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24.07.2008 | Krankenhaus, Wasser und Abwasser

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Regenwassernutzung im Krankenhaus

Tarifabschluss mit steigenden Löhnen für Klinikärzte, abnehmende Leistungen der Krankenkassen, abnehmende Belegungszahlen und zunehmende Investitionen für medizinisches Gerät - der Kostendruck, dem Krankenhäuser ausgesetzt sind, wächst stetig. Ob kommunal oder privat, die Träger beleuchten vorrangig Betriebskosten, speziell für Energie und Wasser. Regenwassernutzung birgt meist ein doppeltes Einsparungspotential.

Klinikum Bad Hersfeld, Regenwasserspeicher aus Stahl, 29,4 m³ Volumen (Foto: WISY)

Das bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen schreibt 1996 in seinem Leitfaden »Die umweltbewusste Gemeinde«:

"Bauen Sie eine Anlage als Musteranlage in einem öffentlichen Gebäude ein. Auf Grund des Publikumsverkehrs können öffentliche Einrichtungen dazu beitragen, die Idee der Regenwassernutzung weiter zu tragen. Die Nutzung von Dachablaufwasser ist nicht nur in Verwaltungsgebäuden, sondern grundsätzlich auch in Gemeinschaftseinrichtungen zulässig, an die besondere hygienische Anforderungen gestellt werden wie beispielsweise Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, Schulen und Kindergärten.

Dennoch ist besondere Vorsicht geboten, denn hygienische Probleme, die sich insbesondere aus einer irrtümlich hergestellten Verbindung von Rohrleitungen für Trinkwasser und solchen für Regenwasser ergeben, treffen hier nicht nur einen größeren, sondern zudem einen für Gesundheitsgefährdungen in der Regel anfälligeren Personenkreis. Es bleibt dem Träger der Einrichtung überlassen, sich unter Beachtung der Anforderungen, die an Bau und Betrieb von Regenwassernutzungsanlagen zu stellen sind, in eigener Verantwortung für oder gegen den Einbau derartiger Anlagen zu entscheiden."

Hygiene

Entscheidungshilfen waren Mitte der 90er Jahre Gutachten und Stellungnahmen zur Unbedenklichkeit aus Hamburg, Bremen, Hannover, Fulda und Stuttgart [2]. In den letzten Jahren ist es ruhig geworden um die Regenwassernutzung. Mit Inkrafttreten der aktuellen Trinkwasserverordnung am 01.01.2003, die übereinstimmend mit der DIN 1989-1 vom April 2002 die Regenwassernutzung im Gebäude für Toilettenspülung, Wäschewaschen und Garten zulässt, ist auch die Hygienediskussion verebbt. "Als das Thema in den 90ger Jahren noch in aller Munde war, die Anwendung im Haus noch umstritten, haben wir nicht viel weniger Anlagen verkauft als heute", stellt Klaus Kissel von der WISY AG in Kefenrod fest. Weitere Gründe für die damals starke Nachfrage waren sicherlich auch, dass noch ein Vielfaches an Eigenheimen erstellt wurde und dass das Land Hessen, vor der Ära Koch, von 1992 bis 1996 Regenwassernutzung landesweit bezuschusst hat.

In Hessen konnte ab 1992 die Projektförderung aus der Grundwasserabgabe in Anspruch genommen werden. Laut Bestandsaufnahme 1997 wurden bis dahin im Rahmen der pauschalierten Zuwendung 410 Regenwasseranlagen in öffentlichen Gebäuden gefördert; darunter Schulen, Rathäuser, Dorfgemeinschaftshäuser, Stadtwerke, Friedhöfe, Bauhöfe, kommunale und vereinseigene Sporteinrichtungen etc. Auch der evangelische Regionalverband, Dachorganisation der 72 Kirchengemeinden und Sozialeinrichtungen in Frankfurt, initiierte 1996 für seine 500 Gemeindehäuser, Kindertagesstätten, Sozialstationen, Kirchen und sonstige Gebäude ein Wassersparprogramm einschließlich Regenwassernutzung.

Klinikum Bad Hersfeld

Das Klinikum hat im Jahr 1995, damals noch als Kreiskrankenhaus, von der hessischen Landesförderung profitiert und in einem 1. Bauabschnitt eine Regenwassernutzungsanlage eingebaut, die 2001 und 2008 erweitert wurde. Heute sind unter einem Dach 15 Kliniken zusammengefasst. Ein breit gefächertes medizinisches und pflegerisches Angebot und die zurzeit 577 Planbetten machen das Klinikum Bad Hersfeld zu dem medizinischen Kompetenzzentrum für Ost- und Mittelhessen. Mit rund 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es einer der größten Arbeitgeber und ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in der Region.

