Public Manager
27.02.2008 | Beschaffungspraxis

6. Nationales Einkäufersymposium 2008: Einkaufsmanagement – Erfolgstreiber im Krankenhaus-Wettbewerb

Sinn und Unsinn von Zertifizierungen im Einkaufsmanagement --- Interview mit Paul Eschbach, BASE Gruppe München

Auch in der Gesundheitswirtschaft nimmt die Zertifizierung betrieblicher Prozesse der Beschaffung, Logistik und Entsorgung einen zunehmend großen Raum ein. Was ist zu beachten, damit Zertifizierungen einen konkreten unternehmerischen Wertbeitrag erzeugen können und nicht als "Alibisiegel" wirkungslos bleiben? Mit diesem Thema setzt sich Paul Eschbach, Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtschaftsing., in seinem Praxisbericht auf dem 6. Nationalen Einkäufersymposium auseinander: "Sinn und Unsinn von Zertifizierungsprojekten im Beschaffungs­management aus unternehmerischer Sicht".

Eschbach ist Partner und Geschäftsführer der BASE Gruppe München. Als ehemaliger Einkaufsmanager in der Energiewirtschaft und als international tätiger Berater für Materialwirtschaft und Logistik beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit Themen des Einkaufsmanagements.
Thomas Kapitza, Moderator des Nationalen Einkäufersymposiums 2008, Healthcare-Spezialist und Geschäftsführer der BASE HEALTH GmbH, befragte Paul Eschbach zum Thema.

Kapitza: Haben Sie als erfahrener Manager und Ratgeber das Gefühl, dass Zertifizierungen die aktuellen wirtschaftlichen Probleme der Krankenhäuser lösen können?

Eschbach: Zertifikate sind dann Unfug, wenn sie das einzige Ergebnis einer Zertifizierung bleiben. Viel wichtiger ist es, das aus dem Zertifizierungsprozess heraus gewonnene Betriebswissen und die Expertise praktisch im Unternehmen wirksam werden zu lassen. Das Zertifikat sollte Symbol und Zwischenziel für eine deutliche Qualitätssteigerung im betrieblichen Beschaffungsprozess sein. Damit ist es nicht Endpunkt, sondern Ausgangspunkt für eine stetige Weiterentwicklung. Die unternehmerische Bedeutung und Wichtigkeit von Einkaufsabteilungen wird in Krankenhäusern häufig unterschätzt. In einem Gesundheitsmarkt, in dem die "Marke Klinik X" auch über die Qualität des eingesetzten Materials erzeugt wird, sind "billig" und "durchgewurschtelt" nicht genug!

Kapitza: Von der Bestellabteilung zur Beschaffungsabteilung: Ist das ein Bild, dem Sie zustimmen können?

Eschbach: Zuzustimmen ist zu wenig, wenn wir uns vor Augen halten, dass die so genannten Bestellabteilungen überhaupt keine Zukunft haben! Beobachten Sie die aktuellen Stellenanzeigen für Einkaufsmanager in Krankenhäusern: Dort finden Sie Anforderungsprofile, bei denen klar ist, dass ein professioneller Manager gesucht wird und nicht ein Sachverwalter. Krankenhausträger erkennen inzwischen die Notwendigkeiten und wollen sich im Markt mit profilierten Strukturen durchsetzen.

Kapitza: Ist eine Zertifizierung für die Einkaufsleitungen eine Chance zur Profilierung?

Eschbach: Ich möchte nicht auf die Verschiedenartigkeit von Zertifizierungsansätzen und Inhalten im Bereich Materialwirtschaft und Logistik eingehen. Aber es ist deutlich erkennbar: Für Bestellschreiber sind bereits harte Zeiten angebrochen, viele Einkaufsgesellschaften haben hier die besseren Karten und diese Aufgaben erfolgreich von Krankenhäusern übernommen. Für Einkaufsleitungen, die sich den Herausforderungen beispielsweise eines strukturiert agierenden Strategischen Einkaufs stellen wollen, ist zuerst einmal die Vorbereitung auf eine geplante Zertifizierung ein exzellenter Hebel und Anlass, die relevanten Systeme, Prozesse und Organisationsteile auf den Prüfstand zu stellen. "Best-in-class"-Einkaufsleitungen sind an Zertifizierungen doch höchstens als "Me-too"-Thema interessiert. Ihr Anspruch geht deutlich weiter.

Kapitza: Welche Parallelen sehen Sie beim Vergleich zum Beispiel des Energiemarkts oder Telekommunikationsmarkts mit dem Krankenhausmarkt?

Eschbach: Ich habe die Veränderungen persönlich im eigenen Aufgabenumfeld erlebt. Aufgaben haben sich innerhalb weniger Jahre radikal verändert. IT-Systeme für Routineaufgaben, eProcurement-Einführung, Standardisierung, TCO-Denken, Ausrichtung an den konkreten Versorgungsprozessen, Absenkung des Anteils der Material- und Logistikkosten an den klinischen Produkten. Das alles können wirksame Antworten sein, damit die Klinik im verschärften Wettbewerb bestehen kann. Das sind Standards anderer Branchen! Das inhaltliche Aufarbeiten dieser Themen war in anderen Branchen Teil der notwendigen Professionalisierung. Das war außerhalb typischer Zertifizierungsbemühungen immer ein Dauerthema.

Kapitza: Was ist Ihr Tipp für die Führungskräfte und Mitarbeiter im Krankenhauseinkauf?

Eschbach: Wenn genug Mut zur inhaltlichen Veränderung vorhanden ist, den Zertifizierungsprozess als gemeinsame Entwicklungsoption formulieren und alle Veränderungsmaßnahmen abgestimmt daraufhin ausrichten. Zertifikate sind dann die Schlagsahne auf der Hochzeitstorte und nicht das Papier an der Wand. Mit diesem Anspruch und der notwendigen Ausdauer kommen Einkaufsleitungen ihrem Erfolg ein großes Stück näher. Viele haben diese Herausforderung angenommen und bei ihnen war dann die Zertifizierung ein erster Schritt in die richtige Richtung. Professionalisierung ist die einzige wirksame Überlebensstrategie!

Kapitza: Herr Eschbach, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Vorankündigung: Paul Eschbach: 6. Nationales Einkäufersymposium 2008 in Norderstedt bei Hamburg, Praxisbericht 3 am 8. April 2008, 11.15 bis 11.50 Uhr Thema: "Sinn und Unsinn von Zertifizierungsprojekten im Beschaffungsmanagement aus unternehmerischer Sicht"

Weitere Infos unter:

www.einkaeufersymposium.de

 

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

Ethicon GmbH / ESI

Hummelsbütteler Steindamm 71
22851 Norderstedt

Tel.: +49 (40) 52 97 32 54
Fax: +49 (40) 52 97 32 53

Email:
Web: http://www.ethde.jnj.com