäische Gesetzgebung und Normung im Bereich des nachhaltigen Bauens konsequent auf und schafft auf diese Weise Sicherheit für Investoren, Betrei­ber und Nutzer.

Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik haben in den letzten Monaten gemeinsam die Grundlagen für das deutsche Bewertungs­system entwickelt. Sie haben die Themen­­felder des nachhaltigen Bauens defi­niert sowie entsprechende Kriterien und Anfor­derun­gen fest­gelegt.

Das deutsche System zeichnet sich durch ein hohes Maß an Flexibilität aus. So lässt sich das Zertifikat konti­nu­ier­­lich an gesell­schaftliche, technische und wissen­schaft­­liche Entwicklungen anpassen. Ebenso ein­fach ist es, Zer­ti­fikate für unterschiedliche Gebäude­typen und Nutzungs­arten zu entwickeln, etwa für Einkaufs­­zentren, Schulen oder Autobahnbrücken - seien es Neu- oder Bestandsbauten. Das System ermöglicht darüber hinaus eine einfache Anpas­sung an spezifische Anforderungen anderer Länder weltweit.

Für die Bewertung der Leistungsfähigkeit eines Bau­werkes wurden sechs Themenfelder definiert: - Ökologie - Ökonomie - Soziokulturelle und funktionale Aspekte - Technik - Prozesse - Standort

Das Themenfeld "Ökologie" berücksichtigt die Schonung von Ressourcen­ sowie den Schutz der natürlichen Umwelt. Hier geht es unter anderem um den Bedarf an Primärenergie und Trinkwasser, um CO2-Emissionen sowie Schad- und Risiko­stoffe, mit denen ein Bauwerk die Umwelt belastet. Bauher­ren, Architek­ten und Planer erhalten übrigens keine Vor­gaben, wie sie die Ziel­werte erreichen. Stattdessen können sie zur Verfügung stehende Technologien und Kon­zepte beliebig miteinan­der kombinieren - entscheidend ist das Erreichen der vorgegebenen Zielwerte.

Bei der "Ökonomie" spielen die Lebenszykluskosten eine tra­­gende Rolle. Besonders wichtig ist hier die trans­pa­ren­te Darstellung dieser Kosten. Von einer solchen Offen­le­gung wird insbesondere die Immobilienwirtschaft profi­tie­ren, denn sie erhält ein Instrument, mit dem sie - auf einen Blick - die Betriebs-, Reinigungs- und Instandhal­tungs­kosten eines Gebäudes erfassen kann.

Auch die "soziokulturellen und funktionalen Aspekte" sind für die Immobilien­wirtschaft von großem Interes­se, denn Nutzerkomfort, Wohn- und Arbeitsgesundheit spielen bei der Vermarktung eine zunehmend größere Rolle. Thermische Behag­­lichkeit, Frischluftzufuhr, Nutzung von Tageslicht und akustischer Komfort haben in Büro- und Verwaltungs­gebäuden einen direkten Einfluss auf die Leistungs­fähig­keit und Fehlzeiten von Mitarbeitern und schaffen ein positives Umfeld für Kunden.

Im Themenfeld "Technik" wird der bauliche Zustand eines Bauwerkes erfasst. Hier geht es beispielsweise darum, wie reinigungs-, instandhaltungs- und reparatur­­freundlich die eingesetzten Materialien und die Baukonstruktion sind oder welche bauphysi­kalischen Eigenschaften die Gebäude­hülle besitzt.

Im Bereich der Prozessqualität werden Konzeption und Realisie­rung des Bauwerks betrachtet. Unter dem Stich­wort "Integrale Planung" wird etwa untersucht, ob und ab wann die beteiligten Fachdisziplinen und Behörden in den Pla­nungs­prozess einbezogen werden.

Das Zertifikat berücksichtigt darüber hinaus Standort­faktoren, die positive Wirkungen für Umwelt und Gesell­­schaft haben, etwa die Anbindung eines Gebäudes an den öffentlichen Personennahverkehr.

Verliehen wird das Nachhaltigkeitszertifikat von der DGNB und dem BMVBS. Architekten und Planer können sich durch eine Zusatz­ausbildung als Zertifizierer qualifi­zieren. Sie haben dann die Möglichkeit, Bauherren in allen Fragen des nachhaltigen Bauens zu beraten und in der Planungs­phase ein objekt­spezifisches Pflichtenheft zu erstellen. Dies bildet die Basis für ein so genann­tes Vorzertifikat, das der Bauherr frühzeitig für die Vermarktung seines Gebäudes nutzen kann. Das Endzerti­fikat wird nach der Fertig­stellung verliehen.

Derzeit entwickelt die DGNB die Curricula für die Ausbil­dung derjenigen, die die Zertifizierungen durch­führen werden. Ebenso werden Akkredi­tierungs­mög­lich­keiten für Prüfer geschaffen.

Alle an Planung, Bau und Betrieb von Gebäuden betei­lig­ten Partner wurden von Anfang an in die Entwicklung des deutschen Nachhaltigkeitszertifikats einbezogen. Diese Gruppe hat ein zukunftsweisendes und anpassungs­fähiges System geschaffen, von dem die gesamte deutsche Bau- und Immobilienwirtschaft profitieren kann. Im zweiten Halb­jahr 2008 startet die Testphase, in der die ersten Gebäu­de zertifiziert werden. Die Markteinführung des fertigen Systems ist für Anfang 2009 vorgesehen.
In der ersten Phase stehen neue Büro- und Verwaltungsgebäude im Mittel­punkt. Zertifi­zie­rungs­regeln für andere Gebäudetypen sowie Bestands­bauten werden direkt im Anschluss folgen.

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen DGNB

Stuttgarter Engineering Park / STEP 9 Wankelstr.14
70563 Stuttgart

Tel.: +49 (711) 72 23 22-0
Fax: +49 (711) 72 23 22-99

Email:
Web: http://www.dgnb.de