Haustechnik und moderne medizintechnische Technologie sind in einem Krankenhaus dieser Größe ein komplexer Aufgabenbereich. Bereits im Jahr 1988 wurde im Klinikum eine "Arbeitsgruppe Umweltschutz" eingerichtet. Seit vielen Jahren wird auch der Gedanke des strukturierten Qualitätsmanagements engagiert verfolgt. Die Zertifizierung des gesamten Klinikums im Umweltmanagement (Re-Zertifizierung EMAS II), die Zertifizierung der Zentralsterilisation nach DIN-ISO und die Integration eines RISK-Managements waren Voraussetzungen für den Aufbau eines umfassenden Qualitätsmanagements. Die Technik-Abteilung, nicht nur für die Beschaffung und Instandhaltung zuständig, zeichnet auch verantwortlich für die bereits zum 6. Mal veröffentlichte Umwelterklärung.

Wasserbedarf

Umweltmanagementbeauftragter des Klinikums Bad Hersfeld ist Heiko Kohlrenken: "Wir haben seit 2003 den Gesamtenergieverbrauch kontinuierlich senken können, seit 2002 bereits unseren Gesamtwasserverbrauch. Er ist von 3,18 m³ pro Fall (stationär untergebrachter Patient) auf 2,67 m³ gesunken. Seit 2001 sind 71 Toiletten an Regenwasser angeschlossen. Im laufenden Jahr 2008 sollen nochmals 40 Toiletten für 140 Betten im südlichen Bettenhaus mit Regenwasser versorgt werden. Das bringt uns weitere 1.613 m³ Einsparung pro Jahr." Kalkuliert sind pro Bett 4 Spülungen am Tag mit 8 Liter an 360 Tagen im Jahr.

Bereits 1995 wurde in einem ersten Bauabschnitt das Regenwasser für die Bewässerung der Außenanlagen, für Springbrunnen und Teich genutzt. Gleichzeitig wurden alle Toiletten mit Spartaste und alle Einhebelmischer mit einer Wassersparbremse ausgestattet und an allen Trinkwasserzapfstellen Wassersparperlatoren installiert, Einsparung etwa 250 m³ jährlich.

Besonders effektiv, ohne die Einsparung auf den Euro genau beziffern zu können, ist laut Kohlrenken die Kühlung von Vakuumpumpen für die Sterilisation. Im geschlossenen Kreislauf wird das Kühlwasser über die Zisternen geschickt, dabei wird regelmäßig 20 % des Kühlwassers erneuert. So können 11-12 m³ Trinkwasser täglich, bzw. 4.000 m³ jährlich einschließlich Enthärtung gespart werden durch den Einsatz von ca. 1.107 m³ weichem Regenwasser. Für 2008 werden Teich und Bewässerung mit 40 m³ und die Toilettenspülung mit 1801 m³ jährlichem Bedarf veranschlagt. Dann hat die Regenwassernutzung ein Volumen von 2.948 m³. Gemessen wurden 2.564 m³ im Jahr 2007. Bei 384 m³ Trinkwasser-Nachspeisung in Trockenzeiten bleiben 2.180 m³ genutzter Regenertrag.

Gegenüber dem Trinkwasserbedarf 1992 mit ca. 80.000 m³ sind aktuell nur noch ca. 60.000 m³ in den damals betrachteten Betriebsgebäuden pro Jahr notwendig. Der Anteil der Regenwasser-Kühltechnik an den gesparten 20.000 m³ beträgt mit 4.000 m³ ein Fünftel bzw. 20 %.

Eingesparte Gebühren

Bei einem Trinkwasserpreis von 2,12 € pro m³ sinken die Kosten durch Verwenden des kostenlos zufließenden Niederschlagswassers um 5.435,68 € pro Jahr.

Das Klinikum profitiert seit 1. 1. 2003 auch von einer Satzungsänderung der Stadt Bad Hersfeld, die zu einer erheblichen Reduzierung der Abwassergebühren geführt hat. Niederschlagswasser, das nicht mehr in den Kanal geleitet wird, muss auch nicht bezahlt werden. Nach altem Gebührenmaßstab war Regenwasser pauschal im Wasserpreis eingeschlossen, unabhängig vom tatsächlichen Aufkommen.

Nach neuem Tarif wird es in der ganzen Stadt verursachergerecht mit 0,66 € je Quadratmeter versiegelter Fläche, die in den Kanal entwässert wird, abgerechnet. Bei Zisternen für Betriebswassernutzung mit Kanalanschluss, wie hier im Klinikum, können je m³ Fassungsvermögen 15 m² Dachfläche abgezogen werden. Die 45,4 m³ großen Regenspeicher führen demnach zu einer Minderung um 681 m² bzw. 450 € bei der Niederschlagsgebühr.

Zusammen mit der Trinkwassergebühr spart das Klinikum Bad Hersfeld also 5.886 € pro Jahr durch die Regenwassernutzung! Die Betriebskosten einschließlich Filterwartung und Strom für die Regenwasserpumpen werden in etwa ausgeglichen durch die nicht mehr erforderliche Enthärtung des Trinkwassers für die Kühlung.

Regenwassertechnik

Der 1995 erstellte Regenspeicher ist aus Stahl, die 2001 zusätzlich aufgestellte Batterie besteht aus 8 Kunststofftanks. Beide Zisternen sind miteinander verbunden, werden aber parallel mit Regenwasser gespeist. Davor sitzt jeweils ein Filter, - für die Wasserqualität und den störungsfreien Betrieb das entscheidende Bauteil einer Regenwassernutzungsanlage. Rechtzeitig vor dem Boom der 90ger Jahre wurde das hier eingesetzte Prinzip des Wirbelfilters von NOrbert Winkler (WISY AG) in einem Ort am Vogelsberg erfunden. Dabei gelang die "Quadratur des Kreises": Ohne den Leitungsquerschnitt zu verengen, sitzt die Filterhülse als zylindrisches perforiertes Bauteil mit 0,28 mm Filterfeinheit in der Wandung des Zulaufrohres. Dies ermöglicht den so genannten Schmutzverwurf (Filtertyp C gemäß DIN 1989-2: 2004-08). Gefilterte Partikel werden in die Abwasserleitung abgespült, ohne den Filter zu verstopfen oder entsorgt werden zu müssen. Daraus resultiert ein hoher Wirkungsgrad und eine lange Standzeit, d. h. hohe Wasserausbeute, gute Reinigungsleistung, lange Reinigungsintervalle. Laut DIN 1989-1 muss ein Filter mindestens ein Mal pro Jahr gereinigt werden. Auch für den Dauerbetrieb in der Industrie sind solche Wirbelfilter im Einsatz, dort zusätzlich mit automatischer Reinigung per Spritzdüse.

Öffentlichkeitsarbeit

Im Rahmen des Umweltprogramms 2008 ist zusätzlich zu den rein technischen Maßnahmen vorgesehen, eine Wanderausstellung mit Zahlen, Daten und Fakten für die Öffentlichkeit bereitzustellen. Damit soll Mitarbeitern, Patienten und Besuchern vermittelt werden, welche Umweltauswirkungen vom Klinikum Bad Hersfeld ausgehen. Der Vergleich mit anderen Krankenhäusern ist ein Teil davon. Den braucht das Klinikum Bad Hersfeld nicht zu scheuen.

Literatur

Bayer. Staatsministerium/Bayer. Gemeindetag: Die umweltbewusste Gemeinde, Band 1, Handlungskonzepte/ Band 2, Maßnahmenbeschreibung. Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, München, 1996.

König, K.: Expertenmeinungen, Seiten 94 - 97 in: Regenwasser in der Architektur, Ökologische Konzepte. Ein Fachbuch der Regenwasserbewirtschaftung. Dokumentation ausgeführter Beispiele, mit Angaben zu den Kosten. Ökobuch-Verlag Staufen, 1996.

Holländer, R. (u. a.): Mikrobiologisch-hygienische Aspekte bei der Nutzung von Regenwasser als Betriebswasser für Toilettenspülung, Gartenbewässerung und Wäschewaschen. Öffentliches Gesundheitswesen 5/96. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1996.

Holländer, R. in: Das Handbuch der Regenwassertechnik, was Profis wissen. Seite 81. Fachbuch, Autor Klaus W. König, Hrsg. Wilo Brain, Dortmund, 2001.

Schriftenreihe fbr Band 6, Projektbeispiele zur Betriebs- und Regenwassernutzung. Öffentliche und gewerbliche Anlagen. Seite 65 - 66, Hrsg.: Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V., Darmstadt, 2007.